Hamburg. Der Hamburger Valentin Altenburg ist der jüngste Bundestrainer in der Geschichte des Deutschen Hockey-Bundes.

Auf die Frage, bei welchem Fußballverein er sich in ein paar Jahren in verantwortlicher Position wiederfinden werde, muss Valentin Altenburg lächeln. Natürlich gibt es dieses Vermächtnis seiner Vorgänger Bernhard Peters und Markus Weise, die als erfolgreiche Bundestrainer der Hockeyherren den Weg in den Profifußball gingen. Peters, heute Direktor Sport beim HSV, 2006 nach Hoffenheim; Weise am vergangenen Montag als Nachwuchsleiter zum Deutschen Fußball-Bund nach Frankfurt am Main.

Der überraschende Abgang des Goldschmieds, der 2004 mit den Damen sowie 2008 und 2012 mit den Herren Olympiasieger wurde, machte den Weg frei für Altenburg, der am Dienstag als jüngster Bundestrainer in der Geschichte des Deutschen Hockey-Bundes (DHB) zu Weises Nachfolger befördert wurde. Aber auch wenn der 34 Jahre alte Hamburger als Visionär gilt, will er nicht weiter in die Zukunft schauen als bis zum August 2016. Dann finden in Rio de Janeiro die Sommerspiele statt, und Altenburg soll als Projektleiter das dritte Gold in Serie nach Deutschland holen.

Am Dienstagmittag, während der DHB die offizielle Pressemitteilung verbreitet, sitzt Altenburg für ein Gespräch mit dem Abendblatt im Aspria-Fitnessclub am Hofweg und trinkt einen „Fatburner“, ein Apfel-Karotten-Ingwer-Saftgemisch. Sein drahtiger Körper wirft zwar die Frage auf, welches Fett er zu verbrennen gedenkt. Aber eine gesunde Lebensweise kann nicht falsch sein, wenn man sich einer multiplen Herausforderung stellen muss, wie sie dem früheren Bundesligaspieler des Uhlenhorster HC bevorsteht. „Meine Aufgabe ist es, die wenige Zeit bis Rio mit einem bestehenden Team bestmöglich zu nutzen. Nach Rio beginnt eine neue Aufgabe, nämlich mit viel Zeit ein neues Team aufzubauen. Da kommen auch andere Trainer als ich infrage, aber darüber reden wir zu gegebener Zeit“, sagt der Coach, der 2005 sein Trainerdiplom erlangte.

Wichtig sei ihm, dass sich der Mannschaftsrat, bestehend aus den Hamburger Welthockeyspielern Moritz Fürste und Tobias Hauke sowie dem Berliner Abwehrchef Martin Häner, für ihn ausgesprochen habe. „Ich freue mich sehr über diesen Vertrauensvorschuss. Es ist eine große Ehre und eine noch größere Herausforderung, eine derart gewachsene Mannschaft mit enormem Potenzial in einem laufenden Prozess zu übernehmen“, sagt er.

Als leitender Bundestrainer des männlichen Nachwuchses, der er seit Januar 2014 ist, war Altenburg ein logischer Nachfolgekandidat, als Weise Ende Oktober dem Steuerungsteam Leistungssport im DHB seinen Wechsel zum DFB erklärte. Den Weg in die Trainerkarriere hatte der Diplombetriebswirt Ende der 90er-Jahre eingeschlagen, als er im UHC Jugendteams coachte. „Vali war als Spieler so viel schlechter als andere, dass er sich etwas suchen musste, in dem er richtig gut ist“, sagt Kais al Saadi augenzwinkernd. Der heutige Cheftrainer der UHC-Bundesligaherren ist so etwas wie Altenburgs Entdecker, er war Nachwuchsleiter, als der neue Bundestrainer seine ersten Erfahrungen als Coach sammelte.

Was den gebürtigen Hamburger besonders auszeichne, sei neben seiner analytisch-sachlichen Art der Menschenführung die Fähigkeit des „In-Game-Coachings“, das sofortige Reagieren auf Spielsituationen unter Zuhilfenahme modernster technischer Möglichkeiten. Genau das ist Altenburgs Credo: „Unsere Konkurrenz hat uns mittlerweile so genau analysiert, dass wir es schaffen müssen, uns während eines Spiels immer wieder neu auszurichten, um den Gegner zu überfordern“, sagt er. Diese Flexibilität könne man nur herausarbeiten, wenn jeder einzelne Spieler sich seiner Fähigkeiten gemäß einbringen dürfe. „Niemand soll das Gefühl haben, sich anpassen zu müssen. Nach außen sind wir ein geschlossener Kern mit klaren Grenzen, aber intern muss größtmögliche Offenheit herrschen“, sagt er.

Flexibilität braucht der neue Spitzenmann, der seit 2006 beim DHB im Nachwuchs tätig ist, indes auch im Privatleben. Immerhin hofft die für den UHC stürmende Ehefrau Lisa als Torjägerin auf ein Ticket nach Rio. Die gemeinsame Tochter Sophie, 2, wird während der vielen Lehrgangs- und Turniertage von einem Netzwerk aus Familie und Freunden betreut. „Zum Glück macht sie alles sehr unkompliziert mit“, sagt der stolze Vater, der in der Kita jüngst erklären musste, warum die Kleine auf dem Wickeltisch immer die deutsche Nationalhymne singt. Die vielen Länderspiele, die sie mit den Eltern schon erlebt hat, prägen eben.

Für seine Hobbys Schachspielen und Fotografieren wird Valentin Altenburg in den kommenden Monaten ebenso kaum Zeit finden wie für seine Tätigkeit in der weltweiten Bildungsbewegung „Teach First Deutschland“. Am Sonntag geht es mit seinem neuen Team nach Indien zum World-League-Finale. „Eine bessere Chance, sich aneinander zu gewöhnen, kann es gar nicht geben“, sagt er. Die Energie, mit der er ans Werk gehen wird, ist greifbar in diesem Moment. Der Fußball muss noch warten auf Valentin Altenburg. Er wird jetzt im Hockey gebraucht.