Novak Djokovic gewinnt das Finale bei den Australian Open. Serena Williams feiert den sechsten Triumph

Melbourne. Die Siegerehrung bei einem Grand-Slam-Turnier, das ist so eine Sache. Da haben die Spieler stundenlang gekämpft, sind überglücklich oder tief frustriert, körperlich und mental fertig. Und dann sprechen der Turnierdirektor, der Vertreter des Hauptsponsors, der Präsident des Tennisverbandes. Es zieht sich, dann müssen Sieger und Verlierer den Anzugträgern auch noch ausführlich danken. Novak Djokovic aber sprengte am Sonntag in Melbourne nach seinem fünften Triumph bei den Australian Open das Protokoll: „Ich wünsche dir eine schöne Hochzeit und viele Kinder“, sagte der Serbe zum frisch verlobten Verlierer Andy Murray und entschuldigte sich: „Seitdem ich Papa bin, haben sich die Perspektiven etwas verschoben.“

Mehr als dreieinhalb Stunden lang hatte er sich mit seinem schottischen Kumpel aus alten Jugendtennis-Tagen in der Rod-Laver-Arena ein streckenweise großartiges Finale geliefert, bevor er mit 7:6 (7:5), 6:7 (4:7), 6:3, 6:0 siegte und damit zum Rekordsieger der Australian Open im Profizeitalter wurde. „Das ist bei weitem mein erfolgreichstes Turnier“, sagte Djokovic und betonte: „Dieser Titel ist aber noch einmal etwas Besonderes, weil er mein erster als Ehemann und Vater ist. Das ist ein ganz spezielles Gefühl.“

Für ein kurzes Telefonat mit seiner Frau Jelena, die während der vergangenen zwei Wochen regelmäßig Bilder vom ein Vierteljahr alten Sohn Stefan vor dem Fernseher twitterte, war erst einmal keine Zeit. „Ich habe mich kurz massieren lassen, aber in zwei Tagen sehe ich sie wieder. Hoffentlich kommen wir nächstes Jahr zusammen hierher“, sagte Djokovic.

Serena Williams hatte bereits am Tag zuvor ihren gesundheitlichen Problemen getrotzt und ihrer russischen Rivalin Maria Scharapowa beim 6:3, 7:6 (7:5) eine weitere bittere Finalpleite zugefügt. Auch von einem Brechanfall im ersten Satz während einer Regenpause in den Katakomben ließ sich die topgesetze Williams auf ihrem Weg zum 19. Grand-Slam-Coup nicht stoppen. Die US-Amerikanerin hat nun ihre legendären Landsfrauen Chris Evert und Martina Navratilova (je 18) hinter sich gelassen und ihren Ruf als eine der Besten aller Zeiten zementiert.

„Bei mir begann alles mit einem Schläger, einem Ball und einer Hoffnung“, erinnerte sie an ihre Anfänge auf öffentlichen Plätzen in Los Angeles, als Vater Richard sie und Schwester Venus trainierte. Sie sei in keiner reichen Familie aufgewachsen, „aber wir hatten immer den Glauben an uns“. Kein Wunder also, dass auch Steffi Graf ihren Hut vor der mit 33 Jahren ältesten Melbourne-Gewinnerin zog. „Sie spielen zu sehen, ist ein Privileg für jeden Tennis-Fan. Well done, Serena!“, schrieb Graf bei Facebook. Williams' Antwort ließ nicht lange auf sich warten: „Wow, was für eine Ehre, das von meinem Vorbild zu hören.“ Grafs Bestmarke (22 Major-Titel) hat die Weltranglistenerste längst im Visier, will sich aber nicht unter Druck setzen lassen: „Ich würde es lieben. Aber es wird schwer.“

Mit einem lauten „Yes“ und einem kurzen Berühren der Fäuste hatten Coach Boris Becker und Djokovic auf dem Court den achten Grand-Slam-Triumph des 27 Jahre alten Weltranglisten-Ersten zelebriert. Knapp sieben Monate nach seinem Wimbledon-Sieg feierte das Duo Djokovic-Becker bereits den zweiten bedeutenden Titel den zweiten bedeutenden Titel miteinander. „Mein Team geht mit mir durch gute und schlechte Zeiten. Es toleriert eine Menge Dinge auf und abseits des Courts“, erklärte der Champion

Die anfangs belächelte Kombination hat alle Kritiker Lügen gestraft und vor allem mit der Art und Weise der gemeinsamen Erfolge Eindruck hinterlassen. Immer wieder hatte Becker in den vergangenen Monaten bei aller sonstigen Geheimniskrämerei um seinen Einfluss darauf hingewiesen, dass er schwierige (Final-)Situationen kenne und wie wichtig es sei, psychische Stärke zu vermitteln. Mit Djokovic jedenfalls scheint es zu funktionieren und harmonieren.

Im Finale gegen Murray war zweieinhalb Sätze lang das Wort Spektakel für das Geschehen in der Rod-Laver-Arena eine unverschämte Untertreibung. 72 Minuten dauerte der erste Satz, 80 Minuten der zweite – und die beiden Protagonisten trieben sich gegenseitig an die Grenzen der physischen und psychischen Belastbarkeit.

Im dritten Satz gelang Djokovic das Break zum 5:3 – was Murray mit einem wütenden Schlägerhämmern und lauten Selbstbeschimpfungen „So unnötig, so unnötig“ quittierte. Der Melbourne-Fluch wollte für ihn jedenfalls nicht enden. Wie schon 2011 und 2013 unterlag er Djokovic im Endspiel. 2010 siegte Roger Federer gegen den Briten. „Novak hat hier jetzt fünfmal gewonnen. Es ist keine Schande, gegen ihn zu verlieren“, sagte der von der Französin Amélie Mauresmo trainierte 27-Jährige anschließend tapfer: „Es ist ein unglaublicher Rekord von Novak“, meinte der 27-Jährige.