Erstmals seit dem French-Open-Finale 2013 stehen sich Serena Williams und Maria Scharapowa wieder bei einem Grand-Slam-Turnier gegenüber. Bei den Herren bezwang Andy Murray den Rafael-Nadal-Bezwinger.

Melbourne. Tennis-Olympiasieger Andy Murray hat zum vierten Mal in seiner Karriere das Endspiel der Australian Open erreicht. Der 27 Jahre alte Schotte gewann am Donnerstag im Halbfinale gegen Nadal-Bezwinger Tomas Berdych aus Tschechien nach 3:26 Stunden 6:7 (6:8), 6:0, 6:3, 7:5 und bedankte sich noch auf dem Platz mit bewegenden Worten bei seiner Trainerin Amélie Mauresmo. „Wir haben gezeigt, dass Frauen auch sehr gute Trainer sein können“, sagte der Wimbledonsieger von 2013 und US-Open-Champion von 2012.

Im Finale des ersten Grand-Slam-Turniers des Jahres trifft Murray am Sonntag (9.30 Uhr MEZ/Eurosport) auf den Sieger des Duells zwischen dem Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic aus Serbien und dem Schweizer Titelverteidiger Stan Wawrinka (Freitag 9.30 Uhr MEZ).

Djokovics Trainer Boris Becker zeigte sich vor der Neuauflage des letztjährigen Viertelfinals, das sein Schützling mit 7:9 im fünften Satz verlor, zuversichtlich. „Ich habe einen sehr guten Eindruck. Er hat sich bislang im Turnier immer gesteigert“, sagte Becker am Donnerstag. Djokovic habe „einen Weg gefunden, gegen Stan aggressiv zu spielen, ohne blind und mit zu großem Risiko zu agieren.“

Murray stand bereits 2010, 2011 und 2013 im Endspiel der Australian Open, verlor aber erst gegen Roger Federer und dann zweimal gegen Djokovic. Zwei Tage nach seinem beeindruckenden Sieg gegen den australischen Shootingstar Nick Kyrgios verlor Murray trotz des nach 75 Minuten im Tiebreak verlorenen ersten Satzes nicht die Nerven.

„Ich sollte es wahrscheinlich nicht vor der Kamera wiederholen“, sagte der an Nummer sechs gesetzte Schotte auf die Frage, welchen Fluch er nach dem ersten Durchgang ausgestoßen habe. Mit seinem 15. Ass beendete er schließlich die Partie gegen den Tschechen, der im Viertelfinale Rafael Nadal mit 6:2, 6:0, 7:6 (7:5) bezwungen hatte.

Scharapowas desaströse Serie

Maria Scharapowa kämpft im Finale der Australian Open um die erste Grand-Slam-Krone der Saison – und gegen ihren persönlichen Serena-Williams-Fluch. Schon 18 Mal standen sich die besten beiden Tennisspielerinnen der Neuzeit gegenüber. Nur zweimal hieß die Siegerin Scharapowa. Zuletzt im Jahr 2004, als die WTA-WM noch in Los Angeles gespielt wurde und die heutige Murray-Trainerin Amélie Mauresmo in der schwarzen und die mittlerweile vierfache Mutter Lindsay Davenport in der roten Gruppe mitspielte.

Seitdem hat die 33 Jahre alte Amerikanerin 15 Spiele nacheinander gegen die sechs Jahre jüngere Russin gewonnen, darunter Demütigungen wie das 6:0, 6:1 im Olympia-Finale 2012 in London. Sage und schreibe drei Sätze hat Scharapowa gegen die 18-malige Grand-Slam-Championesse geholt. Am Sonnabend (9.30 Uhr MEZ/Eurosport) will die Nummer zwei der Welt gegen die Nummer eins der Welt ihre desaströse Serie beenden.

Erst noch um den Final-Einzug kämpft an diesem Freitag (9.30 Uhr) Boris-Becker-Schützling Novak Djokovic in einem kleinen Grand-Slam-Klassiker gegen Titelverteidiger Stan Wawrinka. Vor einem Jahr setzte sich der Schweizer im Viertelfinale mit 9:7 im fünften Satz durch. 2013 wiederum gewann Djokovic bei den US Open im Halb- und bei den Australian Open im Achtelfinale jeweils in fünf Sätzen.

„Ich habe einen sehr guten Eindruck. Er hat sich bislang im Turnier immer gesteigert“, sagte Becker über den Weltranglisten-Ersten und scherzte mit Blick auf die Marathon-Matches der Vergangenheit: „Wie lange es auch immer dauert, wir würden auch sechs Sätze spielen.“ Gegner am Sonntag wäre Andy Murray.

Scharapowa: „Gehe selbstbewusst in das Finale“

Verhalten-zuversichtlich gab sich auch Scharapowa nach dem überzeugenden 6:3, 6:2-Erfolg gegen ihre Landsfrau Jekaterina Makarowa. „Ich gehe selbstbewusst in das Finale, unabhängig gegen wen oder ob ich eine schlimme Bilanz habe“, sagte sie.

Die Australian-Open-Siegerin von 2008 wirkt in diesen australischen Sommertagen fokussiert und entspannt zugleich. Auf dem Platz dominierte sie ihre Gegnerinnen – und das eine Mal, als sie kurz vor dem frühen K.o. stand, wehrte sie in der zweiten Runde gegen die russische Qualifikantin Alexandra Panowa zwei Matchbälle ab.

In den Pressekonferenzen gibt sich die sonst oft so kühl wirkende bestverdienende Tennisspielerin der Welt humorvoll und schlagfertig. Als sie vor dem Finale gefragt wurde, wie sie vor einem Match ihre Nerven in den Griff bekomme und ob sie vielleicht spazieren gehe, Musik höre oder ein Bad nehme, verstand sie statt Bad Bar und fragte den Fragesteller feixend: „Ob ich in eine Bar gehe vor dem Spiel? Das ist eine gute Option, das habe ich noch nie ausprobiert.“

110-Prozent-Leistung nötig

Sie berichtete von einem Telefonat mit ihrem Vater nach ihrem Fast-Aus und dass dieser „in einer freundlichen Variante“ gesagt habe, dass die Leistung gegen Panowa „nicht akzeptabel“ gewesen sei.

Will sie gegen Williams bestehen, muss Scharapowa nicht nur eine 110-Prozent-Leistung in der Rod-Laver-Arena abrufen. Die fünfmalige Grand-Slam-Siegerin muss vor allem nervenstark sein und die Ehrfurcht vor der angsteinflößenden Amerikanerin ablegen. „Ich glaube, ihre Power und ihre Aggressivität haben mich immer ein bisschen zu aggressiv gemacht. Ich wollte zu schnell zu viel“, sagte Scharapowa rückblickend und betonte vorausschauend: „Ich bin eine Kämpferin. Ich werde rausgehen und alles dafür tun, das Ergebnis umzudrehen und den Titel zu holen. Ich will diesen Titel.“

Williams dagegen sagte nach ihrem 7:6 (7:5), 6:2 gegen die 19 Jahre alte Madison Keys: „Ich will es, aber es geht nicht um Leben oder Tod für mich.“ Die Fans jedenfalls haben ihr erstes Traumfinale 2015.