Kugel-Duo kann Geschichte schreiben – Bolt in „Bestform“
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Hamburg. Während zwei deutsche Athleten bei der WM Geschichte schreiben können, sprechen Sprinter Bolt und Gatlin vom „Rumble in the Jungle“.
Am Sonnabend beginnen in Peking die Weltmeisterschaften der Leichtathletik. Goldhoffnungen macht sich vor allem das Kugel-Duo David Storl und Christina Schwanitz. Das „Traumpaar“ der deutschen Leichtathletik kann am Wochenende in China innerhalb von 24 Stunden Geschichte schreiben - noch nie gingen beide WM-Titel im Kugelstoßen in dasselbe Land.
Nach der verletzungsbedingten Absage von Diskus-Star Robert Harting sind Storl und Schwanitz die größten deutschen Goldhoffnungen. „Ich mache mir keinen Druck, sondern versuche, alles von mir fernzuhalten“, sagte Titelverteidiger Storl vor dem erwarteten Showdown mit dem starken US-Boy Joe Kovacs am Sonntag (13.30 Uhr): „Ich schotte mich im Wettkampf ab und will in den Tunnel.“
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Schwanitz, mit 20,77 m die bisher unangefochtene Nummer eins der Welt in diesem Jahr, bemüht sich dagegen, die Favoritenrolle anzunehmen. „Jeder denkt jetzt, das ist leicht, das ist es aber nicht“, sagte die 29-Jährige, die am Sonnabend (14.05 Uhr) wohl gegen die Chinesin Lijiao Gong um Gold kämpft: „Ich werde ganz einfach versuchen, alles positiv umzusetzen, damit erst gar keine negative Stresssituation für mich entsteht.“
Knie mit der größte Gegner
Für Storl und Schwanitz werden neben Kovacs und Gong wohl die schmerzenden Knie zum größten Gegner. Beide ließen sich bereits im Herbst operieren - doch es gab keine Besserung. „Die entzündete Sehne ist doppelt so dick wie im vergangenen Jahr. Ich kriege regelmäßig Spritzen, das ist nicht schön“, sagte Storl zuletzt. Für den Traum vom dritten Gold in Serie betreibt der 25-Jährige Raubbau am eigenen Körper.
„Klar kann ich mein Trainingspensum runterfahren - dann stoße ich aber eben keine 21 Meter mehr. Das ist das Problem“, sagte Storl, der in diesem Jahr erstmals die magische 22-Meter-Marke (22,20) geknackt hat.
Schwanitz drohte „zwischendurch sogar das Karriereende. Ich hatte Angst, dass ich nie mehr Kugelstoßen kann“, sagte die 29-Jährige, die sich 16 Jahre nach dem letzten von drei Titeln von Astrid Kumbernuss zur zweiten deutschen Kugel-Königin krönen will: „Da gehst du als Leistungssportler durch die Hölle, aber Gott sei Dank hat sich alles zum Guten gewendet.“
Storl und Schwanitz setzen darauf, dass ihr Coach Sven Lang sie zuletzt im Trainingslager in Kienbaum wieder einmal optimal vorbereitet hat. „Unser Trainer findet immer die passenden Worte und weiß, wann er von Zuckerbrot auf Peitsche umstellen muss“, sagte Schwanitz. Beide wissen, was sie jetzt zu tun haben. Und so gibt Storl das Peking-Motto der wohl stärksten Trainingsgruppe der Welt aus: „Rein in Ring und fort das Ding.“
Das Abendblatt zeigt Ihnen, welche Entscheidungen Sie nicht verpassen sollten:
Die zehn wichtigsten WM-Entscheidungen
Marathon Männer
Wann? Sonnabend, Start 1.35 Uhr (alle Zeiten MESZ)Erste Entscheidung - und gleich die ersten großen Diskussionen? Die mittlerweile in Sachen Doping fast unter Generalverdacht stehende Läufer-Nation Kenia geht mit voller Kapelle auf die klassischen 42,195 km, schickt Weltrekordler Dennis Kimetto und seinen Vorgänger Wilson Kipsang ins Rennen. Dominieren die Ostafrikaner auch die Hitzeschlacht von Peking nach Belieben, trägt das nicht gerade zur Entlastung bei
Kugelstoßen Frauen
Wann? Sonnabend, 14.05 UhrDen deutschen Leichtathleten winkt ein goldener WM-Auftakt. Christina Schwanitz ist nach der Vorleistungen kaum zu schlagen, zudem liebt die Europameisterin solche Drucksituationen. Die Sächsin kann in Peking Geschichte schreiben: Das Double aus EM-Titel und Sieg bei der folgenden WM schaffte noch keine Stoßerin.
Kugelstoßen Männer
Wann? Sonntag, 13.30 UhrDass beide Kugelstoß-Titel in ein Land gehen - auch dies wäre ein Novum in der WM-Geschichte. Der zweimalige Weltmeister David Storl hat im US-Bären Joe Kovacs allerdings den weitaus stärkeren Widersacher als Schwanitz. Das Duell der beiden Kraftprotze wird einer der großen Zweikämpfe von Peking.
100 Meter Männer
Wann? Sonntag, 15.15 UhrGötterdämmerung, Kampf der Giganten, Gut gegen Böse: Der Showdown zwischen Usain Bolt und Justin Gatlin ist das elektrisierendste Kräftemessen der Leichtathletik seit Carl Lewis gegen Ben Johnson. Jamaikas lange schwächelnder Superstar Bolt hat noch nie ein großes 100-m-Finale verloren, Ex-Doper Gatlin ist seit 2013 ungeschlagen - eine von beiden Serien wird reißen. Fällt dabei der Weltrekord? Oder sprengt ein anderer Ex-Doper wie Tyson Gay oder Asafa Powell das Duo?
Stabhochsprung Männer
Wann? Montag, 13.05 UhrDer frühere Stabhochsprung-Weltrekordler Sergej Bubka hat in Peking das Ringen um den IAAF-Thron gegen seinen Rivalen Seb Coe verloren. Sein Nachfolger Renaud Lavillenie setzt alles daran, dass ihm eine erneute WM-Pleite wie 2013 gegen Raphael Holzdeppe erspart bleibt - der Weltmeister-Titel ist schließlich das einzige, das dem Franzosen in seiner Vita noch fehlt.
Speerwurf Männer
Wann? Mittwoch, 13.05 UhrDie neue Speerwurf-Welt trifft auf die alte: Die 90-Meter-Werfer Julius Yego aus Kenia und Keshorn Walcott (Trinidad und Tobago), 2012 schon Olympiasieger in London, führen die Weltrangliste an, Osaka-Weltmeister Tero Pitkämäki aus Finnland und Tschechiens Titelverteidiger Vitezslav Vesely wollen die Verhältnisse gerade rücken. Der deutsche Meister Thomas Röhler könnte in der vielleicht spannendsten Speer-Entscheidung seit Jahren der lachende Fünfte sein.
Dreisprung Männer
Wann? Donnerstag, 13.20 UhrEin Finale für Ästheten: Kaum jemand sprang jemals so schön wie Olympiasieger Christian Taylor (USA) und der Kubaner Pedro Pablo Pichardo - und seit Weltrekordler Jonathan Edwards keiner mehr derart weit. Im Kampf um den Titel könnten Pichardo, Jahresweltbester mit 18,08 m, und Taylor, Nummer zwei mit 18,06, sogar Edwards’ 20 Jahre alten Fabelweltrekord (18,29) angreifen.
200 Meter Männer
Wann? Donnerstag (27. August), 21.05 UhrBolt gegen Gatlin, Teil 2. Oder eben auch nicht: Gut möglich, dass der Unterlegene des ersten Duells die Revanche frustriert platzen lässt. Und wieder geht es um Serien für die Ewigkeit: Bolt könnte beim sechsten weltweiten Großereignis in Serie über die halbe Stadionrunde triumphieren, Gatlin nach zehn Jahren seinen WM-Triumph wiederholen.
Hochsprung Männer
Wann? Sonntag (30. August), 12.30 UhrGut, die für 2015 groß angekündigte Jagd auf den Weltrekord schlief zuletzt ein wenig ein. Dennoch wird die Peking das wohl beste Feld der WM-Geschichte einen weiteren Anlauf auf die 22 Jahre alte Bestmarke von Javier Sotomayor (2,45) nehmen. Fünf 2,40-Springer werden wohl mitmischen, darunter im Katari Mutaz Essa Barshim (2,43) und dem ukrainischen Titelverteidiger Bogdan Bondarenko (2,42) die Nummern zwei und drei der Geschichte. Höhenflüge sind garantiert!
5000 Meter Frauen
Wann? Sonntag (30. August), 13.15 UhrEnde Juli stürmte Genzebe Dibaba zum Weltrekord über 1500 m, doch die Äthiopierin will mehr - die Bestmarke über 5000 m zum Beispiel. Den hält seit 2008 ihre Schwester Tirunesh. Die große Attacke gibt es wohl schon in Peking. Es wäre die nächste in heutiger Zeit eigentlich unglaublichen Steigerung der „kleinen“ Dibaba...
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Bolt ist wieder bester Laune
Sprintstar Usain Bolt ist vor dem Showdown über 100 m mit seinem Rivalen Justin Gatlin wieder bester Laune. Während sich der umstrittene US-Amerikaner rar macht, genoss der Titelverteidiger seinen ersten Auftritt vor der Weltpresse.
„Ich bin in Bestform. Selbst mein Start funktioniert zur richtigen Zeit - ich bin bereit“, sagte der Jamaikaner vor dem absoluten Highlight der WM am Sonntag (15.15 Uhr). Es ist das Duell Saubermann gegen Bad Boy, Liebling der Massen gegen den umstrittensten Läufer seit Ben Johnson. Wer wird der Sprint-Kaiser von China?
Gatlin verglich den bevorstehenden Zweikampf zuletzt schon mit dem legendären Box-Kampf zwischen Muhammad Ali und George Foreman 1974. „Das wird wie der Rumble in the Jungle“, sagte der 33-Jährige, der schon zwei Mal wegen Dopings gesperrt war. Mit 9,74 Sekunden ist der Olympiasieger von 2004 die Nummer eins der Welt. „Mein Körper fühlt sich an wie 27“, sagte er vor Selbstvertrauen strotzend: „Das halbe Feld schlage ich schon auf dem Aufwärmplatz.“
Bolt meldet sich zurück
Lange sah es so aus, als wäre Gatlin in Peking nahezu unschlagbar. Doch dann meldete sich Bolt nach akuter Schwächephase und einem Besuch bei seinem Lieblingsarzt Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt in München mit 9,87 Sekunden zurück. Nun erwarten die Experten ein Duell auf Augenhöhe.
Ob er Angst vor Gatlin habe, wurde Bolt zuletzt gefragt. „Da lache ich“, sagte Bolt, dessen Stern vor sieben Jahren bei den Olympischen Spielen im „Vogelnest“ aufging: „Ich bin und bleibe die Nummer eins.“
Noch nie hat der Schlaks aus Kingston ein großes 100-m-Finale Mann gegen Mann verloren. 2011 verpasste er Gold nach einer Fehlstart-Disqualifikation. Alles andere als sein insgesamt neunter WM-Titel ist für Bolt, der seine letzte 100-m-Niederlage am 6. Juni 2013 ausgerechnet gegen Gatlin kassierte, nicht vorstellbar.
„Ich mache mir keine Sorgen. Solange mein Trainer glücklich ist, bin ich zuversichtlich, und er lächelt im Moment. Ich habe nur die besten Erinnerungen an dieses Stadion“, sagte Bolt, der zu seinem 29. Geburtstag am Freitag sogar auf eine ausschweifende Party verzichtet. „Ich gehe früh ins Bett und hoffe, jemand macht mir einen Kuchen“, sagte er.
Dass Bolt am Ende doch noch rechtzeitig für Peking in die Gänge kam, überrascht Gatlin nicht. Bolt sei ein „Spieler, ein Showman, der da ist, wenn es wichtig wird“, sagte Gatlin, der sich am Sonntag vom bärtigen Bolt ganz sicher nicht rasieren lassen will.