Der Ruderer wurde zu Hamburgs Coach des Jahres gekürt. Seine größten Erfolge feierte der 33-Jährige mit U19-Weltmeister Naske

Hamburg. Wenn Ihnen auf der Außenalster mal ein kleines Motorboot mit einem Rudertrainer entgegenkommt, aus dessen tragbarer Musikbox Matthias Reims „Einsamer Stern“ trällert, ist das garantiert Stephan Froelke, Hamburgs Trainer des Jahres 2014. „Sonst wird mir langweilig“, sagt der Nachwuchscoach der Rudergesellschaft Hansa über sich selbst amüsiert, während seine Trainingsgruppe auf einer 2,5-Kilometer-Strecke hin und zurück rudert. Hin und zurück, hin und zurück.

Das Abendblatt ist auf einer Sonntagmittagseinheit im Boot mitgefahren mit diesem etwas anderen Trainer, der am Dienstagabend auf dem Jahresempfang des Hamburger Sportbunds (HSB) die mit 3500 Euro verbundene Ehrung entgegennahm. Die Alster glitzert, Jogger und Hunde drängeln sich am Ufer. „Wenn es nicht zu eisig ist und mir das Wasser an der Motorbootjacke festfriert, habe ich den schönsten Arbeitsplatz Hamburgs“, sagt der 33-Jährige, der eigentlich angehender Berufsschullehrer für Hotel- und Gastronomieberufe ist. Der Master-Student traf ganz bewusst für sich die Entscheidung, nicht hauptberuflicher Trainer werden zu wollen: „Ich hatte Angst, sonst meine Freude daran zu verlieren.“

Seine größten Erfolge als Coach feierte der gebürtige Bramscher, der in Lübeck aufwuchs und seit 2007 für die RG Hansa arbeitet, mit Tim Ole Naske. Der 18-Jährige erruderte sich im August bei der U19-Junioren-WM in Hamburg-Allermöhe im Einer mit ewigen 20 Sekunden Vorsprung den Titel und gewann wenige Tage später die Goldmedaille bei Jugendolympia in China. Froelke übernahm Naske bereits als zwölf Jahre alten Kinderruderer. Naske sagt über ihn: „Stephan ist mehr als ein Trainer für mich, ich habe ihn zeitweise öfter gesehen als meine eigene Mutter.“

Zum 1. Oktober musste sich das Erfolgsduo trennen, weil Naske als 1996er-Jahrgang in den U23-Kader zu Bundestrainer Tim Schönberg aufstieg, so sieht es das System vor. Froelke fällt der Abschied nicht leicht, er ist ein emotionaler Mensch. Als in Allermöhe nach Naske auch seine anderen Athleten Henrik Runge (im Doppelvierer) und Charlotte Zeiz (im Achter mit Steuerfrau) Weltmeister wurden, „ habe ich 30 Minuten auf der Tribüne geheult, das war eine Reizüberflutung“, erinnert sich Froelke. Drei Champions aus einer Trainingsgruppe, und alle auch noch Klassenkameraden auf der Heinrich-Hertz-Schule – das war besonders.

Was denn sein Erfolgsgeheimnis sei? „Dass ich die Sportler nicht als hörige Wesen sehe, die nur ausführen“, sagt er selbst. Und bei seiner Trainingsmethodik komme „viel aus meinem Bauchgefühl heraus“. Sein Musterschüler Naske beschreibt das so: „Er ist unfassbar bemüht, er erwartet von uns Selbstständigkeit, Selbstreflexion, es werden bei ihm keine Trainingspläne einfach so abgearbeitet, sondern er geht sehr intelligent darauf ein, wie wir uns jeweils fühlen.“ Henrik Runge, erst 17 und deshalb noch bei A-Junioren-Coach Froelke, sagt: „Stephan ist anders als andere Trainer. Und es ist sehr erfolgreich, was er mit uns anstellt.“ Man muss sich die Trainingsdialoge auf der Alster so vorstellen. Froelke: „Flutscht ganz gut, oder?“ Runge: „Ja, flutscht.“

Der Ruderlehrer hat kein Problem damit zuzugeben, dass er als Junior der Lübecker RG einst nur vierte und fünfte Plätze bei deutschen Meisterschaften einfuhr, ungern im Einer saß und schon im Jahr 2000 lieber Trainer wurde, „weil ich kopfschwach war“. Er spricht von „2000 Metern Kopf-an-Kopf-Rennen, bei dem man sich nicht zum Ziel umdrehen darf und Qualen erleidet, um dann diese Glücksgefühle zu erleben“. Seine Ruderer können praktischerweise aus seinen eigenen Fehlern lernen: „Ole ist total kopfstark!“ Seine Schützlinge mögen ihn, gerade weil er nicht auf autoritär macht und selber kleine Macken hat. Etwa sein Zuspätkommen: „Meine Schüler ziehen mich schon damit auf“, sagt er und lächelt.