Der Hamburger wurde bei der Schwimm-EM in Berlin nur Achter über 50 Meter Schmetterling. Sein Bruder Markus Deibler kann es am heutigen Mittwoch im Finale über 200 Meter Lagen besser machen.

Berlin. Bei einem 50-Meter-Rennen kann alles passieren. Weltmeister werden durchgereicht, Olympiasieger starten zu früh – dass aber Deutschlands Medaillenhoffnung Steffen Deibler im EM-Finale über 50 Meter Schmetterling als Achter von acht Schwimmern ins Ziel kommt, damit hatte nun wirklich niemand gerechnet. 23,64 Sekunden stand da auf der Anzeigetafel hinter dem Namen des Hamburgers. 41 Hundertstel über seiner Jahresbestzeit. Eine Ewigkeit auf der Sprintdistanz – besonders eindringlich illustriert durch den Franzosen Florent Manaudou und den Weißrussen Yauhen Tsurkin, die nach exakt 23 Sekunden gleichzeitig als Erste anschlugen.

„Schlechtes Rennen, schlechte Zeit“, war alles, was seiner konsternierten Trainerin Petra Wolfram im ersten Moment dazu einfiel. Und auch dem sonst so wortgewandten Studenten fehlte jegliche Antwort auf das Warum. „Das lief von vorne bis hinten nicht“, sagte der Kurzbahn-Weltrekordler auf dieser Distanz. „Ich bin gar nicht richtig vorwärtsgekommen. Ich weiß auch nicht, weshalb.“ Was der 27-Jährige allerdings wusste, war: „Das war insgesamt einfach zu langsam.“ Und: „Ich kann viel schneller schwimmen.“

Vor dem Finale hatte Wolfram bereits die ersten beiden EM-Auftritte ihres Schützlings kritisiert: „Ich war mit beiden Rennen nicht ganz so zufrieden. Im Vorlauf hat er es vorne gut gemacht, im Halbfinale hinten raus“, befand Hamburgs Stützpunktleiterin. Deibler selbst sagte nach dem Endlauf, er habe versucht, die beiden Rennen zu kombinieren – sich aber offenbar das Schlechte aus beiden herausgepickt. Rückschlüsse von dem verkorksten Finale auf die weit wichtigeren Rennen über die 100 Meter Schmetterling am Freitag mochten im ersten Moment weder Deibler noch Wolfram ziehen.

Deibler wird mit Blick auf die Strecke, auf der er bei der WM 2013 in Barcelona als Erster wendete, aber als Vierter anschlug, nicht müde, darauf zu verweisen, wie stark das Feld auch bei der EM besetzt sei: „Sechs der Leute hier waren letztes Jahr im WM-Finale dabei.“

Nachdem Deibler gleich zu Anfang in Sachen Bestzeiten und Edelmetall auf der Strecke geblieben war, holte überraschend Jan-Philip Glania die ersten Medaille für den Deutschen Schwimm-Verband. Der 25-Jährige, der seit Kurzem bei Wolfram in Hamburg trainiert, fischte Bronze über 100 Meter Rücken aus dem mobilen Pool im Berliner Velodrom. Ein starker Schlussspurt sicherte dem nach 50 Metern noch hinter dem vorpreschenden Potsdamer Christian Diener auf Rang sechs liegenden deutschen Meister Rang drei hinter dem Briten Christoph Walker-Hebbron und Jeremy Stravius (Frankreich). „Ich habe momentan ganz gutes Stehvermögen, deswegen habe ich auf die letzten Meter spekuliert – und das hat ja ganz gut funktioniert“, sagte Glania.

Markus Deibler und Philip Heintz mit Medaillenchancen


Deutschlands Vorzeigeschwimmer Paul Biedermann machte nach seinem vermasselten EM-Start über 400 Meter Freistil ebenfalls keine Gefangenen. Schwamm er im Vorlauf noch von vorne weg geradewegs ins abendliche Halbfinale, rollte er dort in gewohnter Manier das Feld von hinten auf und kraulte mit starken 1:46,69 Minuten als Schnellster ins heutige Finale. Auch Frankreichs Superstar Yannick Agnel stellte sich nach dem ebenfalls verpassten 400-Meter-Finale besser an. In 1:47,90 Minuten zog der Doppel-Olympiasieger als Siebter in das Rennen der besten acht ein.

Für Team Deibler könnte heute Steffens Bruder Markus Deibler die erste internationale Einzelmedaille ergattern. Über 200 Meter Lagen führt der 24-Jährige seit den deutschen Meisterschaften Anfang Mai die kontinentale Bestenliste an, wurde anschließend jedoch von einem hartnäckigen Infekt in der EM-Vorbereitung gebremst. Halb so wild, findet der Eiscreme-Entrepreneur. „Der Zeitpunkt war nicht optimal, aber es ist jetzt auch nicht so schlimm“, sagte der jüngere Deibler, der in seiner Karriere schon deutlich schlimmere Trainingsjahre erlebt hat. „Diese Saison hatte ich so wenig Ausfall wie noch nie. Das meiste Training war da dann eh schon passiert.“

Am heutigen Mittwoch (18 Uhr, ARD) könnte er, der sich als Halbfinal-Dritter in 1:59,43 Minuten hinter Nationalmannschaftskollege Philip Heintz (1:58,17) und Titelverteidiger Laszlo Cseh (1:58,00) für den Endlauf qualifizierte, Europas Lagen-Dauerbrenner Cseh (Ungarn) auf dessen Weg zum fünften 200-Lagen-Titel in Folge ärgern. In Titel-Dimensionen will der Hamburger selbst nicht denken. Lieber in Bestzeiten: „Wenn ich deutschen Rekord schwimme, dann denke ich, habe ich eine Medaille“, sagte der deutsche Meister – und fügte grinsend hinzu: „Ich weiß noch nicht, wie ich es machen soll, aber ich werde es es auf jeden Fall probieren.“