Halle/Westfalen. Titelverteidiger Arthur Abraham bleibt Weltmeister im Supermittelgewicht. Dennoch ein bitterer Beigeschmack: Abraham bricht sich den Oberkiefer.

Die Schreckensnachricht kam am Tag nach den Sieg: Boxweltmeister Arthur Abraham hat sich bei seinem K.o.-Erfolg über Robert Stieglitz Samstagnacht in Halle/Westfalen den oberen Kiefer angebrochen. Dennoch gab er Entwarnung. „Das braucht erst mal nicht operiert zu werden. In den nächsten Tagen werde ich nochmals in Berlin zum Arzt gehen“, sagte der 35-jährige Abraham.

Der Kieferanbruch wurde am Sonntag bei einem Spezialisten in Siegen festgestellt. Passiert war das Malheur in der zweiten Runde durch einen unabsichtlichen Kopfstoß von Stieglitz. Bis zu nächsten Kampf des Berliners am Jahresende soll alles verheilt sein. Die Verletzung ist nicht vergleichbar mit dem schweren doppelten Kieferbruch vor neun Jahren im Kampf gegen den Kolumbianer Edison Miranda.

Grund zur Freude gab es aber auch. Abraham hat seinen K.o.-Hammer wiedergefunden und seinen grantelnden Trainer zu Tränen gerührt. Mit einem gewaltigen rechten Haken beförderte der WBO-Champion im Supermittelgewicht seinen Herausforderer in der sechsten Runde auf die Bretter und verteidigte seinen Titel vor rund 8000 jubelnden Zuschauern in Halle/Westfalen eindrucksvoll. „Wenn Arthur Robert nicht vorzeitig besiegt hätte, dann wäre das für mich eine Niederlage“, meinte Abraham-Trainer Ulli Wegner. Tränen der Rührung standen ihm in den Augen. Ein Punktsieg wäre dem „Diktator-Trainer“, wie Abraham seinen Coach nennt, zu wenig gewesen.

Den letzten K.o.-Sieg hatte Abraham vor zweieinhalb Jahren gelandet. Seither bekamen die Zuschauer seine Spezialität, mit der er einst im Mittelgewicht zum Schrecken aller Rivalen geworden war, kaum noch zu Gesicht. Ganze fünf vorzeitige Siege seit dem Wechsel ins höhere Supermittelgewicht vor knapp sechs Jahren zeugten vermeintlich von schwindender Explosivität in den Fäusten. „Er hat die Schlagkraft“, widersprach Wegner. „Er muss nur die richtige Distanz finden.“

Gegen den Magdeburger Stieglitz legte es der Titelverteidiger auf einen schnellen Sieg an. „Das war nicht der boxerisch stärkste Arthur, aber ein Arthur, der den K.o. unbedingt wollte“, sagte Manager Wilfried Sauerland. „Er hatte mir vorher gesagt: Bis zur achten Runde schaffe ich das.“ 3,61 Millionen Zuschauer bei Sat.1 (20,3 Prozent Marktanteil) sahen, wie der jederzeit überlegene Abraham Wort hielt.

In dem Dauerduell mit Stieglitz hat Abraham drei der vier Kämpfe gewonnen. Jetzt ist der Mehrteiler aus. „Es gibt keinen fünften Kampf“, stellte der WBO-Champion klar. Mit Bedauern registrierte der Verlierer dies. Denn der 34-jährige Stieglitz kann seine WM-Ambitionen nunmehr ad acta legen. Ob es auch das Karriereende ist, wollen er, seine Trainer Dirk Dzemski und Promoter Ulf Steinforth nach „einigen Wochen des Nachdenkens“ besprechen. „Er muss selber spüren, ob es noch kribbelt. Er kann auch jederzeit bei uns Trainer sein“, betonte Steinforth.

Abraham indes freut sich auf zwei weitere Jahre im Ring. Danach will sich der 35 Jahre alte Berliner weniger gewalttätigen Arbeitsgebieten im Boxen widmen und sich im Management profilieren. Sein Trainer, der im Falle einer Niederlage mit Rücktritt gedroht hatte, wird ihm die Treue halten. Nach dem Kampf wurde der 73-Jährige überrascht: Auch sein Vertrag wird um zwei Jahre verlängert.

Wegner nahm die Kunde erleichtert zur Kenntnis. „Was soll ich zu Hause, wenn ich noch so viel zu tun habe und gebraucht werde“, meinte er. Ruhestand ist ihm ein Gräuel. Und gerade mit dem gebürtigen Armenier Abraham verbindet ihn eine besondere Form von Zuneigung. „Er geht mir manchmal zu viel auf den Wecker“, gesteht Abraham. „Aber ich brauche ihn, er braucht mich.“