Hamburg. Der Rat des Weltverbandes schlägt Konkurrent Linz als Austragungsort für 2019 vor. Doch die Stadt will kämpfen.

Für das übernächste Wochenende hat Sportsenator Michael Neumann kurzfristig eine Reise nach Frankreich zu den Ruderweltmeisterschaften auf dem Lac d’Aiguebelette in Betracht gezogen. Die Finalläufe dürften den begeisterten Hobbyruderer nur am Rande interessieren. Neumann käme vielmehr als Botschafter der Hamburger Bewerbung um die WM 2019. Denn um sie steht es schlecht.

Grund ist der Vorschlag, den der 29-köpfige Rat (Council) des Weltverbandes Fisa jetzt unterbreitet hat. Demnach sollen die Titelkämpfe nicht in Hamburg-Allermöhe, sondern in Ottensheim nahe der oberösterreichischen Landeshauptstadt Linz stattfinden. Beide Bewerber hatten ihr Konzept dem Council im Juni anlässlich des Weltcups in Varese präsentiert. Die italienische Stadt selbst hatte wie auch Racice (Tschechien) ihre Kandidatur vorzeitig zurückgezogen. Die Entscheidung fällt der Fisa-Kongress am 7. September im Anschluss an die WM.

Ausschlaggebend für den Vorschlag des Council, der aber keine Empfehlung ist, sind vor allem sportliche Erwägungen. Demnach seien die Windgeschwindigkeiten auf der Ottensheimer Regattastrecke, einem Seitenarm der Donau, relativ gering und die Gefahr widriger Wetterverhältnisse niedriger. Auch fehle es in Hamburg entlang der Rennstrecke an einer Straße, von der aus Fernsehaufnahmen gemacht werden können. Dies mache den Einsatz von Motorbooten erforderlich.

Die Rennbedingungen seien deshalb hoch zu gewichten, weil bei der WM Qualifikationsplätze für die Olympischen und Paralympischen Spiele 2020 in Tokio vergeben werden. Bei den anderen Kriterien sieht der Rat keine großen Unterschiede. Beide Bewerber verfügten über eine Infrastruktur, die den Anforderungen der Fisa genügt, und konnten ihr Organisationsvermögen unter Beweis stellen – Ottensheim 2013 bei der U-23-WM, Hamburg bei der Junioren-WM im vergangenen Jahr. Was die finanzielle Unterstützung angeht, habe die Hansestadt sogar für einen größeren Anteil des Budgets öffentliche Mittel zusagen können. Insgesamt wären „beide Kandidaten in der Lage, exzellente Meisterschaften auszurichten“, heißt es in dem Schreiben an die Verbände.

Sollte der Kongress dem Vorschlag folgen, wäre das ein schmerzhafter Rückschlag auch für die Hamburger Olympiaambitionen. Die Stadt bemüht sich über das Rudern hinaus um mindestens vier weitere Weltmeisterschaften, um international bekannter zu werden und bei den Verbänden zu punkten. Diesen Faktoren kommt bei der Abstimmung über den Ausrichter der Spiele 2024 entscheidende Bedeutung zu. Auch die psychologische Wirkung einer Abstimmungsniederlage wäre nicht zu unterschätzen.

Entsprechend intensiv sind die Bemühungen, doch noch einen Stimmungsumschwung in der Fisa zu erzeugen. Es wäre nicht das erste Mal, dass sich der Kongress über den Council hinwegsetzt. Der Standortnachteil der Windanfälligkeit wird sich dabei kaum wegdiskutieren lassen. Tatsächlich klagten bei der Junioren-WM viele Betroffene über die schwierigen Bedingungen. Schon beim Weltcup 2011 hatte das Wetter den Organisatoren übel mitgespielt. „Aber wir haben große Erfahrung, wie dieses Problem durch Umbesetzung der Bahnen und Zeitverschiebung zu managen ist“, sagt Jürgen Warner, der dem Landesruderverband AAC/NRB wie auch dem Organisationskomitee für die WM vorsteht.

Möglicherweise stehe die Fisa aber noch unter dem Eindruck auch der A-WM 2014 in Amsterdam, die ebenfalls viel zu windig war. Auch sprechen die erhobenen Wetterdaten gegen Hamburg und für die Österreicher. „Aber der Erfolg einer WM hängt wesentlich auch von anderen Punkten ab: von kurzen Wegen für Aktive und Gäste oder von der Begeisterung für Sportereignisse“, sagt Christoph Holstein, Hamburgs Staatsrat für Olympia und Sport.

Tatsächlich dürfte es gerade für die kleineren Verbände eine untergeordnete Rolle spielen, ob die Bedingungen so ausgeglichen wie möglich sind. Diese sogenannten Ruder-Entwicklungsländer machen rund die Hälfte der 140 Mitgliedsverbände der Fisa aus. Sie haben zwar anders als die führenden olympischen Nationen im Kongress nur eine Stimme und nicht drei – doch auf sie zielt Hamburgs WM-Konzept mit seinem „Developing Programme“.

So konnten in ganz Norddeutschland Ruderclubs dafür gewonnen werden, die kleinen Nationen bei der Unterbringung, Betreuung und Ausstattung ihrer WM-Athleten zu unterstützen. Ein Punkt, der darüber hinaus alle Verbände überzeugen könnte, sind die kurzen Entfernungen. Während Hamburg alle Athleten, Betreuer und Berichterstatter in einem Umkreis von zehn Kilometern um die Regattastrecke einquartieren kann, müssten in Österreich teilweise deutlich längere Anfahrtswege in Kauf genommen werden.

Noch, so scheint es, ist das WM-Rennen für Hamburg nicht gelaufen. Aber der Endspurt wird hart.