Am Sonnabend schaute der deutsche Ski-Star noch vor dem Fernseher zu. Dann stieg er spontan in den Flieger und legte angeschlagen einen tollen Lauf hin.

Val d'Isère/München. Es war nicht zu übersehen, dass Felix Neureuther Schmerzen hatte. Doch er biss auf die Zähne. Und dann biss er sich durch. Nach einem fürchterlichen Trainingssturz und einer Aktion der Sorte „Harakiri“ erkämpfte sich Neureuther beim Weltcup im französischen Val d'Isère den zehnten Rang im Slalom. Das war aller Ehren wert – ebenso der herausragende dritte Rang inklusive Olympia-Qualifikation von Stefan Luitz einen Tag zuvor im Riesenslalom.

„Es war ein Wunder, dass ich hier überhaupt an den Start gehen konnte, deswegen bin ich mit Platz zehn extrem zufrieden“, sagte Neureuther nach dem sehr schwierigen Rennen, das Mario Matt (Österreich) vor Mattias Hargin (Schweden) und Patrick Thaler (Italien) gewann. Der Vize-Weltmeister fiel im zweiten Lauf von Rang fünf zurück, verfehlte das Siegertreppchen aber nur um 0,33 Sekunden. „Ich habe im zweiten Lauf nicht so Gas geben können, da hat mir die Stabilität im Rücken gefehlt“, sagte Neureuther.

Letzteres war allerdings auch kein Wunder. Bei seinem Sturz in der vergangenen Woche in Garmisch-Partenkirchen hatte Neureuther eine Rückenprellung erlitten und den rechten Daumen ramponiert. Den Riesenslalom am Sonnabend ließ er aus, doch dabei überkam es ihn: „Ich hab das Rennen im Fernsehen gesehen. Aber ich konnte nicht einfach auf dem Sofa rumsitzen“, sagte er. Also raste er zum Flughafen, flog nach Genf und erreichte Val d'Isère abends um halb zehn: „Das war schon ein bisschen eine Harakiri-Aktion.“

Daheim auf dem Sofa hatte Neureuther Bemerkenswertes gesehen. Da stand Stefan Luitz am Fuße des schon ein wenig furchterregenden Berges „Bellevarde“, abgekämpft, aber glücklich. Im Vorjahr war er an gleicher Stelle sensationell schon Zweiter geworden hinter Marcel Hirscher (Österreich), zwölf Monate und einen Riss des Kreuzbandes im linken Knie im vergangenen Februar später belegte er den nicht minder bemerkenswerten Rang drei hinter Hirscher und Thomas Fanara (Frankreich).

„Wieder auf dem Podium, das ist der Wahnsinn“, sagte Luitz. Ein Jahr zuvor war er nach Rang 25 im ersten Lauf unbekümmert in das Finale gegangen, diesmal hatte er Rang zwei nach dem ersten Lauf zu verteidigen. „Das war eine neue Erfahrung“, gab er zu, doch dann fuhr er ein „kluges Rennen“, wie Cheftrainer Charly Waibel betonte. Überhaupt war dieser voll des Lobes: „Unglaublich“ sei die Leistung von Luitz, gleich in der ersten Saison nach einem Kreuzbandriss sei dies nicht erwartbar: „Das verdient Respekt.“

Mit dem dritten Rang gelang Luitz auch die Qualifikation für die Olympischen Spiele, ebenso wie Fritz Dopfer, der auf der sehr steilen, eisigen und ruppigen „Bellevarde“ Rang zehn belegte. Befreit vom Qualifikationsdruck lief es für beide im Slalom aber dann gar nicht rund. Luitz belegte Rang 37, verpasste daher den Finallauf. Dopfer erreichte Rang 22. „Der Riesenslalom war ein Schritt in die richtige Richtung, im Slalom sollte ich besser sein“, sagte er selbstkritisch.