Hamburg. Fognini, Seppi und der Franzose Pouille stehen Topstar Nadal im Halbfinale. Das Finale findet am Sonntag um 13 Uhr statt.

Beatrice Henke

Am Tag, an dem die Sonne endlich den Rothenbaum beschien, hatte Rafael Nadal eine gute Nachricht für seine Fans und eine schlechte für seine Gegner. „Die Sonne ist gut für mein Spiel“, sagte der spanische Weltranglistenzehnte, nachdem er am Freitagnachmittag beim Hamburger Herrentennisturnier vor 7500 Besuchern auf dem Centre-Court sein Viertelfinale gegen Pablo Cuevas aus Uruguay recht mühelos mit 6:3 und 6:2 gewonnen hatte. „Die Bälle sind trockener und schneller, so dass mein Topspin besser zur Geltung kommt.“ Dass am Wochenende blauer Himmel und 25 Grad erwartet werden, gefällt Nadal.

Der Beweis dafür, dass es tatsächlich das Hamburger Schmuddelwetter war, das dem Topfavoriten auf den Turniersieg in den ersten Tagen das Spielen schwer gemacht hatte, steht indes noch aus. Cuevas war einfach zu schwach, um ein echter Gradmesser zu sein. Der Weltranglisten-31. blieb über weite Strecken des 72 Minuten dauernden Matches den Nachweis schuldig, warum Nadal ihn vor dem Duell als „einen der besten Sandplatzspieler der Welt“ gewürdigt hatte. Dazu kam, dass der Rothenbaum-Sieger von 2008 seinen Aufschlag nicht abgab, konzentrierter und zwingender wirkte und deshalb zu Recht bilanzieren durfte, „90 Prozent des Matches die richtigen Bälle gespielt“ zu haben.

Dennoch ist nach den bisherigen Eindrücken der Woche festzuhalten, dass der Mallorquiner sich von den Widrigkeiten seiner Achterbahnsaison noch nicht vollständig erholt hat. Zwar wächst sein Selbstvertrauen mit jedem Sieg, unschlagbar scheint er keineswegs. Die Frage ist also vor den Halbfinals an diesem Sonnabend, wer in der Lage ist, dem 29-Jährigen seinen zweiten Hamburg-Titel streitig zu machen.

Am ehesten ist dies wohl Fabio Fognini zuzutrauen. Der 28 Jahre alte Italiener hat nicht nur aus 2013 die Erfahrung eines Rothenbaum-Triumphs vorzuweisen. Der Weltranglisten-32., der sein Viertelfinale gegen den biederen Briten Aljaz Bedene 6:4 und 7:5 gewann, hat seine Nerven auch besser im Zaum. Bislang spielt er zwar gewohnt aggressiv, aber kontrollierter. „Wenn er seine Emotionen im Griff hat, ist er einer der besten zehn Sandplatzspieler der Welt“, sagt Ex-Daviscup-Teamchef Patrik Kühnen, der für das Abendblatt die Halbfinalisten analysiert.

Fognini trifft im ersten Semifinale am Sonnabend um 13 Uhr auf den Franzosen Lucas Pouille, der sich im Viertelfinale überraschend klar mit 6:3, 6:2 gegen seinen Landsmann Benoît Paire durchsetzte. Der 21-Jährige, der als Qualifikant ins Hauptfeld rückte, ist der jüngste und als Nummer 85 am niedrigsten eingestufte Halbfinalist. Er besticht weniger durch herausragende Waffen als durch sein konzentriertes und konstantes Spiel. „Er guckt seine Gegner gut aus, platziert die Bälle sehr ordentlich, bewegt sich gut und hat enormes Selbstvertrauen“, sagt Kühnen. Pouille, der erstmals bei einem 500er-Turnier im Halbfinale steht, ist von seinem Erfolg nicht überrascht. „Ich fühle mich gut, habe eine starke Woche gespielt und glaube auch gegen Fognini an meine Chance“, sagte er.

Nadal wird im zweiten Halbfinale von Andreas Seppi gefordert. Der 31 Jahre alte Südtiroler, der nach 2008 und 2010 zum dritten Mal in Hamburg im Halbfinale steht, durfte sich am Freitag unverhofft ausruhen. Sein Viertelfinalgegner Simone Bolelli (Italien) musste die Partie eine halbe Stunde vor Beginn wegen akuter Magen-Darm-Probleme absagen. Damit zog erstmals seit 2009, als der Serbe Viktor Troicki gegen den Franzosen Paul-Henri Mathieu beim Stand von 0:3 verletzungsbedingt aufgeben musste, wieder ein Spieler kampflos in die Runde der letzten vier ein.„Das ist natürlich bitter, ich hätte gern gespielt“, sagte Seppi.

Ex-Daviscupchef Patrik Kühnen hofft auf ein Endspiel Fognini gegen Nadal

„Seppi ist ein Spieler, mit dem man immer rechnen muss. Er schenkt nie ein Spiel ab und nutzt seine Chancen“, sagt Kühnen. Wenn es dem Weltranglisten-26. gelänge, Nadals zweiten Aufschlag zu attackieren und ihn aus dem Rhythmus zu bringen, sei eine Überraschung durchaus möglich. Allerdings hält der 49-Jährige, derzeit Turnierdirektor der BMW Open in München, Nadal weiterhin für den Topfavoriten. „Er hat sich freigespielt, wirkt gefestigter als zu Wochenbeginn. Es liegt allein an ihm, wie das Turnier ausgeht“, sagt Kühnen, der sich ein Finale zwischen Nadal und Fognini wünscht. „Das wäre sehr interessant, weil Fognini zwar eine 2:4-Bilanz hat, Nadal aber in diesem Jahr schon zweimal besiegen konnte.“

Wie auch immer sein Weg zum Titel aussehen mag: Sollte Rafael Nadal am Sonntag nach dem Finale (13 Uhr) um 500 Weltranglistenpunkte und 311.775 Euro Preisgeld reicher sein, wird nach dem Wie kaum noch jemand fragen. Und selbst wenn es – entgegen der Vorhersage – regnet, schiene für den Sandplatzkönig wieder die Sonne.