Berlin. Wenn 2017 über Olympia 2024 entschieden wird, haben Boston, Rom und Paris gute Karten. Doch selbst die Favoriten haben Schwierigkeiten.

Boston, Rom und sehr wahrscheinlich auch Paris: Die internationale Konkurrenz für die deutsche Olympiabewerbung ist groß. Beim Start in die heiße Bewerbungsphase beim Internationalen Olympischen Komitee (IOC) dürfte der deutsche Kandidat zunächst nur Außenseiter sein. Vor allem gegen Boston. Viel, für die Konkurrenz womöglich zu viel spricht für die Hauptstadt des US-Bundesstaates Massachusetts. Letztmals haben die USA 1996 in Atlanta Sommerspiele ausgerichtet - nach ihrem eigenen Selbstverständnis sind die Vereinigten Staaten wieder an der Reihe. Schon für 2012 (New York) und 2016 (Chicago) hatten sich die USA um die Spiele bemüht - und verloren gegen London beziehungsweise Rio de Janeiro.

„Eine ganze Generation von Amerikanern hatte nicht die Möglichkeit, Olympische und Paralympische Spiele auf heimischem Boden zu erleben“, sagte Scott Blackmun, Geschäftsführer des Nationalen Olympischen Komitees der USA (USOC). Das ist allerdings nur ein Aspekt.

Im Mai 2014 hatte IOC-Präsident Thomas Bach einen Rekord-Deal mit dem US-Fernsehsender NBC im Wert von 7,65 Milliarden Dollar (5,5 Milliarden Euro) für die Jahre 2021 bis 2032 abgeschlossen. Es ist mehr als fraglich, dass es sich das IOC vor diesem Hintergrund mit dem Heimatland seines größten Geldgebers noch einmal verscherzen will.

Zumal die Streitigkeiten um die Verteilung der Fernsehgelder zwischen den USA und allen anderen Nationen inzwischen beigelegt sind. Dieser Konflikt hatte die Bewerbungen von New York und Chicago überschattet. Ein weiterer Pluspunkt: Mit seinen „nur“ 600.000 Einwohnern würde Boston perfekt in die von Bach initiierte IOC-Reformagenda passen.

„Ich verspreche, dass dies der offenste, transparenteste und gesamtheitlichste Prozess der olympischen Geschichte wird“, hat Bostons Bürgermeister Marty Walsh angekündigt: „Ich verspreche auch, dass ich Boston niemals mit einem Haufen unbezahlter Schulden zurücklassen werde.“

Einen ersten Schritt in Richtung Transparenz ging Boston bereits: In der vergangenen Woche veröffentlichte das Organisationskomitee auf Druck des Bürgermeisters Gehaltslisten und Beraterverträge. Allerdings steht auch in Boston die Zustimmung in der Bevölkerung auf der Kippe, zuletzt sprachen sich dort nur noch 44 Prozent für Olympia aus – in Boston ist zum jetzigen Zeitpunkt aber keine Bürgerbefragung geplant.

Einen erneuten Anlauf unternimmt auch Italien mit seiner Hauptstadt Rom. Im Rennen um die Spiele 2020 hatte Rom seine Kandidatur aus finanziellen Gründen zurückgezogen. Diesmal können die Italiener mit zwei wichtigen Personen „wuchern“: Mit Papst Franziskus und dem ehemaligen Ferrari-Präsidenten Luca di Montezemolo. Franziskus hatte im Dezember die Bewerbung offiziell befürwortet, der Argentinier gilt als großer Sportfan. Montezemolo ist Chef des Komitees zur Förderung der Kandidatur Roms.

Noch nicht sicher, aber höchstwahrscheinlich ist auch eine Bewerbung der französischen Hauptstadt Paris. Eine Präsentation vor dem französischen Parlament gab es bereits, eine Entscheidung soll allerdings erst nach Beratungen aller Bürgermeister der 20 Pariser Arrondissements fallen, möglicherweise noch im März.

In den Startlöchern stehen zudem erneut Baku/Aserbaidschan, Doha/Katar und womöglich wieder einmal Istanbul. Vor allem auf eine Bewerbung Dohas dürfte man gespannt sein. Zweimal ist das Emirat bereits gescheitert, der Einfluss der Katarer im Weltsport wächst aber von Jahr zu Jahr. Das nötige Geld besitzen sie ohnehin.

Was die Olympia-Kandidaten auszeichnet:

BOSTON: Die Hauptstadt des US-Bundesstaats Massachusetts wird als Favorit gehandelt. Nach zwei erfolglosen US-Bewerbungen für 2012 (New York) und 2016 (Chicago) wären die USA an der Reihe. Zuletzt gab es 1996 in Atlanta Sommerspiele in den Vereinigten Staaten. Zudem schloss das IOC im vergangenen Jahr einen Rekord-Deal mit dem US-Fernsehsender NBC in Höhe von von 7,65 Milliarden Dollar (5,5 Milliarden Euro) für die Jahre 2021 bis 2032. Ersten Planungen zufolge sollen sich die reinen Kosten für die Austragung auf 4,7 Milliarden Dollar (4,05 Milliarden Euro) belaufen. Der Etat soll ohne öffentliche Gelder finanziert werden. Boston plant mit zahlreichen traditionsreichen Schauplätzen, die zumeist dicht beieinander liegen: 28 von insgesamt 33 Austragungsstätten befinden sich in einem Umkreis von zehn Kilometern. Die Wettbewerbe sollen vom 19. Juli bis zum 4. August stattfinden.

ROM: Die italienische Hauptstadt ist der zweite offizielle Bewerber. Im Rennen um die Spiele 2020 hatte Rom seine Kandidatur aus finanziellen Gründen zurückgezogen. Diesmal können die Italiener mit zwei wichtigen Personen „wuchern“: Mit Papst Franziskus und dem ehemaligen Ferrari-Präsidenten Luca di Montezemolo. Franziskus hatte im Dezember die Bewerbung offiziell befürwortet, der Argentinier gilt als großer Sportfan. Montezemolo ist Chef des Komitees zur Förderung der Kandidatur Roms.

PARIS: Die Bewerbung der französischen Hauptstadt dürfte nur eine Frage der Zeit sein. Eine Präsentation vor dem französischen Parlament gab es bereits, ebenso wie eine Machbarkeitsstudie. Eine Entscheidung soll allerdings erst nach Beratungen aller Bürgermeister der 20 Pariser Arrondissements fallen. Ein Pluspunkt für Paris ist die breite Zustimmung in der Bevölkerung. 73 Prozent befürworten nach einer repräsentativen Meinungsumfrage eine Kandidatur. Bei der Vergabe der Spiele 2012 verlor Paris nur knapp gegen London. Gerade mal vier Stimmen mehr (54:50) hatte die britische Haupstadt im letzten Wahlgang.

DOHA: Mit der Fußball-WM 2022 ist der „Hunger“ Katars nach internationalen Sportereignissen noch lange nicht gestillt. Nach der Handball-WM im Januar hatte es bereits geheißen, dass Katar bereit sei, „für alles. Für Olympische Spiele und alle anderen Großveranstaltungen“, hatte OK-Chef Scheich Joaan bin Hamad bin Khalifa Al-Thani erklärt. Zweimal (2016/2020) hat sich das Emirat bereits erfolglos beworben. Fraglich ist allerdings, ob sich das IOC nach den seit Jahren andauernden Diskussionen um die Fußball-WM mit einer Vergabe nach Katar weiterer Kritik aussetzen will. Olympische Sommerspiele nicht im Sommer: Das müsste die Ringe-Organisation erst mal rechtfertigen. Genauso wie die kritisierten Arbeitsbedingungen im Land.