Nach dem Skandalspiel von Osnabrück ist die Erschütterung immer noch groß. Selbst die Auslosung der zweiten Pokalrunde ist in Gefahr.

Leipzig. Nach dem Abbruch des DFB-Pokalspiels beim VfL Osnabrück hat RB Leipzig seine Bereitschaft für eine erneute Ansetzung der Partie erklärt. In einem Statement, das der Zweitligist am Dienstagmorgen auf seiner Vereins-Homepage veröffentlichte, sprach Trainer und Sportdirektor Ralf Rangnick darüber hinaus allerdings von fortdauernden „unsportlichen und unfairen Taten“ auch gegenüber Spielern seiner Mannschaft. „Ich hätte gestern mit Frau, Kind und Familie in dem Stadion gar nicht gewusst, wo ich hätte sitzen oder stehen können, um mich halbwegs sicher zu fühlen", so Rangnick.

„Das ganze Spiel über flogen Feuerzeuge, Trinkbecher und andere Wurfgegenstände in Richtung unserer Spieler sowie unserer Auswechselspieler, die sich gerade warmliefen“, sagte Rangnick. Es sei demnach definitiv nicht nur ein Einzeltäter gewesen, dessen Handeln später zu dem für alle Seiten bedauerlichen Spielabbruch geführt habe. „Dennoch bieten wir ein Wiederholungsspiel an.“

Die Partie war am Montag knapp zwanzig Minuten vor dem Ende der regulären Spielzeit abgebrochen worden. Zuvor war Schiedsrichter Martin Petersen in der 71. Minute von einem Feuerzeug am Kopf getroffen worden. Der niedersächsische Drittligist hatte zu dem Zeitpunkt 1:0 geführt. Wie sich am Dienstag herausstellte, erlitt Schiri Petersen eine leichte Gehirnerschütterung. "Es geht ihm aber den Umständen entsprechend gut und er ist bald wieder einsatzbereit", sagte Ralf Köttker, Mediendirektor des DFB.

Osnabrück drohen DFB-Sanktionen

Der DFB hat durch den Kontrollausschuss die Ermittlungen aufgenommen. Wie die Partie gewertet wird, hat das Sportgericht des DFB zu entscheiden. „Daneben geht es um die sportrechtliche Sanktion gegen den Verein, dem der Vorfall zuzurechnen ist“, erklärte Köttker. Ob ein Wiederholungsspiel überhaupt möglich ist, blieb zunächst unklar. Selbst die Auslosung der zweiten Pokalrunde am Freitagabend steht auf der Kippe. "Die Auslosung findet nur dann statt, wenn Rechtssicherheit vorliegt", so Köttker.

Spielabbrüche nach Wurfattacken in Bundesliga und DFB-Pokal

27. November 1976 (Bundesliga)

1. FC Kaiserslautern - Fortuna DüsseldorfGrund: Flaschenwürfe der Zuschauer; Spielstand nach 76 Minuten 0:1, Wertung 0:2

25. Oktober 2006 (DFB-Pokal)

Stuttgarter Kickers - Hertha BSCGrund: Schiedsrichterassistent Linienrichter Kai Voss wird von einem gefüllten Bierbecher getroffen, Spielstand nach 86 Minuten 0:2, Wertung 0:2

1. April 2011 (Bundesliga)

FC St. Pauli - Schalke 04Grund: Schiedsrichterassistent Thorsten Schiffner wird von einem Bierbecher am Kopf getroffen, Spielstand nach 86 Minuten 0:2, Wertung 0:2

10. August 2015 (DFB-Pokal)

VfL Osnabrück - RB Leipzig Grund: Schiedsrichter Martin Petersen wird von einem Feuerzeug aus dem Osnabrücker Block am Kopf getroffen, Spielstand nach 71 Minuten 1:0

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Rangnick erklärte die Leipziger Bereitschaft dazu mit der Einstellung des Clubs, der in der Öffentlichkeit wegen der finanziellen Abhängigkeit zum österreichischen Getränkehersteller Red Bull von Milliardär Dietrich Mateschitz oft kritisiert wird. „Unser Verein steht für Fairness, Fair Play, Familienfreundlichkeit, soziales Engagement, sportlichen Wettkampf und gegenseitigen Respekt.“ Der RB-Vorstandsvorsitzende Oliver Mintzlaff fügte in der Mitteilung hinzu: „Wir wollen und werden solchen Chaoten im Fußball keine Plattform bieten, in diesen Sport negativ einzugreifen oder ihn sogar zu bestimmen.“

„Das ist Betrug am Fußball“

Der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius, der als Fan des VfL die skandalösen Vorfälle im Stadion selbst miterlebt hatte, rief die Fans auf, bei der Suche nach dem „Verursacher“ mitzuhelfen. „Jedem Stadionbesucher muss klar werden, dass solche Aktionen niederträchtig sind, und strafbar dazu“, sagte Pistorius in einer Mitteilung und forderte: „Die oder derjenige muss hart bestraft werden. Das ist Betrug am Fußball und an den Fans, die für ihre Mannschaft über 70 Minuten geschrien und gehofft haben, die sich den Abend freigenommen haben, auf die Sensation gehofft oder sich einfach auf ein tolles Spiel gefreut haben.“

VfL-Präsident Hermann Queckenstedt sprach noch auf dem Rasen vor den Zuschauern vom bittersten Tag seiner Amtszeit bei dem Verein. Er entschuldigte sich im Namen des VfL Osnabrück ausdrücklich bei Schiedsrichter Petersen. „Diese Aktion schadet dem VfL, diese Aktion schadet dem Fußball.“