Glasgow. Noch nie waren die Schwächen in der Nachwuchsentwicklung so krass wie in Glasgow in den Fokus getreten.

Die Geburtstagsfeier mit Freundin Marcia ging für Fabian Hambüchen in familiärer Atmosphäre über die Bühne, Cheftrainer Andreas Hirsch tüftelte da schon an einem „Plan B“ für Olympia. Am Montagabend platzten endgültig auch die letzten vagen Hoffnungen der deutschen Turner, den Umweg „nach Rio über Rio“ noch vermeiden zu können. Der verpatzte Auftritt am Pauschenpferd hatte sie bei der Weltmeisterschaft in Glasgow aus den Top Acht katapultiert. Im April gibt es nun eine zweite Chance, die Tickets bei den vorolympischen Testwettbewerben in Rio zu ergattern.

„Es war klar, dass es keine große Fete gibt. In der Nacht hat keiner so richtig geschlafen“, sagte Hambüchen, nachdem er wie auch Marcel Nguyen Mitschuld an der unsäglichen Sturz-Arie beim „Pferd-Rodeo“ trug. „Wir sind immer noch Sportler und keine Maschinen, die auf Knopfdruck funktionieren“, begründete Hambüchen. „Die fetten Jahre sind vorbei“, hatte er schon vor den Titelkämpfen bilanziert.

Tatsächlich hat der „goldene Jahrgang“ einiges von seinem Glanz verloren. Noch nie waren die Schwächen in der Nachwuchsentwicklung so krass wie in Glasgow in den Fokus getreten. Mit einem Durchschnittsalter von 26 Jahren gehörte die Riege zu den ältesten WM-Teams und musste mit ansehen, wie die junge Generation von Briten, Russen oder Brasilianern an ihnen vorbeizieht.

Der Druck der nachrückenden Jugend fehlt seit Jahren. Dass gerade Hambüchen und Nguyen nach starken Vorstellungen in der Hydro-Arena an fünf Geräten am „Zitterpferd“ die Kräfte fehlten, sollte niemanden überraschen. „Ausnahmeturner brauchen 15 Jahre, um zu reifen. Neben der völligen Umstellung der Lebensverhältnisse benötigt man zu einem Großteil auch Talent“, meinte Cheftrainer Hirsch.

Nach dem wegen ungewöhnlicher Verletzungsserien im Vorfeld fast zu befürchtenden Scheitern im Kampf um den direkten Rio-Flug versuchten am Montag alle Beteiligten, die Blicke nach vorn zu richten. „Wir hatten bisher keinen Plan B, aber bis Dezember werden wir ihn haben“, sagte Hirsch, der nun wie seine Männer im zweiten Anlauf im April ein komplettes Desaster unbedingt verhindern will. Auf jeden Fall droht nun Kienbaum statt Tannenbaum: Weihnachten wird für die Turner wegen des zusätzlichen Trainings kein Zuckerschlecken, zumal die Riege auch erstmals seit 2003 das Team-Finale einer WM verpasste.