Die Hamburger Brüder Steffen und Markus Deibler filmen für ihren YouTube-Kanal. Jacob Heidtmann, der dritte Hamburger EM-Starter, führt die Kamera.

Hamburg. Immer wieder spielt Markus Deibler während des Termins in der Schwimmhalle des Olympiastützpunktes Hamburg mit einer kleinen Kamera herum. Er hält sie seinem Bruder Steffen ins Gesicht, springt anschließend mit ihr ins Wasser und filmt seinen Kollegen Jacob Heidtmann beim Training. Er schnallt sich die Kamera an den Kopf und nimmt seine eigenen Bewegungen unter Wasser auf.

Die Kamera ist eine GoPro, ein wasserdichter Actioncamcorder – und das neue Lieblingsspielzeug von Markus Deibler. Zwei Tage später hat er die Aufnahmen zusammengeschnitten, mit Musik unterlegt, das Video auf seinem YouTube-Kanal hochgeladen und über Facebook und Twitter gestreut. Deibler TV heißt das Onlineformat, das er mit seinem Bruder betreibt. Und das 95 Sekunden lange GoPro-Video ist die persönliche Einstimmung der drei besten Hamburger Schwimmer auf die am Montag beginnenden Beckenwettbewerbe der Schwimm-EM in Berlin. „Uns macht das Spaß und gibt uns die Möglichkeit, mit unseren Fans in Kontakt zu sein“, sagt Markus Deibler.

Ab sofort gilt die Konzentration aber dem Sport. Hamburgs Topschwimmer wollen auf der 50-Meter-Langbahn um Medaillen schwimmen. „Wenn es gut läuft, komme ich in die Nähe meiner Bestzeiten. Und dann werde ich auch gut platziert sein“, sagt Steffen Deibler, 27. Er steigt am Montag das erste Mal auf den Startblock. Der Vorlauf über 50 Meter Schmetterling dürfte dem Weltrekordler auf der 25-Meter-Kurzbahn wenig Probleme bereiten, am Dienstag will Deibler nach dem Finale aufs Podest. Es wäre die erste Langbahn-Medaille bei einer internationalen Meisterschaft für einen der Deibler-Brüder. „Größere Chancen hat Steffen allerdings über die 100 Meter Schmetterling“, sagt Trainerin Petra Wolfram. Dieses Finale steigt am Donnerstag.

Am Abend zuvor tritt Markus Deibler über seine Spezialstrecke 200 Meter Lagen an. „Ich fühle mich ganz gut“, sagt der 24-Jährige, der zuletzt von einem grippalen Infekt zurückgeworfen wurde. Genau wie Heidtmann. Der verpasste sogar drei Wochen Vorbereitung. Rechtzeitig zur EM ist der 19-Jährige, der aus Verbundenheit zu seinem Heimatverein für das Schwimmteam Stadtwerke Elmshorn antritt, wieder bester Verfassung. Durch den Rückschlag sei die Erwartungshaltung aber gering. Seine Paradestrecke 400 Meter Lagen könne er jetzt ganz locker angehen. „Ich mache mir keinen Druck“, sagt Heidtmann, der am Sonntag an der Reihe ist.

Zuvor wird er an der Seite der Deibler-Brüder im Einsatz sein: als Kameramann. Wenn Steffen und Markus für ihren YouTube-Kanal ihre beliebten Interviews führen, hält Heidtmann, sofern er in der Nähe ist, die Handykamera. „Das macht er gut“, sagt Steffen. Ohnehin habe sich Heidtmann hervorragend in die Trainingsgruppe eingefügt. Wenngleich er als Jüngster häufiger für die Scherze der „Großen“ herhalten muss. Als Heidtmann sein Handy kürzlich unbeaufsichtigt liegen ließ, nutzte Markus Deibler die Gelegenheit, machte eine Selbstporträt und stellte es als Heidtmanns Profilbild ein. „Das ist normale Erziehung, da muss ich durch“, sagt Heidtmann und lacht.

Gemeinsam wollen die drei nun in Berlin für Furore sorgen. „Das Velodrom ist für uns alle neu“, sagte Steffen Deibler über das 12.000 Zuschauer fassende Radstadion, in das ein mobiles Becken eingelassen wurde. Für die Berliner ist das so etwas wie eine Generalprobe für mögliche Olympische Spiele, um die sich auch Hamburg bewerben will. Trotz der Verbundenheit zu Berlin vertritt Steffen Deibler in dieser Hinsicht aber eine klare Ansicht: „Olympia in Hamburg, das wär’s doch! Auch wenn die Spiele für mich zu spät kämen.“

Für Heidtmann wäre Olympia 2024 in Hamburg eine Vision. Aber daran will der künftige Student der Politikwissenschaften nicht denken. Das große Ziel, das gilt auch für die Deiblers, sind die Spiele 2016 in Rio. „Ich bin dann 29“, sagt Steffen Deibler, „ich habe noch Reserven, und es gibt noch viel, an dem ich arbeiten kann.“ Auf der Homepage der Brüder tickt bereits der Countdown für Brasilien. „Für uns alle ist Rio das große Karriereziel“, sagt Markus Deibler.

Bis dahin könnte eine Einzelmedaille in Berlin der größte Erfolg in der Karriere der Brüder werden. Bundestrainer Henning Lambertz setzt bei der Medaillenjagd besonders auf die Künste Steffen Deiblers. Sechs bis acht Plaketten seien für das DSV-Team im Becken realistisch. „Wenn alle Sterne wirklich mal gut stehen und das abgerufen wird, was drauf ist, ist auch so eine Zahl nicht komplett unrealistisch“, sagt Lambertz.

Sollten Steffen als auch Markus eine Medaille gewinnen, dürften sich ihre Fans mit Sicherheit auf ein neues Video auf Deibler TV freuen. Der potenzielle Kameramann wird auf jeden Fall in der Nähe sein.