Aussagen des ehemaligen Fifa-Funktionärs Chuck Blazer bringen neue Erkenntnisse zum Korruptions-Skandal des Fußballweltverbands Fifa.

Erstmals liegen Aussagen eines ehemaligen Fifa-Funktionärs vor einem Gericht zu Bestechungspraktiken im Führungszirkel des Weltverbandes öffentlich vor. Das frühere Mitglied des Fifa-Exekutivkomitees, Chuck Blazer, hat vor einem ordentlichen US-Gericht Korruption und Bestechung vor WM-Vergaben vollumfänglich zugegeben. Das geht aus einem Protokoll hervor, das am Mittwochabend veröffentlicht wurde.

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Die Veröffentlichung der Aussage des früheren Fifa-Funktionärs aus dem Jahr 2013 bringt neue Erkenntnisse im jüngsten Korruptionsskandal um den Fußball-Weltverband. Sie bringt aber auch Fifa-Generalsekretär Jérôme Valcke womöglich in Bedrängnis.

Zum Kommentar von Alexander Laux

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US-Justiz untersucht Verträge zu WM 2014

15:49 Uhr: Im Zuge der Korruptions-Ermittlungen um den Fußball-Weltverband untersucht die US-Justiz angeblich auch Vermarktungsverträge für die WM 2014 in Brasilien. Wie die Zeitung „Estadão“ aus São Paulo in ihrer Online-Ausgabe am Donnerstag berichtet, geht es dabei offenbar hauptsächlich um die Geschäftsbeziehungen von FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke und dem früheren brasilianischen Verbandschef und FIFA-Funktionär Ricardo Teixeira. Es bestehe der Verdacht der gegenseitigen Vorteilsnahme. Eine offizielle Bestätigung der US-Justiz oder eine Reaktion von Valcke oder Teixeira lag vorerst nicht vor.

Kürzlich war bekanntgeworden, dass die deutsche Baufirma Bilfinger in einen Korruptionsskandal in Brasilien für die Bereitstellung eines Kontroll- und Überwachungssystems für die WM verwickelt sein soll. Der frühere Verbandschef José Maria Marin gehört zu den in der vergangenen Woche in Zürich festgenommenen Fußball-Funktionären, denen wegen Korruptionsvorwürfen die Abschiebung in die USA droht.

Schily glaubt nicht an Unregelmäßigkeiten

15:46 Uhr: Der damalige Bundesinnenminister Otto Schily glaubt nicht an Unregelmäßgkeiten bei der Vergabe der Fußball-WM 2006 nach Deutschland. "Ich halte es für ausgeschlossen, dass von den für die Bewerbung verantwortlichen DFB-Vertretern versucht worden sein sollte, die Mitglieder des Exekutiv-Komitees durch unlautere Mittel zu beeinflussen", sagte der zu diesem Zeitpunkt für den Sport zuständige SPD-Politiker der Bild-Zeitung.

Deutschland habe eine in jeder Hinsicht hervorragende Bewerbung für die Fußballweltmeisterschaft 2006 abgeliefert, erklärte Schily. Bereits am Mittwoch hatte Bundesinnenminister Thomas de Maiziére erklärt, von US-Justizministerin Loretta Lynch keine Hinweise auf einen deutschen Bezug bei den US-Ermittlungen gegen Fifa-Funktionäre bekommen zu haben.

Mehrheit glaubt an systematischen Betrug

11:31 Uhr: Der Fußball-Weltverband Fifa kämpft in Deutschland weiter gegen ein enorm schlechtes Image. Im Zuge des jüngsten Skandals mit Ermittlungen der US- und Schweizer Behörden, die bereits zu sieben Festnahmen führten, glauben laut ARD-DeutschlandTrend 82 Prozent der Bundesbürger, dass bei der Fifa systematisch bestochen wurde. Nur sechs Prozent folgen der These von Noch-Präsident Joseph S. Blatter und denken, es handelte sich um Einzelfälle.

US-Behörden ordnen Fifa als Rico-Organisation ein

11:23 Uhr: Die US-Behörden ordnen den Fußball-Weltverband Fifa als sogenannte Rico-Organisation ein - als einen "vom organisierten Verbrechen und Korruption beeinflussten" Zusammenschluss. Das geht aus dem Protokoll der 2013 geführten Vernehmung des ehemaligen Fifa -Funktionärs und "Whistleblowers" Chuck Blazer hervor.

Grund für die Einordnung sind die Anklagepunkte, laut denen bei verschiedenen Gelegenheiten mit krimineller Energie Geld geflossen sein soll. Das würde die Fifa als Rico-Organisation identifizieren.

Hintergrund ist ein 1970 in den USA erlassenes Gesetz (Racketeer Influenced and Corrupt Organizations Act), das als Rechtsgrundlage zur Bekämpfung von kriminellen Vereinigungen dient. Die US-Behörden haben im Zuge des Fifa-Skandals 14 Personen angeklagt, darunter neun Fifa-Offizielle. Sieben sitzen in der Schweiz in Auslieferungshaft.

10:26 Uhr: Im Zuge des Fifa-Skandals ist am Mittwoch die Zentrale des venezolanischen Fußball-Verbands FVF in Caracas durchsucht worden. Die Behörden suchten nach Beweisen für die Korruptionsvorwürfe gegen den ehemaligen FVF-Chef Rafael Esquivel, der als einer von sieben hohen Funktionären des Weltverbands in der vergangenen Woche in der Schweiz festgenommen worden war.

Die venezolanischen Behörden ordneten zudem eine Sperrung der Bankkonten an, die von Esquivel, inzwischen ehemaliges Mitglied des Exekutivkomitees des Kontinentalverbands für Nord- und Zentralamerika sowie der Karibik (Concacaf), kontrolliert werden.

10:01 Uhr: Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke fühlt sich nach den medialen Anschuldigungen im Korruptionsskandal "nicht schuldig" und hat einen Rücktritt ausgeschlossen. "Ich habe mir nichts vorzuwerfen, ich fühle mich nicht schuldig, deshalb muss ich noch nicht einmal meine Unschuld beweisen", sagte die "rechte Hand" von Fifa-Präsident Joseph S. Blatter in einem Radio-Interview mit France Info: "Es gibt keinen Grund, warum ich nicht Generalsekretär bleiben sollte."

Laut New York Times soll Valcke eine bedeutende Rolle bei der Überweisung jener zehn Millionen Dollar gespielt haben, mit denen in der Karibik für die Vergabe der WM 2010 nach Südafrika angeblich bestochen und betrogen wurde. Demnach soll der 54-Jährige der "hochrangige Fifa-Funktionär" sein, von dem in der 161-seitigen Anklageschrift des New Yorker Gerichts die Rede ist. Dieser habe im Jahr 2008 die Zahlung von "insgesamt zehn Millionen Dollar" von einem Fifa-Konto über die Bank of America auf ein Konto der Republic Bank angewiesen, das vom Angeklagten Jack Warner "kontrolliert" wurde. Der Fußball-Weltverband dementierte entschieden.

Ex-Fifa-Mediendirektor rät Blatter zur Zusammenarbeit mit dem FBI

09:13 Uhr: Der frühere Fifa-Mediendirektor Guido Tognoni hat Joseph Blatter nach dessen Rücktrittsankündigung zur Zusammenarbeit mit dem FBI geraten. „Ich bin der Auffassung, Sepp Blatter könnte sich unglaubliche Verdienste erwerben und plötzlich in einem ganz anderen Licht dastehen, wenn er selbst sagt: Ich werde Zeuge. Ich gehe zum FBI. Ich werde alles sagen“, sagte der ehemalige Mediendirektor des Fußball-Weltverbandes und Ex-Berater von Blatter bei stern TV.

Mit seiner Darstellung, er habe von allem nichts gewusst, habe sich Blatter „letztlich völlig unglaubwürdig gemacht“, sagte Tognoni. Er hoffe, dass der 79 Jahre alte Schweizer „dazu beiträgt, den Saustall auszumisten und einen totalen Neuanfang zu ermöglichen“.

Warner: Fifa finanzierte meine Partei

08:36 Uhr: Ex-Vizepräsident Jack Warner hat mit Behauptungen auch gegen Noch-Verbandschef Joseph Blatter im Korruptionsskandal der Fifa nachgelegt. Laut Warner soll der Fußball-Weltverband seine Independent Liberal Party auf Trinidad und Tobago im Wahlkampf vor fünf Jahren finanziell unterstützt haben. Fifa-Funktionäre hätten davon gewusst, darunter auch Blatter, behauptete Warner in einer vorangegangenen achtminütigen Ansprache im Fernsehen. „Nicht mal der Tod wird die Lawine stoppen, die kommt“, prophezeite der 72-Jährige vor Anhängern auf Trinidad: „Die Würfel sind gefallen.“

Die entsprechenden Schecks und anderes Beweismaterial habe er an seine Anwälte übergeben, schrieb die Zeitung „Trinidad and Tobago Guardian“. Er habe Angst um sein Leben, meinte Warner und entschuldigte sich, sein Wissen über die angeblichen Vorgänge nicht vorher schon öffentlich gemacht zu haben. Nach seinem Ausschluss aus dem Fifa-Machtzirkel im Jahr 2011 hatte er bereits einen „Tsunami“ an brisanten Informationen angekündigt - allerdings ohne Taten folgen zu lassen.

Warner war in der vergangenen Woche in seinem Heimatland kurzfristig festgenommen worden. Gegen eine Kaution von 2,5 Millionen Dollar kam er wieder auf freien Fuß. Der ehemalige Minister für Sicherheit in Trinidad und Tobago gehört zu denjenigen, denen von der US-Justiz Korruption, Verschwörung und organisiertes Verbrechen vorgeworfen wird. Die USA haben auch die Auslieferung Warners beantragt. Amtshilfe soll dabei Interpol leisten.

Warner wurde bei in der Aussage des früheren Fifa-Exekutivkomitee-Mitglieds Chuck Blazer, die am Mittwoch veröffentlicht wurde, namentlich allerdings nicht genannt. Dem Vernehmen nach soll der einstige Fifa-Vizepräsident aber der Mitverschwörer sein, der Schmiedergeld vom späteren WM-Gastgeber (2010) Südafrika erhalten haben soll.

Nachdem er von Blatters Rücktrittsankündigung am vergangenen Dienstag gehört habe, habe er dem Schweizer in einem Brief den sofortigen Rücktritt nahegelegt, berichtete Warner und fabulierte etwas nebulös: „Blatter weiß, warum er gefallen ist. Und wenn es jemand anderes weiß, bin ich es.“

Australische Polizei ermittelt zu WM 2022

08:08 Uhr: Im Zuge des umfassenden Korruptionsskandals im Fußball-Weltverband Fifa hat die australische Bundespolizei am Donnerstag eine Untersuchung der WM-Vergabe 2022 angekündigt. Frank Lowy, Chef des australischen Verbandes FFA, hatte tags zuvor erklärt, die umstrittene Vergabe an Katar sei „nicht sauber“ gewesen. Sein Wissen habe er den Polizeibehörden mitgeteilt. Zudem beschuldigte er den früheren Fifa-Vizepräsidenten Jack Warner (Trinidad und Tobago) des Diebstahls.

Australien hatte sich neben Katar, den USA, Südkorea und Japan um die WM-Endrunde in sieben Jahren beworben, war aber im Dezember 2010 in Zürich bereits im ersten Wahlgang mit nur einer von 22 möglichen Stimmen ausgeschieden.

Frank Lowy wirft Warner vor, 500.000 australische Dollar (knapp 350.000 Euro), die für den Ausbau von Sportstätten in Warners Heimat Trinidad und Tobago überwiesen worden waren, in die eigene Tasche gesteckt zu haben. Lowy fordert nun die Rückzahlung der finanziellen Zuwendung.

Sepp Blatter – Fifa-Chef und Weltenlenker

Der Sieger ist – Katar: Joseph Blatter präsentiert den WM-Gastgeber 2022
Der Sieger ist – Katar: Joseph Blatter präsentiert den WM-Gastgeber 2022 © dpa
Sepp Blatter und Weltmeister Ronaldo
Sepp Blatter und Weltmeister Ronaldo © dpa | Olivier Maire
Joseph Blatter erhält von Bundeskanzlerin Angela Merkel das Bundesverdienstkreuz
Joseph Blatter erhält von Bundeskanzlerin Angela Merkel das Bundesverdienstkreuz © dpa | DB Roberto Pfeil
Franz Beckenbauer musste auf Sepp Blatter vertrauen, als sich Deutschland um die WM 2006 bewarb
Franz Beckenbauer musste auf Sepp Blatter vertrauen, als sich Deutschland um die WM 2006 bewarb © dpa | Bernd Weissbrod
Sie werden der Korruption beschuldigt (von oben links): Rafael Esquivel, Jose Maria Marin, Eduardo Li, Eugenio Figueredo, Nicolas Leoz, Jack Warner, Jeffrey Webb und Julio Rocha
Sie werden der Korruption beschuldigt (von oben links): Rafael Esquivel, Jose Maria Marin, Eduardo Li, Eugenio Figueredo, Nicolas Leoz, Jack Warner, Jeffrey Webb und Julio Rocha © dpa | Epa
Der frühere Fifa-Funktionär Jack Warner sieht sich schweren Anschuldigungen ausgesetzt
Der frühere Fifa-Funktionär Jack Warner sieht sich schweren Anschuldigungen ausgesetzt © dpa | Gary I Rothstein
Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela freute sich über die WM 2014 in Südafrika
Friedensnobelpreisträger Nelson Mandela freute sich über die WM 2014 in Südafrika © dpa | Eddy Risch
Shakira, Stammsängerin bei der WM, mit Joseph S. Blatter
Shakira, Stammsängerin bei der WM, mit Joseph S. Blatter © dpa | Alessandro Della Bella
Absolution von allen Sünden? Sepp Blatter mit Papst Franziskus
Absolution von allen Sünden? Sepp Blatter mit Papst Franziskus © dpa | Osservatore Romano / Handout
Sean Connery, Pelé und Joseph Blatter
Sean Connery, Pelé und Joseph Blatter © dpa | Danilo Schiavella
Mit Präsident Wladimir Putin ist Joseph Blatter ebenfalls auf Tuchfühlung. Die WM 2018 findet in Russland statt
Mit Präsident Wladimir Putin ist Joseph Blatter ebenfalls auf Tuchfühlung. Die WM 2018 findet in Russland statt © dpa | Mikhail Klementev/Ria Novosti /
Joseph S. Blatter mit dem Präsidenten der Asiatischen Ländervereinigung, Mohamad bin Hammam
Joseph S. Blatter mit dem Präsidenten der Asiatischen Ländervereinigung, Mohamad bin Hammam © dpa | Ahmad Yusni
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Jack Warner steht auf der FBI-Liste der meistgesuchten Personen, die in den USA wegen Geldwäsche, der Annahme von Bestechungsgeldern und Bildung krimineller Vereinigungen sowie Korruption bei WM-Vergaben und TV-Rechten angeklagt sind. Er soll im Zuge der Vergabe der Weltmeisterschaften 1998 an Frankreich und 2010 an Südafrika in Korruption verwickelt gewesen sein und sich bereichert haben.

Warner hat sich in seinem Heimatland bereits gestellt und war nach einer Nacht in Haft gegen Kaution auf freien Fuß gesetzt worden. Von der Fifa wurde der 72-Jährige vorläufig für alle Aktivitäten im Fußball gesperrt.

Pressestimmen zu Blatter-Rücktritt

Frankreich: „Libération“

„FIFA Nostra. Heiliger Blatter, er hat uns bis zum Ende lachen lassen. (...) Was werden die 133 Verbandschefs denken, die für ihn gestimmt haben?“

„Le Figaro“

„Blatter hat also die Waffen gestreckt. Gerade mal vier Tage nach seiner Wiederwahl an die Spitze der FIFA. Eine unglaublich dramatische Wendung, verursacht durch eine weitere Enthüllung.“

„Ouest-France“

„Die überraschende Bekanntmachung hat die Wirkung einer Bombe für die Fußballwelt. Ein unfassbares Erdbeben nach den Maßstäben des Geschäfts Fußball. Er (Blatter) hielt sich für unzerstörbar, unbesiegbar, unverzichtbar.“

Großbritannien: „The Times“

„Sepp Blatters Rücktritt als FIFA-Präsident war längst überfällig. Es ist gut, dass er geht. Die Beweise der US-Ermittlern scheinen zu bestätigen, dass die FIFA durch und durch verdorben war, und von einem Klüngel in einer Fünf-Sterne-Welt unter der nachsichtigen Aufsicht Blatters geführt wurde. Die FIFA muss nun einen unwahrscheinlich anmutenden Prozess einleiten, um einen ehrlichen Führer zu suchen.“

Spanien: „El País“

„Die anstehende Wahl eines neuen FIFA-Präsidenten ist ein idealer Moment, eine Neugründung des Weltfußballverbandes zu beginnen. Die Organisation darf nicht mehr die Möglichkeit zu korrupten Machenschaften bieten. (...) Das Management der FIFA zu ändern und den Verband zu einer transparenten Organisation zu machen, wird komplizierter sein.“

„El Periódico de Catalunya“

„Nur vier Tage nach seiner Wiederwahl erklärt Blatter seinen Rücktritt. Er hatte keine andere Wahl, als dem internen und externen Druck nachzugeben.“

„Marca“

„Blatter ergibt sich. In den USA wird angeblich auch gegen ihn wegen Korruptionsverdachts ermittelt.“

„As“

„Blatter sagt, er trete zurück, aber er bleibt weiter im Amt. Er führt die Geschäfte bis zur Abhaltung eines außerordentlichen Kongresses und der Wahl eines neuen Präsidenten.“

Schweiz: „Neue Zürcher Zeitung"

„Dem Weltfußball dürften turbulente Wochen bevorstehen, wobei die zentralen Aspekte nicht nur Blatters Nachfolge, sondern auch die Beweggründe für seinen Abgang betreffen werden. Es gibt Spekulationen, Blatter gehe nicht einfach dem FIFA-Frieden zuliebe, sondern kapituliere vor juristischen Untersuchungen. Der Walliser steht zwar seit Jahren einer von Korruption geprägten Organisation vor, doch kriminelle Machenschaften sind ihm noch nicht nachgewiesen worden.“

„Tages-Anzeiger“

„Blatter wäre der falsche Mann gewesen, um die FIFA in die Zukunft zu führen, dafür war sein Name schon lange viel zu sehr belastet. Nun geht der 79-Jährige, das System aber bleibt. Es bleiben auch einige Funktionäre von fragwürdigem Ruf. Issa Hayatou, Senior-Vizepräsident und damit zweitoberster Fifa-Mann, gehört beispielsweise zu ihnen. Der Weltverband braucht deshalb weit mehr als Blatters Rücktritt.“

„Blick"

„Und jetzt geht er doch? Dann hat er etwas falsch gemacht? Liegt gegen ihn etwas Belastendes vor? Oder reicht ihm die Wiederwahl von letzter Woche für sein Vermächtnis? Oder sind es private Gründe? Noch am Kongress im Hallenstadion in Zürich-Oerlikon beteuerte Blatter, den Fußball vom Ruch der Korruption befreien zu wollen – als Präsident. (...) Bei seinem Abgang gestern tönt er anders, verbittert, geknickt.

Österreich: „Die Presse“

„Eines aber dürfen alle Kritiker nicht vergessen: Blatter hat die FIFA zu dem gemacht, was sie ist; ein Unternehmen mit zwei Milliarden Dollar Jahresumsatz, ein Weltkonzern. Die Vermarktung des WM-Pokals ist ein Selbstläufer, jeder Amateur könnte es. (...) Blatter war ein Top-Manager mit Kontakten, Geschäftssinn und Verhandlungsgeschick. Die FIFA hat unter seiner Leitung den Fußball an den Bestbieter verkauft, ja; aber extrem hochpreisig. Und ausschließlich an dieser Summe wird nun sein Nachfolger gemessen.“

Niederlande: „De Telegraaf“

„Blatter, Game Over! ... Der Fußballkaiser Joseph ‘Sepp’ Blatter, der sich selbst unangreifbar wähnte, ist dann doch  von seinem Thron gefallen.“

„Trouw“

„Gestern kam gleich im Westen Europas die Hoffnung auf, dass die FIFA doch gesäubert werden könnte. Aber so weit ist es noch nicht. Nicht nur, weil Europa sich erst selbst noch bereingen muss. Aber auch weil mit Sepp Blatter ein Gegner weicht, der immer noch in der Lage ist, trotz seiner Niederlage andere nicht gewinnen zu lassen.“

„De Volkskrant“

„Das Schiff, über das Sepp Blatter noch am Freitag nach seiner vierten Wiederwahl so feurig sprach, ist dann doch endgültig gestrandet. ... In seiner Periode als FIFA-Vorsitzender entwickelte sich die Organisation zu einer Geldmaschine von unglaublichem Ausmaß. Die Milliarden, die in die FIFA-Kasse strömten, waren zugleich der Brandstoff für eine endlose Reihe von  Korruptionsskandalen.“

Russland: „Kommersant“

„Der Korruptionsskandal des Fußball-Weltverbandes hat eine sensationelle Fortsetzung erhalten. Der Rückzug von Joseph Blatter ist eine unangenehme Nachricht für Russland, das einer von Blatters treuesten Verbündeten im Kampf um den Präsidentenstuhl war.“

„Rossijskaja Gaseta“

„Wie ein Blitz aus heiterem Himmel kam die Erklärung des vergangene Woche gewählten FIFA-Präsidenten Joseph Blatter. (...) Blatter wurde bei irgendetwas erwischt. Ein Mensch bei völlig gesundem Verstand und Gedächtnis kann nicht innerhalb weniger Tage so drastisch seine scheinbar unerschütterliche Haltung ändern.“

„Sowjetski Sport“

„Es ist offensichtlich, dass nur ein sehr ernster Grund Blatter zum Rücktritt bewegen konnte, der immer taub gegen Kritik und Korruptionsvorwürfe in seiner Organisation war.“

„Sport Express“

„Der Rücktritt Blatters ist eine Tatsache, die für die russischen Interessen unangenehm und beunruhigend ist. (...) Aber da bislang nichts Ernstes (gegen Russland) bekanntgeworden ist, dürfte Blatters Rückzug keine fatalen Folgen für unsere Weltmeisterschaft (2018) haben.“

Tschechien: „Lidove noviny“

„Der gerissene Schweizer Funktionär hinterlässt eine Organisation, die sich nach seinen Prinzipien und seinen Regeln verhalten hat. Leider spielten sie der Korruption zu. Ein Verdacht fällt auf alle zurückliegenden Wahlen von WM-Veranstaltungsorten (Südafrika 2010, Brasilien 2014, Russland 2018 und Katar 2022). Beobachter sind der Überzeugung, dass Blatters Ende die schlechtestmögliche Nachricht für Katar ist, das die WM verlieren könnte.“

„Pravo“

„Der 79-jährige FIFA-Chef Sepp Blatter hat nur vier Tage nach seiner Wiederwahl den Rücktritt erklärt. Der Korruptionsskandal, der vorige Woche kurz vor dem Wahlkongress ausgebrochen war, hat ihm am Ende doch noch das Genick gebrochen.“

„Hospodarske noviny“

„Der FIFA-Skandal erschüttert weiter den Weltfußball. Sepp Blatter hat seinen Rücktritt als FIFA-Präsident nur wenige Tage nach Beginn seiner fünften Amtszeit erklärt. Viele Experten hatten seine Wiederwahl als Zeichen gewertet, dass der Weltfußball nicht bereit ist, sich von den zahlreichen Korruptionsskandalen zu distanzieren. Doch zuletzt forderten bedeutende Sponsoren, bei der FIFA den Kehraus zu machen. Kritisch äußerten sich unter anderem Vertreter von Coca-Cola und Adidas.“

Norwegen: „Aftenposten“

„Ein Freudentag für den Fußball, aber entkorkt noch nicht den Champagner! Jetzt geht diese Epoche endlich zu Ende. Die Zeit wird zeigen, ob der Fußball in der Lage ist, sich zu behaupten nach all dem Müll, der in den letzten Wochen an die Oberfläche getreten ist.“

„Verdens Gang“

„Er klammerte sich an die Macht, als die Fußball-Delegierten versammelt waren, und gab sie auf, als alle wieder nach Hause gereist waren. So entwickelte sich Sepp Blatters Rolle im Machtspiel um den Weltfußball in vier Tagen von traurig bis absurd. (...) Die dramatische Entwicklung in den letzten Tagen bei der FIFA-Versammlung in Zürich beginnt mehr und mehr einem Skript für Hollywood zu ähneln.“

Dänemark: „Berlingske“

„Es ist ein Glücksfall für den Fußball, dass Sepp Blatter zurückgetreten ist. Auch wenn man vorsichtig sein muss, nicht zu naiv gegenüber der Natur des politischen Handwerks auf diesem Niveau zu sein, so darf man doch annehmen, dass vieles besser wird. So wenig war gut unter Blatter.“

Schweden: „Svenska Dagbladet“

„Es gab keinen anderen Weg, um der vergammelten, abgestandenen Korruptions-Kultur in der FIFA ein Ende zu setzen. Obwohl Blatter nicht eines Verbrechens verdächtigt wird, ist er als Chef verantwortlich. Jetzt muss der ganze Dreck an die Oberfläche, soll das Reinigungsbad wirklich etwas bewirken.“

Israel: „YNET“

„FIFA wird in der nächsten Zeit mit der Wahl eines neuen Präsidenten beschäftigt sein und die Beschäftigung mit den palästinensischen Beschwerden wird sich verzögern. Sollte UEFA-Chef Michel Platini gewählt werden, wären das gute Nachrichten für Israel. Platini war zuletzt die wichtigste Kraft bei der Unterstützung Israels gegen die Forderung der Palästinenser nach einem Ausschluss (aus der FIFA). Aber auch wenn der Prinz Ali bin al-Hussein aus Jordanien gewählt wird ist das nicht unbedingt schlecht für Israel.“

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DOSB-Vorstandsvorsitzende Vesper zur Fifa

07:02 Uhr: Der DOSB-Vorstandsvorsitzende Michael Vesper hat im Fußball-Weltverband schnelle Reformen und einen raschen Rückzug von Joseph Blatter gefordert. „Bislang ist Sepp Blatter noch nicht wirklich zurückgetreten. Er hat seinen Rücktritt lediglich angekündigt. Es wäre fatal, wenn man ihn nun den Prozess zur Suche seines Nachfolgers steuern ließe“, sagte der Vorstandschef des Deutschen Olympischen Sportbundes der „Rheinischen Post“ (Donnerstag). Der notwendige Neuanfang sei nur dann möglich, „wenn jetzt unverzüglich die überfälligen Reformen eingeleitet werden. Der Sonderkongress zur Wahl des Nachfolgers muss in Sichtweite sein, er darf nicht auf den Sankt Nimmerleinstag verschoben werden“.

Mit Material von dpa und sid