Paderborn/Hamburg. Stefan Effenberg will die Chance in Paderborn nutzen. „Nur Alphatiere eignen sich zur Führung einer Gruppe“, sagte Präsident Finke.

„Effenberg in Paderborn angekommen“. – „Effenberg auf dem Vereinsgelände“ – Sky Sport News tickerte sich in der Stunde vor zwölf Uhr Mittag in eine bedeutungsschwere Aufregung. Dazu TV-Bilder. Schneeregen bei der Ankunft, der Mann steigt in ein Auto, hinten links. Und fährt ab... Wohl zu seiner Vorstellungspressekonferenz. „Ich bin es wirklich“, waren die ersten öffentlichen Worte von Stefan Effenberg in Paderborn. Die Kameras klickten.

Da saß er nun also. Der große Ex-Spieler, TV-Experte, stets reibungswillige Star, Kapitän mit Hang zu Kapriolen, der Tiger, Effe – bereit, seine erste Trainerstelle im deutschen Profifußball anzutreten. „Ich bin sehr froh, hier zu sein“, sagte der gebürtige Hamburger also im überfüllten Presseraum des SC Paderborn. Nackte Backsteinwände, nicht genug Sitzplätze, andere Dimensionen als bisher in Effenbergs sportlichem Leben. „Der Andrang ist ja größer als bei Hoyzer“, stellte SCP-Präsident Wilfried Finke fest.

Das war vor zehn Jahren. Der Schiedsrichter hatte ein Pokalspiel der Paderborner gegen den HSV verschoben. Erstmals tauchte der Club mit voller Wucht in den Medien auf. Dann wieder beim wundersamen Aufstieg vor einem Jahr, aber das ließ auch schnell wieder nach. Bis jetzt, jetzt soll der bekannteste Trainer-Novize der Nation die Mannschaft aus den Niederungen der Zweiten Liga nach oben führen. Der ist bereit dazu. Lange genug musste er warten, bis ihm endlich jemand die Chance gab. „Es hatte halt nie gepasst“, sagte der Absolvent des Trainerlehrgangs 2012, „hier passt es. Ich merke so etwas sehr schnell.“

Effenberg bekäme Prämie bei Aufstieg

Das bezog sich auf das finale Gespräch mit Finke am Dienstag auf Mallorca. Ohne Finke geht in Paderborn nichts. Als „Möbelkönig“ wird der Präsident oft bezeichnet. Seine Firmen beschäftigen mehr als 1500 Mitarbeiter, setzen 300 Millionen Euro um. Der 64-Jährige ist der Patriarch, ein Unternehmer wie aus einer anderen Zeit. Festbetonierte Föhnwelle, Sonnenteint, meinungsstark. Mit seinen finanziellen Möglichkeiten der Grund für den Paderborner Aufschwung in den letzten Jahren. Der investiert und erwartet auch ein Payback. Dienstag hatte er eines, im Blitzlichtgewitter direkt neben Effenberg. Und Finke war gut vorbereitet auf seinen neuen Angestellten. „145 Gelbe Karten“ habe der in seiner Karriere kassiert, „wenn er diese Entschlossenheit der Mannschaft vermittelt, wird uns das weiterhelfen.“

Bis zum 30. Juni 2017 hat Effenberg unterschrieben, Aufstiegsprämie offenbar eingeschlossen (Finke: „Wir sind beide erfolgsorientiert“). Aber so weit schaut der 47-Jährige nicht voraus: „Für uns zählt nur das nächste Spiel gegen Eintracht Braunschweig am Freitag.“ Da hatte der neue Fußballlehrer bereits die Schublade „Phrasen für die Presse“ geöffnet. „Fangen bei Null an. Viel Arbeiten. Mit den Jungs Gespräche führen. Selbstvertrauen vermitteln. Die Qualität ist vorhanden.“ Und so weiter.

Am Nachmittag stand er dann gemeinsam mit Co-Trainer Sören Osterland, 29, erstmals auf dem Trainingsplatz, lernte die Mannschaft persönlich kennen. Osterland ist nach Auskunft von Paderborns Manager Michael Born ebenfalls ein sehr ernsthafter Kandidat auf den Job gewesen. Der junge Mann gilt als großes Trainertalent, so wie André Breitenreiter oder Roger Schmidt auch, die sich beim SCP einen Namen machten. Noch aber kennt ihn niemand, wie gehen verunsicherte Spieler und Fans mit dem Jüngling um? Jetzt ist Osterland trotzdem da, wird seine Ideen einbringen, das Training beeinflussen.

Effenberg ist „The New One“

Die öffentliche Aufmerksamkeit aber konzentriert sich auf den großen Namen, für Osterland war nicht einmal Platz auf dem Podium. Wohl ein cleverer Zug der Paderborner Verantwortlichen, sie haben jetzt doppelte Kompetenz und einen Vorzeigetrainer. „Nur Alphatiere eignen sich zur Führung einer Gruppe“, sagte Finke.

Und Effenberg will die Chance wohl wirklich nutzen. TV-Experte ist eben keine Lebensstellung, der Fußball aber sein Leben. Dass am Freitag zum ersten Spiel die Eltern aus Hamburg anreisen, der Sohn und die Ehefrau, das hat schon etwas Berührendes. „Natürlich werde ich in Paderborn wohnen“, sagte er. „Wo denn sonst?“ Denn der Champions-League-Sieger von 2002 ist jetzt Trainer bei einem Zweitligisten in Ostwestfalen. Nicht „special“ wie José Mourinho, bestimmt nicht „normal“ wie Jürgen Klopp. „I am The New One“, sagte Stefan Effenberg. Das muss erst einmal reichen.