Vor dem Spiel gegen Gastgeber Niederlande setzen sich die deutschen Hockey-Herren selbst unter Druck: Nach der 0:1-Pleite gegen Argentinien kann sich das Team von Trainer Markus Weise keine Niederlage mehr leisten.

Den Haag. Markus Weise versuchte gar nicht erst, diplomatisch zu sein. „Wir haben die Niederlage verdient“, so lautete der Satz, mit dem der Bundestrainer nach der 0:1-Pleite der deutschen Hockeyherren im zweiten WM-Gruppenspiel gegen Argentinien seine Analyse einleitete. Der Spielaufbau sei fürchterlich gewesen, die Kreativität habe seinem Team völlig gefehlt, aus den rund 80 Prozent Ballbesitz habe man viel zu wenig gemacht. „Viele Kleinigkeiten haben sich zu einem schlechten Ganzen zusammengetan. Wenn wir so weiterspielen, werden wir nicht mehr viel gewinnen“, sagte Weise, um einen entscheidenden Schlusssatz nachzuschieben: „Ich denke, wir werden schon gegen Holland anders auftreten.“

Das allerdings ist am Freitag (19.45 Uhr) im nächsten Gruppenspiel gegen die Gastgeber dringend vonnöten, will der Olympiasieger und Europameister, der sein Auftaktspiel 4:0 gegen Südafrika gewonnen hatte, nicht das Halbfinale aus den Augen verlieren. Die Leistung gegen die Südamerikaner gab Anlass zur Sorge, insbesondere darüber, ob sich die vielen verletzungs- und berufsbedingten Ausfälle während der Vorbereitung nicht doch störender ausgewirkt haben, als es Weise und seine Spieler zugeben wollten.

Gegen die konter- und abwehrstarken, aber im Spielaufbau biederen Argentinier fehlten Dynamik und Spielwitz, um den Dauerdruck zu erzeugen, der zum Knacken des weiß-blauen Bollwerks nötig gewesen wäre. Keine einzige Strafecke konnten die Deutschen erzwingen, klare Torchancen gab es maximal zwei. Den Gauchos dagegen genügte eine Halbchance, um durch einen vom Berliner Abwehrchef Martin Häner abgefälschten Schuss von Manuel Brunet (31.) drei Punkte einzufahren.

„Es war ein Witz, was wir aus unserem Ballbesitz gemacht haben“, schimpfte Torjäger Florian Fuchs vom Uhlenhorster HC, der wie seine Sturmkollegen kaum verwertbare Bälle bekam, „spätestens jetzt müssen wir aufgewacht sein und wissen, dass wir anders spielen müssen, um erfolgreich zu sein.“ Mut darf das deutsche Team aus der Tatsache schöpfen, dass es bei großen Turnieren regelmäßig ein schwaches Spiel macht, aus dem dann wichtige Lehren gezogen werden. „Wenn uns das jetzt wieder gelingt, ist alles gut, aber darauf darf man sich nicht verlassen. Heute hatten wir vier, fünf Ausfälle, und wenn der Rest auch nicht 100 Prozent erreicht, kann man Argentinien nicht schlagen. Wir müssen das heutige Spiel analysieren und dann schauen, dass wir gegen die Holländer alle mit 100 Prozent auftreten“, sagte Kapitän Max Müller vom Nürnberger HC.

UHC-Mittelfeldmotor Jan-Philipp Rabente ergänzte: „Ab jetzt ist jedes Spiel wieder ein K.-o.-Spiel, aber wir kennen das und sind in solchen Spielen meist in Topform. Deshalb mache ich mir noch keine Sorgen.“ Die beiden spielfreien Tage will Weise nutzen, um die Mannschaft in Ruhe auf die drei verbleibenden Gruppenspiele gegen die Niederlande, die starken Neuseeländer und Südkorea einzustellen. Schon ein weiterer Ausrutscher könnte das Aus im Titelrennen bedeuten. Der Bundestrainer weiß das. Er ist zwar kein Diplomat, aber dafür ein Realist.