Der Hamburger Halbmittelgewichtler Jack Culcay trifft an diesem Sonnabend in Oldenburg auf den Argentinier Guido Nicolas Pitto, der ihn im April besiegt hatte. Mit einem Erfolg will er zurück auf WM-Kurs.

Hamburg. Dreimal hat er ihn sich in voller Länge angeschaut, diesen Kampf, der seine Karriere ins Stocken gebracht hat. Er hat einiges gesehen, über das er sich geärgert hat, und vieles, was er anders machen muss an diesem Sonnabend (22.20 Uhr/ARD), wenn in der Oldenburger EWE-Arena der Rückkampf gegen Guido Nicolas Pitto ansteht. Und auch wenn Jack Culcay der Meinung ist, dass er das erste Duell mit dem 26 Jahre alten Argentinier nicht verloren hat, so wie es in seinem Kampfrekord steht, so weiß der Halbmittelgewichtler vom Berliner Sauerland-Team eines ganz genau: „Ich muss den Rückkampf überzeugend gewinnen, und dafür muss ich einiges besser machen als beim ersten Aufeinandertreffen.“

Gemeinsam mit seinem Trainer Fritz Sdunek und seinem Manager Moritz Klatten hat der gebürtige Ecuadorianer analysiert, was falsch gelaufen ist am 27. April in der Sporthalle Hamburg. Zwei Hauptgründe für die Niederlage hat Culcay ausmachen können. Der eine liegt im privaten Bereich, er will das öffentlich nicht ausführen. Der zweite ist in der Trainingssteuerung zu verorten. Weil er ursprünglich im März kämpfen sollte, hatte Culcay bereits im Januar mit der intensiven Vorbereitung begonnen. Dann wurde der Kampf auf Ende April verschoben. „Ich war deshalb übertrainiert, habe schon im Sparring gemerkt, dass mir die Power fehlt“, sagt er. Hinzu kam ein verrenkter Hals, der ihn eine Woche Sparringsphase kostete.

All das will der Amateurweltmeister von 2009 indes nicht als Ausrede verstanden wissen. Er hat diese Erklärungen für sich selbst gesucht und gefunden, um die erste Niederlage seiner Profikarriere verarbeiten zu können. Dennoch gibt er die Hauptschuld an der überraschenden Punktniederlage sich selbst. „Ich habe viel zu verkrampft geboxt, habe mich schlecht bewegt und konnte die Körperhaken nicht so schlagen wie gewohnt. Mein Kopf hat gesagt: ‚Tu etwas!’, aber mein Körper war nicht in der Lage“, gibt er offen zu.

Die Konsequenzen, die das Team gezogen hat, sind mehrschichtig. Zum einen hat Culcay sich vorgenommen, das Rematch aggressiver anzugehen. „Jack braucht Aggressivität, um die entscheidenden Treffer zu setzen. Die hat ihm im ersten Kampf völlig gefehlt“, sagt Manager Klatten, der auch das Kraft- und Athletiktraining leitet. „Ich muss die Punktrichter mit harten, deutlichen Treffern überzeugen und darf mich gar nicht treffen lassen, noch nicht einmal auf die Deckung, denn jeder Treffer ist gefährlich“, sagt Culcay. Um die Punktrichter nicht gegen sich aufzubringen, sind auch die Mätzchen mit hängender Deckung, mit denen Culcay bei den Amateuren seine Gegner lockte, fortan verboten. „Das kann man nur machen, wenn man den Gegner eindeutig dominiert. Jack muss sich erst einmal darauf konzentrieren, dass er seine Linie voll durchzieht“, sagt Klatten.

Desweiteren hat Sdunek in der athletischen Vorbereitung größeren Wert auf Ausdauertraining gelegt. Mit seinem berüchtigten Cooper-Test – zehnmal 800 Meter in je drei Minuten mit einer Minute Pause laufen, oder so viel Strecke wie möglich in einer bestimmten Zeit zurücklegen – ermittelte der Trainerfuchs die Ausdauergrundlagen seines neuen Schützlings, und fand dort Verbesserungspotenzial. Dass die beiden erstmals eine komplette Vorbereitung gemeinsam bestreiten, nachdem Sdunek vor dem ersten Pitto-Kampf kurzfristig den bisherigen Chefcoach Ismael Salas ablöste, soll ebenfalls zu mehr Sicherheit beitragen. „Wir arbeiten gezielter, das gefällt mir sehr gut“, sagt Culcay. Sdunek hat zudem Artur Grigorian, seinen Assistenten aus früheren Universum-Zeiten, in die Pratzenarbeit eingebunden. „Durch seine Schnelligkeit kann Artur mir dabei sehr viel helfen“, sagt Culcay.

Der Karriereplan des 27-Jährigen hatte für Ende dieses Jahres einen Anlauf auf den EM-Titel und für 2014 die Attacke auf einen WM-Gürtel vorgesehen. Dass dieses Vorhaben durch die unerwartete Niederlage über den Haufen geworfen wurde, hat Manager Klatten schon gewurmt. „Ein makelloser Rekord ist sicherlich besser, und ein Boxer mit Jacks Ambitionen sollte eigentlich nicht innerhalb der ersten 15 Kämpfe verlieren. Aber ich sehe es so, dass er jetzt eine Ehrenrunde gedreht und Erfahrungen gesammelt hat. Und wenn er das Rematch überzeugend gewinnt, dann ist er wieder voll in der Spur.“

Dass ihm ein deutlicher Sieg gelingt, daran zweifelt Culcay keine Sekunde. „Ich verspüre keinen besonderen Druck, sondern vielmehr Vorfreude, weil ich die Chance bekomme zu beweisen, dass ich Pitto klar besiegen kann“, sagt er. „Niederlagen haben auch eine gute Seite, ich habe daraus viel gelernt. Aber mein Traum vom WM-Titel ist deshalb ja nicht zu Ende. Im Gegenteil: Ich bin heißer darauf als je zuvor!“ Pitto soll das zu spüren bekommen, damit Jack Culcay die Aufzeichnung des zweiten Duells mit wesentlich mehr Vergnügen anschauen kann.