Berliner Sauerland-Stall kassiert rund sieben Millionen Euro pro Jahr. Weltmeister Marco Huck präsentiert zeitgleich seine eigenen Kampfpläne.

Berlin/Hamburg. Die Aufbruchstimmung war spürbar, als der Profiboxstall Sauerland Donnerstagnachmittag in einem Festsaal des Berliner Luxushotels Adlon seinen Weg in die Zukunft skizzierte. „Die Reise wird eine lange sein“, versprach Mitinhaber Kalle Sauerland – und meinte vorrangig die Dauer der Zusammenarbeit mit dem neuen Fernsehpartner. Der Münchner Privatsender Sat.1, bekannt im Faustkampfgeschäft als Partner des ehemaligen Mittelgewichtsweltmeisters Felix Sturm, wird vom 1. Januar 2015 an mindestens sechs Kampfabende jährlich im frei empfangbaren Fernsehen live übertragen, dazu mindestens zwei auf Bezahlplattformen im Internet. Geschätzte sieben Millionen Euro jährlich soll Sauerland dafür kassieren. Mindestens zwei Jahre mit Option auf Verlängerung will man kooperieren.

Stimmt die Summe, wäre das finanzielle Volumen des neuen Vertrags noch rund halb so groß wie beim zum Jahresende auslaufenden Deal mit der ARD, die die seit 14 Jahren bestehende Partnerschaft auf eigenen Wunsch beendet hat und in Zukunft nur ausgewählte Boxkämpfe zeigen möchte. Am 6. Dezember wird der letzte gemeinsame Kampfabend stattfinden. „Wir sind der ARD dankbar für die gute Zusammenarbeit, aber mit Sat.1 wollen wir neue Wege gehen. Vor uns liegen aufregende Zeiten“, sagte Kalle Sauerland.

Besonders wichtig war dem Platzhirschen unter den deutschen Promotern, dass der neue Partner nicht nur auf fertige Stars wie die Weltmeister Arthur Abraham (Supermittelgewicht), Jürgen Brähmer (Halbschwer) oder Yoan Pablo Hernandez (Cruiser) setzt, sondern auch die deutsche Nachwuchsgarde um den Hamburger Jack Culcay, Europameister im Halbmittelgewicht, und die Berliner Asse Enrico Kölling, Tyron Zeuge und Stefan Härtel populär machen möchte. Und auch die ausländischen Stars wie der Däne Mikkel Kessler oder der Brite George Groves, die bislang dank Sauerlands Auslandsvertretungen nur in ihren Heimatländern kämpften, sollen dem deutschen Boxpublikum näher gebracht werden. „Unsere Zusammenarbeit ist ein Meilenstein für den deutschen Boxsport. Wir wollen gemeinsam hochkarätige Kampfabende veranstalten, die Maßstäbe setzen“, sagte Sat.1-Geschäftsführer Zeljko Karajica.

Auf einen, der fest eingeplant war, müssen Sauerland und Sat.1 allerdings verzichten: Marco Huck. Es entbehrte nicht einer gewissen Ironie, dass der Mann, der in der vergangenen Woche für einen Paukenschlag gesorgt hatte, als er seinen Abschied von Sauerland zum Jahresende bekannt gab, zeitgleich zur launigen Adlon-Runde in der Zentrale des Bundes Deutscher Berufsboxer (BDB) in Kaltenkirchen saß, um seine eigenen Zukunftspläne zu konkretisieren. Der 29 Jahre alte WBO-Weltmeister im Cruisergewicht möchte sich ab sofort in Eigenregie vermarkten und hat dazu die in Berlin ansässige Firma Huck Sports Promotion gegründet. Geschäftsführer dort ist sein Bruder Kenan, 23, der seit vier Jahren die Vertragsverhandlungen für Huck führt.

Wie auch Sturm, der sich 2009 vom insolventen Hamburger Universum-Stall lossagte, tat sich Huck mit dem Hamburger Sportvermarkter Ufa Sports zusammen. Dessen Boxspezialisten Karsten Mahlmann und Philip Cordes sollen die Verhandlungen mit den Weltverbänden führen, Angebote sondieren und die bestmöglichen Gegner finden sowie die Durchführung der Kampfabende organisieren. „Nach zehn Jahren Partnerschaft mit Sauerland war es an der Zeit, etwas Neues zu versuchen. Ich möchte meinen eigenen Weg gehen“, sagte Huck, der künftig auch mit BDB-Lizenz in den Ring steigt. Sauerland arbeitet dagegen mit dem österreichischen Verband zusammen.

BDB-Präsident Thomas Pütz, der den Neuzugang an seinem Firmensitz in Kaltenkirchen mit warmen Getränken und ebensolchen Worten empfing, versprach Huck größtmögliche Unterstützung. Und die dürfte der Champion auch benötigen, schließlich gilt es in den kommenden Monaten etliche Baustellen zu schließen. So pocht Sauerland darauf, dass der zum Jahresende auslaufende Kontrakt sich wegen zweier Verletzungsausfälle bis Mai 2015 verlängert. Außerdem will man Trainer Ulli Wegner nicht für die Arbeit mit dem abtrünnig gewordenen Zugpferd freigeben. „Ich fände es schade, wenn man mir nach zehn Jahren Partnerschaft, die für beide Seiten sehr fruchtbar war, Steine in den Weg legt“, sagte Huck. Er wolle gern mit Wegner weiterarbeiten. „Aber natürlich schauen wir uns auch nach einem neuen Trainer um. Interessenten gibt es genug.“

Das gelte laut Mahlmann auch für die Suche nach einem TV-Partner und für Hucks nächste Gegner. Der erste Kampf der langfristig angelegten Zusammenarbeit soll im Frühjahr 2015 ausgetragen werden. Ob er im Cruisergewicht weitermachen oder ins Schwergewicht aufsteigen wird, will Huck von den Offerten abhängig machen. „Ich will die Besten der Welt boxen, jetzt habe ich die Freiheit, das zu tun“, sagte er.