Maximilian Buhk, 21, aus Dassendorf, Deutschlands Nachwuchs-Rennfahrer des Jahres, gewann schon in Spa und am Nürburgring. Jetzt greift er im Mercedes SLS GT3 wieder an.

Hamburg. Wenn Maximilian Buhk im Hamburger Automuseum Prototyp zwischen den fragilen und bildschönen Rennwagen vergangener Tage flaniert, wächst die Bewunderung für seine Vorvorgänger, die Rennfahrer früherer Jahrzehnte. „Unsere Autos sind doch wesentlich komfortabler“, sagt der 21-Jährige. „Früher war das Fahren ohne Servolenkung, mit Kuppeln und Zwischengas viel anstrengender als heute.“ Und längst nicht so sicher.

Maximilian Buhk aus Dassendorf, ein junger Mann mit Jockeyfigur, 1,68 Meter groß und 55 Kilo schwer, ist derzeit Hamburgs erfolgreichster Autorennfahrer. Im vergangenen Jahr gewann er in einem Mercedes SLS der GT3-Kategorie die Klassiker 1000 Kilometer auf dem Nürburgring und 24 Stunden von Spa, holte den Titel der Langstreckenmeisterschaft Blancpain Endurance Series und wurde folgerichtig zum ADAC-Juniormotorsportler des Jahres gewählt. Eine Wahl, die nicht anzuzweifeln ist. „Vielleicht“, denkt er im Automuseum, „steht ein Auto, das ich fahre, in 50 Jahren auch mal hier.“

Buhks Karriere war vorgezeichnet. Sein Großvater startete bei der Rallye Monte Carlo, sein Vater fuhr Formel-3-Rennen. Doch der kleine Maxi wollte erst einmal lieber Fußball spielen. Erst als seine Eltern seinen Bruder Lucas zum Kartfahren begleiteten, hatte auch Maximilian keine Lust mehr – und begann als Zehnjähriger mit den Rundstreckenrennen.

Aus dem schönen Spaß wurde irgendwann mehr. Doch Motorsport ist nun einmal teurer als Fußball, da reichen ein paar Schuhe und ein Ball nicht. „Meine Familie konnte sich nicht in Bedrouille bringen, nur um mir den Sport zu finanzieren.“ Gerade in der Motorsport-Diaspora im Norden, weit weg von den Rennstrecken im Westen und Süden der Republik, ist es schwierig, Sponsoren zu finden. „Man kennt halt nur die Formel 1, im glücklichsten Fall die DTM. Da muss man Glück haben, gute Partner zu finden.“ Und das gelang: Zwei Jahre lang lernte Maximilian Buhk in den 150 PS starken Mini-Rennwagen der Formel ADAC – mit einem Jahresetat jenseits der 50.000 Euro. Und als er erfuhr, dass er eine Schikane am Nürburgring am schnellsten von allen durchfuhr, waren alle Selbstzweifel verschwunden. Buhk wusste, dass er es kann.

Vor etwas mehr als zwei Jahren stand er an der entscheidenden Wegkreuzung seiner Karriere. Formel 3, der logische Aufstieg in Richtung Formel 1, oder Tourenwagen, Autos mit Dach? Als Maximilian Buhk zu diesem Zeitpunkt Norbert Brückner kennenlernte, den umtriebigen Teamchef von HTP Motorsport und heute väterlichen Freund, stand der weitere Weg schnell fest. Buhk setzte sich in den Mercedes SLS, der kleine Mensch versank beinahe in der gewaltigen Masse Auto, 1,3 Tonnen schwer, 600 PS stark, 300 km/h schnell. Und doch war es „als hätte ich einen Schalter umgelegt“, erzählt er. Als er in Hockenheim das erste Mal richtig aufs Gaspedal trat, wusste er: „Das ist es.“ Der Dassendorfer, der die Höhere Handelsschule absolvierte, wurde zum Vollprofi. Inzwischen, sagt der Brillenträger, der im Rennen auf die Sehhilfe verzichtet, „passt das Auto wie ein Handschuh“. Den gleichen Wagen fährt er, mit kleinen Verbesserungen, noch heute.

Die Erfolge bestätigten das Gefühl. Gleich im ersten Rennen, den 24 Stunden von Dubai, fuhr er als Zweiter aufs Podium. Weil irgendwann von vier gemeldeten Fahrern nur noch zwei übrig waren, fuhr Neuling Buhk zusammen mit Altmeister Bernd Schneider, 49, die meisten Runden. „Ungefähr zehn Stunden“ habe er im Auto gesessen. Am Ende der ersten Saison war er zusammen mit Dominik Baumann GT3-Europameister.

Und 2013 lief noch besser mit den Siegen in Spa („Meine Lieblingsrennstrecke, sieben Kilometer Achterbahn in der Natur“) und am Nürburgring. Aber wer gewinnen will, muss auch verlieren lernen. Im Finale des GT-Masters in Hockenheim erlebte Buhk sein bislang größtes Debakel. „Es lief alles nach Plan in Hockenheim. Ich musste das Auto nur ins Ziel bringen, selbst ein zweiter Platz hätte gereicht. Dann kam da diese Fehlermeldung…“ Weil GT3-Rennwagen anders als die Formel 1 keine Telemetrie haben, funkte er an die Box: „Ich habe gerade ein großes Problem.“ Das hilflose Team riet ihm, das Auto bis zum nächsten Boxenstopp zu retten. Doch dann löste sich der Motor mit einem Knall in einer weißen Rauchwolke auf. „Das war wie ein Schlag ins Gesicht“, erinnert sich der Rennfahrer, der sich der Tränen unter seinem orange-gelben Helm nicht schämte. „Ich wollte mich am liebsten verkriechen.“ Doch schon bald hatte er, das ist eine seiner Stärken, die Situation analysiert: „Wer weiß, vielleicht war es gut, dass wir in diesem Jahr nicht alles gewonnen haben.“

Immerhin: Juniormotorsportler des Jahres ist Maximilian Buhk trotzdem geworden. Auf der Siegerliste dieser Auszeichnung stehen auch die Formel-1-Fahrer Nick Heidfeld (1999), Sebastian Vettel (2004) und Nico Hülkenberg (2008). Ein Ansporn? „Klar, die Formel 1 ist natürlich immer im Hinterkopf eines jungen Rennfahrers.“ Aber er weiß auch: „Realistisch betrachtet, ist es schwierig. Illusionen sollte man sich da nicht hingeben.“

Mit dem Alter ändern sich die Idole. Für den kleinen Maxi war es natürlich Michael Schumacher, „wegen seiner Erfolge“. Jetzt ist es sein Gelegenheitspartner Bernd Schneider. „Weil er mit fast 50 immer noch solche Leistungen zeigt.“ Und mit dem fünfmaligen DTM-Champion zu fahren, ist der größte Ansporn, den ein junger Fahrer haben kann. „Du hast den Ehrgeiz, den alten Mann zu schlagen – und wunderst dich, wo der immer noch eine halbe Sekunde findet. Da fahre ich in der Nacht die schnellste Rennrunde, habe an Bernd übergeben und dann war er am Ende doch noch einmal schneller.“ Schneider verrät nicht seine Linien und Tricks, „aber du musst einfach nur beobachten, wie er durch die Box geht und sich überall noch reinkniet, voll motiviert und top vorbereitet.“

Ist Motorsport wirklich Sport? „Fahrt doch mal selber!“

Die neue Saison für das HTP-Team hat schon Anfang Februar in Australien begonnen, mit einem zweiten Platz beim Zwölfstundenrennen in Bathurst, zusammen mit Thomas Jäger und Harold Primat, bei 40 Grad im Schatten. Anfang April geht es in Europa weiter, 20 Termine Schlag auf Schlag bis Anfang Oktober. Viel Ausdauersport, dazu vier Tage pro Woche im Fitnessstudio sollen die Koordination, Beweglichkeit und Kraft stärken. „Ich muss zwei Stunden am Stück im Auto locker durchhalten“, sagt Buhk. Was ihm jetzt fehlt, müsste er in der Saison aufholen. Soviel auch zur Frage „Ist Motorsport wirklich Sport?“. Moderne Rennfahrer müssen mehr tun als lenken und Gas geben. „Fahrt doch erst mal selber“, ist seine Standardantwort. Kritiker sollten „mal erleben, welche Kräfte da wirken“. Wer einmal auf dem heißen Sitz eines Renntourenwagens neben dem Fahrer hockte, hat Respekt vor den Leistungen der Piloten.

Maximilian Buhk will dem Hersteller Mercedes die Treue halten und sich „in der Familie etablieren“. Er war Deutschlands erfolgreichster Kundensportler des Jahres, ist im Mercedes-Förderprogramm und durfte bereits zweimal in ein DTM-Auto mit dem Stern klettern. Für den Ausritt in diesem kompromisslosen Rennwagen findet er nur ein Wort: „Geil.“ Ein komplett anderes Fahrgefühl, ohne ABS und Traktionskontrolle wie im GT3, dafür mit Karbonbremsen und viel aerodynamischen Fahrhilfen. „Vom Körperlichen her ist das viel fordernder für die Nackenmuskulatur“, berichtet der Nachwuchsfahrer. „Am Ende musste ich kämpfen, dass der Kopf nicht zur Seite hängt ...“

Wie gefährlich der Sport ist, den Maximilian Buhk betreibt, spürt er nur außerhalb des Autos, wenn er sich Videos ansieht oder Bilder von der Onboardkamera und sich sagt: „Das hätte auch schiefgehen können.“ Aber die Angst ist kein guter Beifahrer. „Wenn ich Bedenken hätte, mich nicht sicher fühle, ins Auto einzusteigen, würde ich gar nicht erst losfahren.“ Deswegen verzichtet er auch auf Starts auf der berühmten Nordschleife des Nürburgrings. „Die Autos sind zu schnell geworden, die Strecke ist mir nicht sicher genug. Das ist für mich Amok.“