Hamburg/Astana. Europameisterin Martyna Trajdos vom ETV muss bei der Judo-WM auch mit einer neuen Rolle kämpfen.
Ein bisschen neidisch auf das Outfit von Laura Ludwig hätte Martyna Trajdos ja schon werden können, kürzlich bei der Präsentation des Teams Hamburg. Das hellblaue T-Shirt der Beachvolleyballerin war eher sportlich-schlicht gehalten. Dafür aber kamen die prominenten Sponsorenschriftzüge umso besser zur Geltung. Trajdos dagegen trug auf ihrem schwarzen Blazer nur das Schild mit ihrem Namen spazieren. „Da wäre eine große Werbefläche frei“, sagte sie, „und sie wird nicht genutzt.“
Trajdos, 26, ist wie Ludwig Europameisterin, aber sie kann sich nicht Profi nennen, weil es Profis im Judo nicht gibt, zumindest nicht in Deutschland. Daran hat auch der Sieg bei den Europaspielen im Juni in Baku nichts geändert. 4000 Euro Prämie hat sie zu ihrer Goldmedaille erhalten, bei der Schlussfeier durfte sie die Landesfahne tragen. Für zwei Tage rauschte ihr Name durch Datenleitungen und Blätterwald, dann war der Ruhm auch schon verhallt.
Wäre Trajdos Kasachin, wäre es ihr wohl anders ergangen. Judo zählt in dem zentralasiatischen Land zu den beliebtesten Sportarten. Seit Montag ist die Hauptstadt Astana Schauplatz der Weltmeisterschaften. Am Donnerstag fällt die Entscheidung in Trajdos’ Gewichtsklasse bis 63 Kilogramm (live von 7 Uhr an bei Sportdeutschland.tv).
Deutschlands Medaillengewinner von Baku
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Gerade mal acht Wochen lagen für die Studentin vom Eimsbütteler TV zwischen dem größten Wettkampf der Karriere und dem größten Wettkampf des Jahres. Aber sie habe sich schon unmittelbar nach dem EM-Finale gesagt: „Wenn ich noch mehr erreichen will, muss ich noch härter arbeiten.“ Eine Woche hat sie es ruhiger angehen lassen, dann wurde es wieder intensiv, erst im Bundesleistungszentrum Kienbaum, dann beim Trainingslager in Frankreich zusammen mit ihrem Freund Loïc Korval, der in Baku Silber in der Klasse bis 66 Kilogramm holte.
In Astana wird sie auch mit einer neuen Rolle zu kämpfen haben. „Bislang war Martyna die Jägerin“, sagt Peter Frese, der Präsident des Deutschen Judo-Bundes, „jetzt ist sie die Gejagte. Und bei einer WM kommen ja noch acht bis zehn starke Konkurrentinnen hinzu.“ In Baku allerdings konnte sich Trajdos schon gegen die ersten fünf der Weltrangliste behaupten, unter ihnen im Halbfinale die französische Weltmeisterin Clarisse Agbegnenou.
Inzwischen ist Trajdos selbst auf den fünften Platz vorgerückt. Die besten 14 der Welt qualifizieren sich direkt für die Spiele 2016 Rio, abgerechnet wird im Mai. Nadja Bazynski, die zweitbeste Deutsche in ihrer Gewichtsklasse, wird auf Rang 53 geführt. Kaum vorstellbar, dass sie der Hamburgerin den Startplatz noch streitig macht.
Sollte Trajdos bei der WM ihre Position festigen, hätte sie schon ihr wichtigstes WM-Ziel erreicht. „Alle meine Wettkämpfe sind letztlich auf Olympia ausgerichtet“, sagt Trajdos. Heldinnen werden im Judo eben nur bei den Spielen gemacht.