Nach Satz zwei sah es nach einer klaren Sache für Djokovic aus, aber der Japaner kam zurück und schlug den „Djoker“ in vier Sätzen. Im Finale geht‘s nun gegen den Sieger des Duells Federer/Cilic.

Kei Nishikori hat im Big Apple ein weiteres Kapitel Tennis-Geschichte geschrieben: Der Japaner zog bei den US Open in New York als erster Asiate ins Endspiel eines Grand-Slam-Turniers ein. Im Halbfinale gelang ihm der bislang größte Sieg seiner Karriere – Nishikori bezwang den Weltranglistenersten Novak Djokovic 6:4, 1:6, 7:6 (7:4), 6:3. Nur noch ein Erfolg fehlt dem 24-Jährigen, um seine märchenhafte Reise in Flushing Meadows zu krönen.

„Ich weiß nicht, was hier abgeht“, sagte Nishikori überglücklich, nachdem er nach 2:52 Stunden seinen zweiten Matchball verwandelt hatte: „Ich war sehr angespannt, es war ja mein erstes Halbfinale bei einem Grand Slam. Es ist ein unglaubliches Gefühl, im Finale zu stehen.“

Am Montag trifft Nishikori entweder auf den fünfmaligen Titelträger Roger Federer aus der Schweiz oder den Kroaten Marin Cilic. Nicht nur in Japan fiebern die Menschen diesem Match entgegen.

„Sein Erfolg kann ganz Asien bewegen“, sagte Trainer Michael Chang. Der Amerikaner mit den taiwanesischen Wurzeln, 1989 selbst Sieger der French Open in Paris, ist ein wichtiger Baustein im System Nishikori. Seitdem Chang den ehemaligen Bollettieri-Schüler betreut, setzt dieser einen Meilenstein nach dem nächsten. Nachdem Nishikori als erster Japaner in den elitären Kreis der Top 10 eingezogen war, steht er nun kurz davor, die Phalanx der „Fantastischen Vier“ aufzubrechen.

Obwohl Nishikori mit 1,78 m zu den kleineren Spielern auf der Tour gehört, bringt er alle Voraussetzungen mit, um sich dauerhaft in der Spitze zu etablieren. Mit flinken Beinen, feiner Technik und vor allem beeindruckender Ausdauer spielte sich Nishikori durch das Turnier. Die Fünfsatzsiege gegen Milos Raonic und Stan Wawrinka steckte er scheinbar mühelos weg, die New Yorker Spätsommerhitze im Halbfinale mit Temperaturen von 35 Grad und extremer Luftfeuchtigkeit schien ihm nichts anhaben zu können.

Während Djokovics Chef-Coach Boris Becker auf der Tribüne schwitzte und sein Schützling immer weniger Energie aufbrachte, drehte Nishikori noch einmal auf. Im dritten Durchgang wogte die Partie hin und her, Nishikori schlug bei 5:3 zur Satz-Führung auf, Djokovic konterte. Der Tiebreak – und das Break zu Beginn des vierten Satzes – gaben der Partie den Drall in Richtung des Außenseiters. Djokovic fand nicht mehr zurück ins Match.

Der 27-Jährige verpasste damit sein fünftes US-Open-Finale nacheinander. Der Titel 2011 bleibt vorerst sein einziger in New York, der Wimbledonsieg im Juli vorerst sein einziger an Beckers Seite. Nach dem überraschenden Halbfinal-Aus bei den US Open seinen Einsatz im Davis Cup am kommenden Wochenende offengelassen. „Ich muss mit meinem Kapitän sprechen und schauen, ob ich in Indien spielen werde oder nicht. Ich weiß es noch nicht”, sagte Serbe.

Bereits am Sonntag greift Serena Williams nach einem historischen Sieg. Im Frauenfinale trifft die erfolgreichste Spielerin der Gegenwart (17 Grand-Slam-Siege) auf ihre gute Freundin Caroline Wozniacki. Ihr dritter US-Open-Triumph in Serie – es wäre ihr sechster insgesamt – würde die 32 Jahre alte Amerikanerin in den Rekordbüchern zu Martina Navratilova und Chris Evert aufschließen lassen.

Die Dänin Wozniacki steht dagegen erst zum zweiten Mal nach 2009 im Finale eines Grand Slam. Damals hatte sie ebenfalls in New York gegen die Belgierin Kim Clijsters verloren.