Mainz/Hamburg. Der Bundestrainer enthüllt ein dunkles Kapitel der Bundesliga-Geschichte. Ein norddeutsches Mädchen besiegte ihn beim Torwandschießen.

Ist das ein Bekenntnis oder eine Enthüllung? Fußball-Bundestrainer Joachim Löw hat im Aktuellen Sportstudio des ZDF zugegeben, als Spieler Patient beim Doping-Papst Prof. Armin Klümper in Freiburg gewesen zu sein. Gedopt habe er nicht, aber man wisse auch nicht, was Klümper verabreicht habe. Um systematisch zu dopen, müsse man sicher länger und unter ärztlicher Aufsicht unerlaubte Mittel einnehmen, so Löw. „Natürlich war ich das ein oder andere Mal da“, sagte Löw. Er habe „mit 18, 19 Jahren aber nicht getraut, nachzufragen und zu sagen, ich möchte das im Labor prüfen lassen“, welche Mittel er da bekomme: „Mein Vertrauen in diesen Berufsstand Arzt war immens groß.“ Der Weltmeister-Trainer sagte, aus heutiger Sicht sei er „an einer schnellen Aufklärung“ der Vorgänge von damals interessiert.

Zu seiner Zeit habe es auch „kein Bewusstsein für Doping“ im Fußball gegeben: „Es gab keine Verbote, keine Kontrollen und keine Aufklärung.“ Dass es das alles heute gibt, hält Löw für richtig und wichtig: „Der Sport muss und soll sauber bleiben. Doping hat im Sport nichts zu suchen.“

Die von vielen schutzhafte Behauptung, Doping im Fußball nütze nichts, bestritt der Bundestrainer jedenfalls: „Das verstehe ich nicht. Heute weiß man, dass vor allem Anabolika im Fußball schon etwas bringen könnte. Für den Einzelnen bringt das wahrscheinlich schon was. Von daher muss das mit allen Mitteln bekämpft werden.“

Grundsätzlich sei er natürlich der Meinung, „dass Doping im Sport nichts zu suchen hat“. Allerdings halte er den Fußball keineswegs für dopingverseucht, sagte Löw: „Der Fußball macht wahnsinnig viel.“ Natürlich gebe es „wie in jedem anderen Sport schwarze Schafe.“ Aber man habe im Profifußball heute angesichts der vielen Kontrollen „keine Chance“, nicht aufzufallen.

Zuletzt hatte es Hinweise auf systematisches Doping beim VfB Stuttgart und dem SC Freiburg in den siebziger und achtziger Jahren gegeben. Laut Aktenlage lieferte Klümper zwischen 1978 und 1981 allein dem VfB Stuttgart Verbandsmaterial sowie Vitamin- und Aufbaupräparate im Gesamtwert von über 117.000 D-Mark. Löw stand damals sowohl beim Sport-Club als auch beim VfB unter Vertrag.

Löw sagte außerdem, er begrüße zum Schutz der Spieler die vom Fußball-Weltverband beschlossene Verlegung der Weltmeisterschaft 2022 in Katar in den Winter. „Aus rein sportlicher und medizinischer Sicht sage ich, dass es wahrscheinlich eine Zumutung gewesen wäre, im Sommer zu spielen bei 40 Grad, bei dieser Intensität, die es heute gibt. Das wäre ein Risiko für die Spieler und ein Qualitätsverlust.“

Die Austragung im November und Dezember sei insofern „die beste Lösung für die Spieler, wenn man Leistung und hohes Niveau erwartet“, erklärte Löw. Der Weltmeister-Coach erinnerte an ein Länderspiel der deutschen Nationalmannschaft im Juni 2009 in Dubai gegen die Vereinigten Arabischen Emirate: „Das war wie in einer Dampf-Sauna.“

Das Fifa-Exekutivkomitee hat in dieser Woche entschieden, dass der übernächste Weltmeister am 18. Dezember 2022 gekürt wird. Beginnen soll das Turnier am 20. November. Löw rechnet auch weiterhin mit vielen Diskussionen um die WM in Katar. Aber er votiert zugleich für Pragmatismus: „Auf jeden Fall müssen wir uns mal mit der Realität abfinden, egal, ob sie einem gefällt oder nicht. Die Entscheidung ist gefallen, die WM wird in Katar stattfinden.“

Für die nationalen Ligen sei die Umstellung der Spielpläne eine schwierige Aufgabe. „Aber ich glaube, dass man da praktikable Lösungen finden wird“, meinte Löw. Persönlich bedauert er, dass es in Deutschland während der WM auf den Weihnachtsmärkten „bei Glühwein und Lebkuchen“ wohl kein Public Viewing geben werde.

Trotz Formschwäche setzt er weiter auf Weltmeister Lukas Podolski, erwartet aber in Zukunft eine Leistungssteigerung. „Lukas war in den letzten zehn Jahren immer mit ganzem Herzen bei der Nationalmannschaft und hat unheimlich viel für Deutschland geleistet. Das ist für mich schon ein großer Wert.“ Und: „Wenn er im Moment ein wenig Probleme hat, hat er von mir alle Unterstützung. In der neuen Saison zählt aber nur die Leistung. Ein Treue-Bonus für alle Zeit gibt es nicht.“

Die deutsche Nationalmannschaft empfängt am Mittwoch in Kaiserslautern Asienmeister Australien (20.30 Uhr/ZDF) zum Länderspiel, ehe Löws Team in der EM-Qualifikation bei Außenseiter Georgien am 29. März (18.00 Uhr/RTL) spielt.

Beim Torwandschießen musste sich der 55-Jährige aber geschlagen geben: Er verlor ohne Treffer gegen die jugendliche Turnerin Lea Miemietz aus Seevetal, die einmal unten traf.