Die Veranstalter haben ein Einsehen mit den Tennisprofis und setzen eine spezielle Regel in Kraft. Für Maria Scharapova kam das zu spät, sie musste sich trotzdem noch quälen. Stuttgarter Michael Berrer im Wartestand.

Melbourne. Am dritten Hitze-Tag in Melbourne nacheinander sind bei den Australian Open am Donnerstag erstmals Spiele wegen der hohen Temperaturen unterbrochen worden. Bei rund 42 Grad setzten die Veranstalter gegen 14 Uhr Ortszeit eine spezielle Regel in Kraft. Diese bemisst in einer Mischung aus Temperatur und Luftfeuchtigkeit einen Wert, wann es für die Akteure zu gefährlich wird, zu spielen. Laut dieser Regel müssen in den Partien auf den Außenplätzen die begonnenen Sätze zu Ende gespielt werden, dann werden die Begegnungen unterbrochen. In den größeren Stadien wird nach dem Ende des angefangenen Satzes das Dach geschlossen.

Seit Dienstag herrschen in Melbourne und im Bundesstaat Victoria Temperaturen von mehr als 40 Grad. Die Hitzewelle ist so heftig wie seit mehr als 100 Jahren nicht mehr. Für den Donnerstag waren in der Metropole am Yarra-River mindestens 44 Grad vorhergesagt. Für den gesamten Bundesstaat Victoria wurden Warnungen vor Waldbränden und Gesundheitshinweise ausgesprochen. Der Rekordwert im Januar wurde mit 45,6 Grad im Jahr 1936 gemessen.

Letztmals hatten in Melbourne vor fünf Jahren Spiele wegen der brutalen Bedingungen unterbrochen werden müssen. Damals kletterte die Temperatur zum Teil sogar über 45 Grad.

Scharapowa profitiert kaum von Regel

Für Superstar Maria Scharapowa kam die Hitze-Regel fast zu spät. Da die Veranstalter erst einschritten, als in der Partie der Russin der dritte Satz bereits lief, durfte das Dach in der Rod-Laver-Arena laut Reglement nicht geschlossen werden. Die ehemalige Nummer eins musste gegen die Italienerin Karin Knapp deshalb in der Hitze weiterspielen, setzte sich nach 3:28 Stunden aber doch mit 6:3, 4:6, 10:8 durch. „Liebe die Hitze, Baby“, schrieb sie danach neben ihr traditionelles Autogramm auf die Fernsehkamera.

Alleine der entscheidende Durchgang dauerte 115 Minuten bei 42 Grad im Schatten. Während des dritten Satzes war dann die letzte Stufe der „Extreme Heat Policy“ (EHP) in Kraft getreten. Der sogenannte WBGT-Faktor, der sich aus der Temperatur, der UV-Strahlung, dem Wind und der Luftfeuchtigkeit errechnen lässt, hatte den kritischen Wert überstiegen.

„Es war für uns beide hart da draußen. Wir haben alles gegeben“, sagte Scharapowa, die am Sonnabend bei voraussichtlich angenehmeren Temperaturen auf die Französin Alize Cornet trifft: „Die Erholung wird jetzt sehr wichtig sein. Aber genau das sind ja die Spiele, für die man trainiert.“ Scharapowa hatte 2008 zum bisher einzigen Mal in Melbourne triumphiert.

Kritik an Informationspolitik

Nach ihrem Marathon-Match legte Scharapowa mit Kritik an der Informationspolitik der Offiziellen nach. „Niemand weiß, was das Limit ist, kein Spieler, nicht einmal die Physios, wenn man sie fragt“, sagte die Russin.

„Es gibt viele offene Fragen, die geklärt werden sollten“, sagte die 26-Jährige: Wer entscheide, wann die Bedingungen zu extrem werden? „Ich bin nicht sicher, der Schiedsrichter? Oder ein Meteorologe?“ Sie habe die Physiotherapeutin des Turniers gefragt, wann das Dach geschlossen werde, „sie hat geantwortet: Darauf haben wir keinen Einfluss“.

Kein Verständnis hat Scharapowa außerdem für das starre Festhalten am Zeitlimit zwischen den Ballwechseln: „Überall anders ist das ja okay. Wenn diese Regel die Geschwindigkeit der Spiele erhöht, ist sie absolut in Ordnung. Aber bei den Bedingungen?“ Die Melbourne-Siegerin von 2008 hatte eine Verwarnung bekommen, weil sie sich zwischen zwei Ballwechseln zu viel Zeit gelassen hatte.

Mehr Glück als Scharapowa und Knapp hatte Jo-Wilfried Tsonga. In der Begegnung des Franzosen gegen den Brasilianer Thomaz Bellucci wurde nach dem ersten Satz das Dach in der Hisense Arena geschlossen. Tsonga gewann mit 7:6 (8:6), 6:4, 6:4. Bis 17.00 Uhr Ortszeit (7.00 Uhr deutscher Zeit) soll auf den Außenplätzen in Melbourne nicht gespielt werden. Damit verschiebt sich auch die Partie des Stuttgarters Michael Berrer gegen Feliciano Lopez aus Spanien auf unbestimmte Zeit.