Kein Roger Federer, kein Novak Djokovic, kein Rafael Nadal: Im Endspiel der US Open fehlt die absolute Weltspitze. Dennoch verspricht das Duell des Japaners gegen den Kroaten großes Tennis.

New York. Marin Cilic gegen Kei Nishikori? Das klingt für Tennis-Outsider wie ein vielversprechendes Drittrunden-Match auf einem der mittelgroßen Außenplätze. Ist aber eine der bemerkenswertesten Finalkonstellationen der jüngeren Vergangenheit. An diesem Montag (23 Uhr MESZ) werden sich der 25 Jahre alte Kroate und der ein Jahr jüngere Japaner im Endspiel der US Open gegenüberstehen – und der Sieger wird in New York ein Stück Tennis-Geschichte schreiben.

Die zwei Überraschungsgäste im Finale greifen nach der ersten Grand-Slam-Krone ihrer Karriere. „Es wird ein spezieller Tag für uns beide“, sagte der Weltranglisten-16. Cilic nach seiner 6:3, 6:4, 6:3-Demontage des einstigen Branchenregenten Roger Federer. „Ich habe fast nichts erwartet, als ich hier angekommen bin. Jetzt bin ich glücklich, im Finale zu stehen und freue mich auf das, was kommt“, sagte Nishikori nach seinem 6:4, 1:6, 7:6 (7:4), 6:3-Erfolg gegen den Weltranglistenersten Novak Djokovic aus Serbien.

Etwa 350 Bewohner seiner japanischen Heimststadt Matsue hatten vor einem großen Fernseher mitgefiebert. „Jetzt muss er einfach die Nummer eins werden“, rief ein älterer Mann, nachdem Nishikori den Matchball verwandelt hatte – das erwartet nun die gesamte Nation. Mit ihren Halbfinalsiegen krönten die beiden Außenseiter ihre außergewöhnlichen Turnierwochen. Nishikori ließ sich noch Anfang August eine Zyste am rechten Fuß entfernen, musste für die Masters-Series-Veranstaltungen in Toronto und Cincinnati absagen und entschied sich erst im letzten Moment für den US-Open-Start.

Mit seinen beiden Marathon-Matches über fünf Sätze gegen Milos Raonic im Achtelfinale und Stan Wawrinka im Viertelfinale schlug sich die Nummer elf der Welt in die Herzen der Zuschauer und steht als erster Asiate überhaupt im Endspiel eines Grand-Slam-Turniers. Cilic vagabundierte relativ unbemerkt und unspektakulär durch die ersten Tage. Der Weltranglisten-16. musste im Achtelfinale gegen den Franzosen Gilles Simon über die volle Distanz gehen, und spätestens seit seinem Dreisatz-Sieg gegen Tomas Berdych im Viertelfinale war auch Federer vor dem 1,98 Meter großen Aufschlaghünen gewarnt.

„Ich habe es aus der Erinnerung gelöscht“

„Er hat sich extrem entwickelt“, sagte Federer über den Kroaten, der im vergangenen Jahr eine Dopingsperre absitzen musste. Beim Turnier in München war er im Frühjahr 2013 positiv auf das Stimulans Nikethamid getestet worden und erklärte den Befund mit der Einnahme von Glukosetabletten. Der Cas reduzierte seine ursprüngliche neunmonatige Sperre auf vier Monate. „Als ich zurückkam, habe ich es aus der Erinnerung gelöscht“, sagte Cilic.

So sehr sich die beiden Finalteilnehmer auf ihre historische Chance freuen und so gern die Zuschauer in New York mit den Außenseitern sympathisieren – ein Finale Federer gegen Djokovic hätten in Flushing Meadows (fast) alle lieber gesehen. Es klang zwar etwas gemein, was Fußball-Weltmeister Toni Kroos twitterte, aber Tennis-Outsider werden ihm zustimmen. „Muss man akzeptieren. Glückwunsch an @keinishikori und @cilicßmarin ! Respekt ! Finale schau ich trotzdem nicht“, schrieb der Real-Madrid-Profi.