Der Ire Michael Duffy, der am Freitag auch die zweite Qualifikation gewonnen hat, ist mit 19 Jahren der jüngste Teilnehmer im Feld. „Ich weiß, im Finale wird noch mehr verlangt“, sagte Duffy nach der Siegerehrung.

Hamburg. Zwar kommt beim Deutschen Derby fast immer alles ganz anders, als die meisten vorher denken, dennoch ist die Favoritenlage vor der 85. Vergabe des Blauen Bandes auf dem Papier klar: Der Ire Michael Duffy, mit 19 Jahren jüngster Teilnehmer, gewann im Sattel der Fuchsstute Westland Ruby am Freitag nach der ersten auch die zweite Qualifikation. Fast zehn Sekunden Vorsprung vor den anderen acht fehlerfreien Reitern beeindruckten. Auf den Plätzen folgten mit Philipp Makowei auf Chantal und dessen Schwager Thomas Kleis (For Success) zwei Vertreter der chancenreichen Mecklenburger Riege. Kleis, Derbysieger von 2009, schaffte sogar das Bravourstück, Quick Vainqueur als zweites Pferd mit null Fehlern über den Kurs zu steuern.

„Ich weiß, im Finale wird noch mehr verlangt“, sagte Gewinner Duffy nach der Siegerehrung der mit 24.000 Euro dotierten Prüfung. „Mein Pferd jedoch ist ungemein schnell und eine echte Kämpferin.“ 17.000 Zuschauer quittierten den Husarenritt des Iren mit starkem Applaus. Im Gegensatz zum Himmelfahrtstag führte der Weg über den Großen Wall, das Meistern besonders schwieriger Hindernisse wie Pulvermanns Grab oder den Irischen Wällen indes wird erst Sonntag verlangt.

„Traditionell kommt es im Derby auf Erfahrung und Nervenstärke an“, bilanzierte Achaz von Buchwaldt, mit Wendy und Lausbub Derbysieger der Jahre 1982 und 1996. An dieser Routine könnte es Michael Duffy im entscheidenden Moment mangeln. Oder führen ihn Wagemut wie jugendliche Unbekümmertheit zum ganz großen Coup?

Spannend wird es in jedem Fall, denn auch Mitfavoriten wie Nisse Lüneburg oder Holger Wulschner blieben fehlerfrei. Da Andre Thieme und Carsten-Otto Nagel nur einmal patzten, ist auch für sie alles möglich. Dagegen musste Altmeister John Whitaker aus England mit seinen beiden Teilnehmern aufgeben. Ebenfalls nicht an den Derby-Absprung geht Lokalmatadorin Janne Friederike Meyer. Nach einem starken Auftritt mit Luke McDonald in der ersten Qualifikation am Himmelfahrtstag entschied sich die in Schenefeld lebende Hamburgerin am Freitag, auf den zweiten Durchgang zu verzichten. „Ich traue uns das noch nicht zu“, sagte sie. „Luke ist ein tolles, aber unerfahrenes Pferd.“ Am drei Meter hohen Wall fehlten ihm Sicherheit und Routine. „Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, versprach sie, „wir greifen im kommenden Jahr wieder an.“

Einen großen Auftritt wird Janne Meyer nach ihrer Teilnahme im Finale des Youngster-Cups auf dem siebenjährigen Hengst Codex am Sonnabendvormittag dennoch haben: Im Anschluss an den ersten Umlauf der Global Champions Tour wird ihr Crack Cellagon Lambrasco in großem Stil auf dem Parcours verabschiedet. Der 16-jährige Holsteiner Wallach, genannt Mops, wird seinen Ruhestand nach einer schweren Sehnenverletzung auf den Wiesen des Elternhauses Meyer in Nottfeld im Kreis Schleswig-Flensburg verbringen. Vor der Abschiedszeremonie werden im Derbypark weiße Taschentücher zum Winken an die Besucher verteilt, um einem großartigen Springreitpferd würdig Lebewohl zu sagen.

Nicht nur aus sportlichen Gründen keimt also Vorfreude auf das Derbywochenende. Sportlicher Höhepunkt am Sonnabend ist die mit 285.000 Euro dotierte Global Champions Tour ab 13.30 Uhr mit zwei Umläufen plus Stechen. Um 17.30 Uhr startet das beim Publikum besonders beliebte Speed-Derby, bei dem Musik und Tempo Trumpf sind.

Das 56. Deutsche Dressurderby beginnt am Sonntag um 11 Uhr, das 85. Deutsche Derby um 13.50 Uhr. Die Tribüne ist ausverkauft; Stehplätze sind noch ausreichend zu haben. Wer nicht nach Klein Flottbek kommt, kann am Fernseher dabei sein. N3 ist von 14.15 bis 15.15 Uhr dabei, bevor die ARD von 15.35 bis 16.50 Uhr auf Sendung geht.

Die Stimmung am Parcours, aber auch auf dem vergrößerten Ausstellungsgelände und im „Kinderparadies“ mit Hüpfburgen und Strohballen zum Herumtoben ließ die Zufriedenheit des Publikums erahnen. Um Genaueres zu erfahren, wurde ein Meinungsforschungsinstitut beauftragt, dessen Mitarbeiter auch in diesen Tagen auf der Anlage unterwegs sind. Im Vorjahr wurden 985 Besucher befragt. Das Ergebnis brachte auch Überraschungen. So erlebte 2013 ein Drittel der Besucher seine Flottbeker Premiere; im Schnitt jedoch waren die Gäste bereits fünfmal vor Ort. Die durchschnittliche Anreise der auswärtigen Gäste betrug 160 Kilometer. Ein Viertel aller Besucher nutzt das Springreiten zu Hotelbuchung und 45 Prozent zum Einkaufen. Im Schnitt geben die auswärtigen Besucher in der Hansestadt 329 Euro aus. Insgesamt meinen 86 Prozent, die Veranstaltung sei wichtig für Hamburg, weil es die internationale Reputation steigere.

Diesen Nimbus wird das Deutsche Derby an diesem Sonntag weiter nähren. Und vielleicht gewinnt mit Michael Duffy und Westland Ruby ein Gespann, das vor ein paar Tagen kaum jemand auf der Rechnung hatte.