Wer nach Erklärungen für das jähe Ende der Ergebniskrise sucht, stößt zwangsläufig auf Dagur Sigurdsson. Ein Kommentar

Nun soll man ein Handballspiel nie vor dem letzten Wurf loben, und eine Weltmeisterschaft schon gar nicht vor dem Finale, dennoch nötig es bereits jetzt höchsten Respekt ab, was die zuletzt oft geschmähte deutsche Nationalmannschaft in Katar leistet. Auferstanden aus Ruinen möchte man angesichts der Resultate der vergangenen beiden Jahren meinen, und selbst das Viertelfinale gegen die Gastgeber sollte nicht das Ende für dieses Team bedeuten.

Wer nach Erklärungen für das jähe Ende der Ergebniskrise sucht, stößt zwangsläufig auf Dagur Sigurdsson. Der 41 Jahre alte Bundestrainer aus Island ist der Gegenentwurf zu seinem Vorgänger Martin Heuberger. Der war zwar ein exzellenter Handballtrainer und -fachmann, sympathisch und akribisch, als Coach aber schien er in kritischen Situationen manchmal überfordert. Das zeigte sich vor allem in den beiden verlorenen WM-Qualifikationsspielen gegen Polen im vergangenen Juni. Sigurdsson dagegen geht an der Seitenlinie jegliche Hektik ab, er strahlt nordische Ruhe aus, seine Anweisungen sind kurz und präzise. Einer wie er genießt Vertrauen bei den Spielern, sie glauben ihm, dass er ihnen helfen kann. Das gibt der Mannschaft Sicherheit.

Trainer werden jedoch nicht nur an – oftmals flüchtigen – Erfolgen gemessen, sondern besonders daran, ob sie Spieler an ihre Leistungsgrenzen und darüber hinaus führen können. Und wenn Weltmeister Heiner Brand in Katar erstaunt feststellt, er habe einige altbekannte Recken im Nationaldress noch nie so gut spielen sehen, darf das wohl als Ritterschlag für Sigurdsson gewertet werden.