Stuttgart. Kielerin triumphiert im Finale des WTA-Turniers und nimmt Kurs auf die Top Ten. Kollegin Petkovic gratuliert Kerber eigenwillig.

Als sich für Angelique Kerber der große Traum vom Heimsieg erfüllt hatte, konnte sie ihr Glück kaum fassen. Ungläubig schaute die 27-Jährige nach ihrem zweiten Turniertriumph binnen zwei Wochen in die Box zu ihren Großeltern und ging dann an der Grundlinie auf die Knie.

Dank eines 3:6, 6:1, 7:5-Sieges im Finale des WTA-Turniers in Stuttgart gegen Caroline Wozniacki (Dänemark/Nr. 4) hat Kerber ihre wochenlange Krise endgültig hinter sich gelassen und nach elf Erfolgen in Serie wieder Kurs auf die Top Ten genommen. „Ich habe bis zum Schluss gekämpft und am Ende alle Reserven rausgeholt. Ich bin megastolz, vor Heimpublikum gewonnen zu haben“, sagte Kerber, die im letzten Satz bereits mit 3:5 zurückgelegen hatte.

Küsschen füpr die Siegerin: Caroline Wozniacki (r.) gratuliert Angelique Kerber
Küsschen füpr die Siegerin: Caroline Wozniacki (r.) gratuliert Angelique Kerber © dpa | Marijan Murat

Als Belohnung durfte die Weltranglisten-14. neben einem Preisgeld von 100.000 Euro auch ein 430 PS starkes Sportcabrio mit nach Hause nehmen. Samt der Gewissheit, dass sie in den Tagen des hochkarätig besetzten Hallensandplatz-Turniers zum neuen Publikumsliebling avanciert ist.

Petkovic gratuliert eigenwillig

Kerbes Fed-Cup-Kollegin Andrea Petkovic gratulierte der Kielerin auf ihre eigen Art. "Glückwunsch, Olle", twitterte Petkovic nach Kerbers Dreisatz-Sieg.

Die Weltranglistenelfte Petkovic (27), die ihren Start beim Heimspiel wegen einer Oberschenkelblessur absagen musste, hatte den Triumph von Kerber in Stuttgart bereits vor sechs Tagen prophezeit. "Ich hasse es, zu sagen. Aber die Leute sollten öfter auf mich hören. Dann wäre die Welt eine bessere", twitterte Petkovic am Sonntag.

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Fünfter Sieg der Karriere

Angeschlagen und mit dick bandagiertem Oberschenkel kämpfte sich Kerber mit Siegen über die topgesetzte Titelverteidigerin Maria Scharapowa (WTA-Nr. 2), Jekaterina Makarowa (beide Russland/Nr. 8), Madison Brengel (USA/Nr. 43) und US-Open-Finalistin Wozniacki zu ihrem fünften Karrierecoup. „Angie ist endgültig zurück“, sagte Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner über ihre Nummer zwei, die beim Heimspiel endlich wieder die Qualitäten zeigte, die ihr zwischen Mitte Januar bis Ende März irgendwie abhanden gekommen waren.

Vor allen Dingen ihren bedingungslosen Kampfgeist hat sie neu entdeckt. „Hinter mir liegt eine schwierige Zeit. Aber jetzt spiele ich wieder mit Herz und Leidenschaft und habe Spaß auf dem Platz“, meinte Kerber.

Wende zum Guten vor zwei Wochen

Die Wende zum Guten war der introvertierten Linkshänderin vor knapp zwei Wochen gelungen, als sie nach Wochen voller Pleiten, Pech und Pannen völlig überraschend das Turnier in Charleston/South Carolina gewann. Es war der vielleicht entscheidende Schritt aus der Krise, die sich zu Beginn des Jahres nicht angedeutet hatte.

Kerber war in Brisbane (Viertelfinale) und Sydney (Halbfinale) gut in die Saison gestartet. Das Erstrunden-Aus bei den Australian Open aber setzte der mental labilen Kielerin mächtig zu. Der Biss fehlte, die Verunsicherung wurde immer größer. Es folgten drei weitere Auftaktschlappen. Ein Teufelskreis. Kerbers Spitzname „Houdini“ war nur noch Schall und Rauch.

Leistungstief im Februar

Im Februar fiel sie nach knapp drei Jahren aus den Top Ten und verlor zudem den Status als deutsche Nummer eins an Petkovic. „Ich habe gut trainiert, aber konnte die Leistungen irgendwie nicht ins Match übertragen“, berichtete „Angie“.

Was in der Not folgte, war die Entlassung von Coach Benjamin Ebrahimzadeh und die neuerliche Zusammenarbeit mit ihrem alten Trainer Torben Beltz. „Er kennt mich einfach sehr gut und glaubt an mich“, sagte Kerber, die zumindest in den nächsten Wochen noch mit Beltz arbeiten möchte: „Danach muss man schauen, wie es weitergeht.“

Auch Steffi Graf half Kerber

In der schwierigen Zeit half der Wimbledon-Halbfinalistin von 2012 auch Steffi Graf. Bei einigen gemeinsamen Trainingseinheiten in Las Vegas gab die Ikone Tipps. „Es ist wichtig, auch mal andere Meinungen zu hören und neue Impulse zu bekommen“, meinte Kerber, die Markenbotschafterin des Hauptsponsors des Stuttgarter Turniers ist. Kein Wunder, dass sie sich in der Schwabenmetropole fast wie zu Hause fühlt. Wiedererstarkt nach einer schweren Krise. (sid)