Nach dem historischen Debakel gegen Kanada kam der Befehl zum Frusttrinken. „Bier trinken, Kopf freikriegen“, sagte Routinier Ullmann.

Prag. Bundestrainer Pat Cortina blickte fassungslos auf das Eis, seine Spieler flüchteten in die Kabine. Nach dem historischen WM-Debakel gegen Kanadas NHL-Stars um Sidney Crosby wollten die deutschen Eishockey-Cracks nur noch ganz schnell weg. „Das Ergebnis müssen wir jetzt aus unseren Köpfen streichen“, sagte Stürmer Tobias Rieder nach dem 0:10 (0:4, 0:5, 0:1) gegen den Olympiasieger.

Leichter gesagt als getan: Die höchste Niederlage gegen die Ahornblätter seit 48 Jahren war 24 Stunden nach dem 2:1-Zittersieg gegen Frankreich eine Demütigung. Das hoffnungslos überforderte Cortina-Team hatte gegen den Turnierfavoriten nicht den Hauch einer Chance.

„Nach den ersten beiden Gegentreffern haben wir Muffensausen bekommen“, gab Kapitän Michael Wolf zu: „Da waren wir ein bisschen gelähmt und haben nur noch zugeschaut.“ Crosby hatte höchstpersönlich mit seinem zweiten Turniertreffer (9.) den Startschuss gegeben, danach rollte eine Angriffswelle nach der nächsten auf das deutsche Tor. Taylor Hall mit einem Dreierpack (9., 23. und 40.), Cody Eakin (17. und 20.), Aaron Ekblad (26.), Claude Giroux (28.), Tyler Ennis (36.) und Matt Duchene (43.) legten gegen viel zu langsame und unkonzentrierte deutsche Abwehrspieler nach.

Dienstag geht es gegen die Schweiz

„Was wir versucht haben, war okay“, meinte Cortina, „aber nicht das Wie.“ Wolf fügte niedergeschlagen an: „Wir können ja jetzt nicht nach Hause fahren.“ Mit Blick auf das richtungweisende dritte Gruppenspiel am Dienstag (16.15 Uhr/Sport1) gegen die Schweiz forderte der Kapitän: „Kopf hoch, Burst raus.“

Selbst Mannheims Meistertorwart Dennis Endras, gegen Frankreich noch der überragende Matchwinner, war gegen die Übermacht der NHL-Stars machtlos und wurde nach dem 0:6 gegen Danny aus den Birken ausgewechselt. „Wir haben nicht gut genug gespielt gegen diese Superstars, wir hatten viel zu viele Fehlpässe und haben fast nur in unserer Zone gespielt“, sagte Rieder, der einzige NHL-Profi im deutschen Team. Crosby stellte indes schmunzelnd fest: „Wir haben uns sehr wohl auf dem Eis gefühlt.“

So deutlich die Niederlage auch war: Mit drei Punkten aus zwei Spielen liegt die DEB-Auswahl im Soll. Anders als am Sontnag gegen Kanada waren Rieder und Co. tags zuvor Frankreich auf Augenhöhe begegnet. Es brauchte einen überragenden Endras, ein spätes Siegtor durch Patrick Reimer (60.) und viel Glück zum wichtigen Auftaktsieg. Cortina forderte anschließend: „Wir müssen mehr laufen.“

Klassenunterschied wurde zunehmend deutlicher

Das allein aber reichte gegen Kanada nicht mal ansatzweise. Deutschland erwischte zwar einen guten Start und hatte im ersten Drittel gleich drei Überzahlspiele, strahlte aber so gut wie keine Gefahr aus. Kanada bestrafte das eiskalt mit einem Doppelschlag innerhalb von 23 Sekunden zum 0:2.

Danach drehte der 24-malige Weltmeister auf, der Klassenunterschied wurde immer deutlicher. Die deutschen Verteidiger waren schlichtweg überfordert. Der nachnominierte Patrick Köppchen, der erstmals seit 13 Jahren wieder bei einer WM spielt, patzte vor dem 0:1. Sein Abwehrpartner Björn Krupp verlor vor dem 0:3 fahrlässig die Scheibe. Auch danach konnten sich die Kanadier den Puck viel zu einfach hin- und herschieben.

Im Tor begann etwas überraschend erneut Endras. Cortina nahm die Gefahr, dass der Mannheimer das gegen Frankreich gewonnene Selbstvertrauen wieder verlieren könnte, bewusst in Kauf. Am 29-Jährigen konnte man die Niederlage aber nicht festmachen, auch wenn er zumindest beim zweiten Gegentreffer nicht machtlos schien. (sid)