Gießen. Die Turn-Meisterschaften in Gießen stehen ganz im Zeichen der Rekordjäger Fabian Hambüchen und Elisabeth Seitz.

Fabian Hambüchen rockte mit erhobenen Fäusten die Halle, Elisabeth Seitz landete ihren Last-Minute-Sieg mit zwei Schrauben im Fuß. Die Rekordjäger der Turn-Szene waren am Wochenende die dominanten Athleten der deutschen Meisterschaften in Gießen. Hambüchen fügte seinem neunten Mehrkampf-Erfolg am Sonntag die nationalen Titel 37 und 38 am Boden und Reck hinzu und strahlte fünf Wochen vor der WM in Glasgow pure Zuversicht aus. „Ich habe mich pudelwohl gefühlt. Ich bin voll im Zeitplan. In Richtung WM passt alles.“

Ähnlich überwältigt zeigte sich Elisabeth Seitz nach längerer Pause. „Das Jahr war totaler Mist. Erst die OP nach dem Ermüdungsbruch am Fuß, dann der Wechsel von Mannheim nach Stuttgart. Gut, dass ich jetzt zeigen konnte: Ich bin noch da“, meinte die 21-Jährige euphorisch und hatte sogar Tränen in den Augen. Nach ihrem fünften Mehrkampfsieg fügte sie hinzu: „Und das mit zwei Schrauben im Fuß“.

„Heilfroh, dass es trotzdem gereicht hat“

Ganz glatt lief es aber auch bei den Stars nicht. So musste der an der Achillessehne bandagierte Hambüchen nach Absturz vom Reck beim Tkatschew-Flieger einige Minuten um den Mehrkampfsieg bangen, entledigte sich aber mit einer Glanzleistung am Boden dieser Zitter-Situation und kam noch auf 88,10 Punkte. „Ich bin heilfroh, dass es trotzdem gereicht hat“, sagte der Rekord-Champion, der im Vorjahr Eberhard Gienger (34 Titel) als erfolgreichsten deutschen Turner abgelöst hatte.

Seine gute Form unterstrich der 27-jährige Hesse in den Finale, in denen er bei seinem Heimspiel von fast 2500 Zuschauern für die Siege am Boden (15,30) und am Reck mit Glanznote 15,90 stürmisch gefeiert wurde.

Acuh Seitz Rekordträgerin

Auch Elisabeth Seitz darf sich nun Rekordhalterin nennen. Mit einer Topleistung am Stufenbarren (15,30) riss die 21-jährige Stuttgarterin ihren fünften Mehrkampf-Titel noch mit der letzten Übung aus dem Feuer. Mit 55,80 Punkten egalisierte sie den deutschen Uralt-Rekord der fünfmaligen Meisterinnen Irma Walther (Nürnberg), Charlotte Scholz (Leipzig) und Karin Büttner-Janz (Berlin). Mit ihrem insgesamt 15. Meistertitel übernahm sie nach dem gewonnenen Stufenbarren-Finale (15,466) die Führung in der DTB-Meisterwertung von der Leverkusenerin Uta Schorn (14). In der DDR hatte Olympiasiegerin Karin Büttner-Janz sogar 21 nationale Gold-Plaketten erworben.

Nach dem Wimpernschlagfinale erhielten auch die Zweite Pauline Schäfer (55,70) und ihre Chemnitzer Trainingsgefährtin Sophie Scheder (3./55,50) von Cheftrainerin Ulla Koch die Einsatz-Garantie für die WM. „Je größer der Konkurrenzkampf, desto besser ist das Team“, lobte Koch. „Jetzt wollen wir die Olympia-Tickets: Wir schaffen das.“

Zuversicht geben die Weltneuheit von Sophie Scheder mit dem „freien Hindorff“ am Barren und die Glanz-Übung von Schäfer im Balken-Finale. 15,466 Punkte hatte zuvor nie eine Deutsche am einstigen Zittergerät erreicht. „Einfach Weltklasse“, meinte Koch.

Im von Verletzungen geplagten Männer-Team zeigt auch die Formkurve des Olympia-Zweiten Marcel Nguyen nach oben. Nachdem er ein Jahr nach seinem Kreuzbandriss noch auf Sprung und Boden verzichtete, belegten am Sonntag der Sieg am Barren und der fünfte Titel in Serie an den Ringen seine Fortschritte. Zum Lohn wurde er wie Hambüchen und Andreas Toba (Hannover) sowie Andreas Bretschneider (Chemnitz) für die WM vornominiert.