Nibali setzte sich auf der zehnten Etappe mit einer Bergankunft gegen die Konkurrenz durch. Es war der zweite Etappensieg für den Italiener. Mitfavorit Alberto Contador stieg nach einem Sturz aus.

Champagney. Alberto Contadors Traum vom dritten Tour-Titel löste sich im Nebel der Vogesen in Luft auf, Vincenzo Nibalis Griff nach dem ersten Gesamtsieg nimmt dagegen immer konkretere Formen an: Fünf Tage nach Titelverteidiger Christopher Froome ist im zweimaligen Tour-Sieger Contador der zweite Top-Favorit der Frankreich-Rundfahrt zum tragischen Opfer eines Sturzes geworden und verletzt ausgestiegen. Im Kampf um die Gesamtwertung läuft nun alles auf eine One-Man-Show des Italieners Nibali hinaus.

Einen ersten Vorgeschmack gab der 29 Jahre alte Kapitän des Teams Astana auf der schwierigen zehnten Etappe von Mühlhausen zur Bergankunft in La Planche des Belles Filles. Nibali düpierte die Konkurrenz auf der bis zu 20 Prozent steilen Rampe ins Ziel und schlüpfte nach seinem zweiten Tour-Tagessieg erneut ins „Maillot jaune“. Die Frankreich-Rundfahrt scheint bereits vor der ersten Hochgebirgsetappe entschieden, der Australier Richie Porte (Sky) hat als Zweiter des Gesamtklassements 2:23 Minuten Rückstand.

Ein Bild des Jammers bot dagegen Contador. Der 31-jährige Spanier kam am französischen Nationalfeiertag in der Abfahrt vom Petit Ballon schwer zu Fall, suchte zunächst noch einmal den Anschluss, stieg aber gut 80 Kilometer vor dem Tagesziel vom Rad. Der Kapitän des Teams Tinkoff-Saxo nahm zuvor noch seinen Mannschaftskollegen Michael Rogers (Australien) kurz in den Arm und gab ihm einen aufmunternden Klaps auf die Schulter, bevor er in der Abfahrt vom Markstein an die rechte Straßenseite fuhr und anhielt. Danach stiegt er tief betrübt in das von Sportdirektor Bjarne Riis gelenkte Teamfahrzeug.

„Großer Verlust für die Tour de France“

„Er ist ernsthaft am Knie verletzt, der Sturz war dramatisch. Bevor er ausstieg, hat er gesagt, dass er unglaubliche Schmerzen habe und nicht mehr weiter kann. Wir sind unendlich traurig“, sagte Philippe Mauduit, Sportlicher Leiter bei Tinkoff. Aufmunternde Worte fand sein Rivale und Leidensgenosse Froome. „Großer Verlust für die Tour de France. Erhole dich gut, ich hoffe, ich sehe dich bei der Vuelta“, schrieb der Brite via Twitter.

Nibali, Giro-Sieger von 2013, dürfte angesichts des Fehlens der beiden Hauptdarsteller und ernsthafter Konkurrenten kaum noch zu nehmen sein. Rund vier Kilometer vor dem Ziel machte der Sizilianer erstmals ernst und ließ das augedünnte Hauptfeld mühelos stehen. Auf den letzten Metern flog er dann am Spanier Joaquim Rodriguez (Katjuscha) vorbei und wiederholte seinen Triumph der zweiten Etappe.

Am Dienstag steht der erste Ruhetag der Tour an

Ein Sonderlob verdiente sich erneut auch Zeitfahr-Weltmeister Tony Martin. Einen Tag nach seinem fulminanten Soloritt zum Etappensieg in Mühlhausen glänzte der 29-Jährige als Edelhelfer für den Polen Michal Kwiatkowski. Im Alleingang fuhr Martin auf dem Weg zum Petit Ballon, dessen Abfahrt zu Contadors Verhängnis wurde, das Loch zu einer Fluchtgruppe zu, die sich bereits einen Vorsprung von rund drei Minuten erarbeitet hatte.

In der Folge bolzte Martin an der Spitze der Fluchtgruppe unerbittlich Tempo, erst 20 km vor dem Ziel am Col des Chevrères ging dem kämpferischsten Fahrer des Tages die Puste aus. Kwiatkowski zog das Tempo an und duellierte sich mit Rodriguez, musste aber auf dem Schlussanstieg abreißen lassen. Am Dienstag heißt es für das Peloton Kräfte sammeln und Wundenlecken. Am ersten Ruhetag der Tour stehen ausgiebige Massagen und nur kürzere Trainingsausritte auf dem Programm. Am Mittwoch führt die elfte Etappe über 187,5 km von Besancon nach Oyonnax.