Hamburg. Im Streit um die Abgabe für Straßenläufe haben sich die Wogen ein wenig geglättet. Doch bei den Veranstaltern sind noch Fragen offen.

Im Kölner Verlag CNG Sports & Media ist soeben ein 144 Seiten großer Bildband erschienen. „Leichtathletik 2015 – die schönsten Momente“ lässt laut Eigenwerbung die Höhepunkte des Jahres „noch einmal lebendig werden“. Sportlich war es keine schlechte Saison für den Deutschen Leichtathletik-Verband (DLV), abseits der Stadien aber hatte sie manch unschöne Momente zu bieten. Der Streit um die für 2016 geplante bundeseinheitliche Abgabe für die Teilnehmer von Volks- und Straßenläufen hat die Szene in Atem gehalten.

Inzwischen scheint die Gefahr einer Spaltung gebannt – vorerst. Ende Juli hat der DLV-Verbandsrat seinen Plan abgeschwächt. Demnach wurde die sogenannte Genehmigungsgebühr von einem Euro auf 50 Cent je Finisher halbiert, wobei zehn Cent vom DLV und 40 vom Landesverband erhoben werden. Im Gegenzug wird die Abgabe für Teilnehmer bereits ab 16 Jahren statt, wie zuerst geplant, ab 20 erhoben.

65.000 Hamburger Finisher betroffen

Für die Hamburger Veranstaltungen betrifft das etwa 65.000 Finisher. Damit dürften dem Verband HLV vom kommenden Jahr an etwa 30.000 Euro zufließen. Bis dato hatte die Gebühr je nach Landesverband zwischen null und 62 Cent pro Teilnehmer variiert. In Hamburg lag sie bei 25 Cent. Für die hiesigen Straßenlaufveranstalter bedeutet das somit eine Verdoppelung ihrer Abgaben an den Verband – für die Volksläufe, die bisher zehn Cent zahlten, sogar eine Verfünffachung. Beide Kategorien werden in der neuen Gebührenordnung unter dem Schlagwort „stadionferne Veranstaltungen“ zusammengefasst.

Karsten Schölermann, der als zweiter Vorsitzender der German Road Races (GRR) den Widerstand gegen die sogenannte Laufmaut angeführt hatte, ist mit dem Kompromiss nicht glücklich, aber zufrieden. „Dass uns der DLV entgegengekommen ist, muss man als außergewöhnlich betrachten“, sagt der Geschäftsführer von der Hamburger Veranstaltungsagentur BMS (Hella-Halbmarathon, Alsterlauf), „allerdings fehlt uns eine soziale Komponente.“

Kompromiss für Sportscheck-Event

Zwar sind Benefizveranstaltungen von der Abgabe befreit. Ein Fonds für Projekte oder ein Freibetrag für die ersten 300 Teilnehmer, wie ihn die GRR vor allem mit Rücksicht auf die kleinen Veranstalter angeregt haben, ist jedoch nicht vorgesehen. Weiterer Vorbehalt: Die neue Abgabe trifft nicht die, auf die die Verbände eigentlich abzielen – nämlich Veranstalter, die sich außerhalb des organisierten Sports bewegen.

Mit Sportscheck etwa wurde jetzt ein separater Vertrag abgeschlossen. Wie viel die Stadtlaufserie demnach künftig entrichtet, ist unbekannt – nur, dass es weniger ist als 50 Cent pro Finisher sind. „Wichtig ist die politische Botschaft, dass sie dabei sind“, sagt HLV-Präsidiumsmitglied Wolfgang Timm, der in seiner Funktion als DLV-Volkslaufwart bundesweit für die Gebühr geworben hat. Die Alternative wäre nämlich, gar nichts zu bekommen, weil die Sportscheck-Veranstaltungen keinen Wettkampfstatus haben. Einen juristischen Anspruch gegen die sogenannten wilden Läufe wollen oder können die Verbände nicht geltend machen – zu unsicher ist die Rechtslage.

Ärger über „skandalösen“ Vorwurf

Da ist jeder Euro, der freiwillig entrichtet wird, willkommen. „Die Verbände haben finanzielle Probleme“, sagt Timm, „die Mitgliederzahlen sinken, und wir haben seit 15 Jahren die Gebühren nicht erhöht. Leichtathletik muss finanziert werden.“ Den Vorwurf, die Verbände böten keine Gegenleistung, nennt er „skandalös. Wir haben die Volkslaufstruktur aufgebaut, das Regelwerk entwickelt, wir bilden die Talente aus, die die Teilnehmer von morgen sind.“ Immerhin: Der DLV hat den Veranstaltern einen runden Tisch in Aussicht gestellt, um über die Verteilung der Einnahmen zu reden. Ende des Monats sollen die Landesverbandschefs bei ihrer Tagung in Heidelberg auch darüber beraten.

Denn auch die Veranstalter der fünf großen deutschen Marathons hatten wissen lassen, dass sie eine genauere Auskunft über die Verwendung der Gelder wünschen. Der Haspa-Marathon Hamburg hatte seinen Protest gegen die Abgabe zum Ausdruck gebracht, indem er bei der Anmeldung für die 31. Auflage am 17. April kommenden Jahres von allen Teilnehmern mit DLV-Startpass eine Zusatzgebühr erhob, weil nur sie einen Nutzen hätten. Diese Ungleichbehandlung wurde inzwischen zurückgenommen. Offenbar hatte der HLV auf seine Veranstaltungsgesellschaft entsprechend eingewirkt.

Die zweigeteilte Anmeldung mit und ohne Startpass besteht allerdings fort. Andere Veranstalter haben die Gebühr bereits pauschal eingepreist. So wird das Meldegeld für den Halbmarathon beim Volkslauf durch das schöne Alstertal am 25. September 2016 von 17,50 auf 18 Euro erhöht.