Neuer Hamburger Basketballclub startet nach achten Wochen Vorbereitungszeit am Sonnabend in Gießen in die Zweite Bundesliga Pro A. Die Heim-Arena in Wilhelmsburg wird Ende November fertig.

Hamburg. Am Freitagnachmittag sind die Hamburg Towers mit einem gecharterten Reisebus aus ihrem Domizil im Wilhelmsburger Inselpark in die Zweite Bundesliga Pro A gestartet. Bei den Gießen 46ers geht der neu gegründete Club am Sonnabend (20 Uhr) das erste Mal in einem Punktspiel an die Körbe – ganz in Schwarz-Weiß.

Schlicht wie das gewählte Outfit, wie das gesamte Styling des Clubs, sind die Saisonziele. „Ich gehe davon aus, dass wir mit dem Abstieg nichts zu tun haben werden“, sagt Cheftrainer Hamed Attarbashi, 38. 16 Teams spielen in der zweithöchsten deutschen Basketball-Klasse. Die letzten beiden steigen in die Pro B ab, die ersten acht bestreiten die Play-offs um den Aufstieg in die Erste Bundesliga (BBL). Bescheidenheit haben sich die Towers nicht nur auf die Trikots geschrieben, ihr Auftreten ist von Sachlichkeit geprägt. „Wir sind nicht das zweite Bayern München“, sagt Pascal Roller, 37. Der ehemalige Nationalspieler, WM-Dritter 2002, EM-Zweiter 2005, ist einer von jetzt fünf Gesellschaftern. Ein Aufstieg in die BBL sei für die nächsten Jahre nicht vorgesehen. „Wir wollen jetzt die Basis schaffen, auf die wir in Zukunft aufbauen können. Wir planen langfristig und wollen uns zunächst mal in Hamburg etablieren.“ Bayerns Basketballer waren mit Unterstützung des damaligen Vereinspräsidenten Uli Hoeneß nach einem Neustart 2010 in der Pro A („Mission Aufstieg“) in der vergangenen Saison mit einem Etat um die zwölf Millionen Euro deutscher Meister geworden.

Die Startbedingungen der Towers dagegen könnten schwieriger nicht sein. Die Wildcard für die Pro A erhielt der Club erst Anfang Juni, die Sponsorensuche gestaltete sich entsprechend schwierig. Weil die Towers bis heute keinen Hauptsponsor gefunden haben, wurde der ursprünglich angedachte Einstieg in der BBL schon im Frühjahr aufgegeben. Mit einem Budget von geschätzten 750.000 Euro rangiert der Club in der Pro A im Mittelfeld. Zudem wird die neue Spielstätte frühestens Ende November fertig. Die ehemalige Blumenhalle der Internationalen Gartenschau 2013 in Wilhelmsburg (igs) wird derzeit für 13,5 Millionen Euro umgebaut. „Die Arbeiten liegen im Plan“, sagt Architekt Gernot Guzielski, zudem Vorsitzender des Pro-B-Clubs Rist Wedel, „wir haben nie einen anderen Termin kommuniziert.“

In den ersten Heimspielen passen maximal 2000 Zuschauer in die Halle

Gespielt werden soll in der künftigen Basketball-Arena aber schon am Sonntag, dem 19. Oktober (17 Uhr), gegen Leverkusen. „Bis dahin haben wir die Halle so weit hergerichtet, dass wir diese Begegnung mit Sondergenehmigungen gefahrlos durchführen können“, sagt Guzielski. Der Parkettboden wird gerade verlegt, die Tribünen aufgestellt, aber nicht alle 3000 Sitzplätze werden bis dahin installiert sein, maximal wohl 1500 bis 2000. In vielen Bereichen werde es in den ersten Wochen provisorische Lösungen geben. Ohnehin kalkuliert der Verein in dieser Saison nur mit einem Schnitt von 1000 Besuchern. „Wir lassen uns gerne von einem größeren Zuspruch überraschen, im Moment fehlen uns aber jegliche Erfahrungswerte“, sagt Jan Fischer, 33, ein weiterer Gesellschafter. Vorsichtshalber haben die Towers auch die Sporthalle Wandsbek für die ersten Heimspiele geblockt. Sie wäre jedoch Plan B, weil das Publikum von Anfang an an den für Hamburger immer noch schwierigen Standort Wilhelmsburg gewöhnt werden soll. Wegen der laufenden Bauarbeiten starten die Towers ohnehin mit vier Auswärtsspielen in Folge. Mehr waren nicht möglich.

Während die Arbeiten in der Arena dem äußeren Eindruck nach gemächlich vorangehen, herrscht nebenan auf der Geschäftsstelle der Towers am Kurt-Emmerich-Platz 2 Hochbetrieb. Roller ist mal wieder auf dem Sprung, hat Sponsorentermine, sein Handy klingelt ständig. Attarbashi steckt in der Vorbereitung auf das Spiel in Gießen, beantwortet nebenbei Mails und SMSs. Sieben eng beschriebene DIN-A4-Seiten Informationen über den Gegner erhält jeder Spieler von ihm, in Englisch wegen der drei Ausländer im Team. Für die Mannschaftsbesprechung hat er ein Video mit den wichtigsten Szenen auf sechs Minuten zusammengeschnitten. „Ich will meine Spieler am Anfang nicht überfordern“, sagt Attarbashi. Sonst wären es wohl 20 Blätter geworden.

Der gebürtige Hamburger, zuletzt Co-Trainer des BBL-Clubs Eisbären Bremerhaven, gilt als Liebhaber des Details. Bei der Auswahl des Kaders hat er höchste Sorgfalt walten lassen, unzählige Gespräche mit dem Umfeld der Spieler, deren Agenten, Trainern und Kollegen geführt. Die Mühe hat sich gelohnt. „Ich habe noch nie eine Mannschaft erlebt, in der die Chemie stimmt wie bei den Towers. Jeder hilft jedem, auf dem Feld und auch sonst“, sagt Power Forward Rob Ferguson, 29, der letzte Neuzugang. Marvin Willoughby, 36, ebenfalls Gesellschafter und Ex-Nationalspieler, überrascht das nicht: „Es ist niemand von außen in die Gruppe gekommen, weil es die vorher gar nicht gab. Das macht vieles einfacher.“

Attarbashi ist dann auch mit den ersten acht Wochen der gemeinsamen Arbeit hoch zufrieden: „Wir haben eine Mannschaft mit Herz, Leidenschaft und Zusammenhalt. Alle haben riesige Lust, besser werden zu wollen. Die Chance, in Hamburg erfolgreichen Profi-Basketball zu präsentieren, ist so groß wie nie.“