Jugendwart Joachim S. rechnete Turnier-Einnahmen des Hamburger Tennisverbandes falsch ab. Vizepräsident zieht Konsequenzen und tritt zurück. Unterstützung für Präsident Frantzioch.

Hamburg. Gemütlich ist es in der Gastronomie des Hamburger Tennisverbands (HTV) in Horn. Weihnachtssterne auf den Tischen stimmen auf die Festtage ein, und die an diesem Donnerstag in der angeschlossenen Verbandshalle beginnenden Hamburger Hallenmeisterschaften kann man bei einem deftigen Grünkohlessen aus dem Restaurant bestens beobachten. Doch am Dienstagabend war von Idylle wenig zu spüren. Auf einer außerordentlichen Mitgliederversammlung stand der Verband wegen eines Falls von Veruntreuung vor der Zerreißprobe.

Das war geschehen: Auf der Hauptversammlung im Februar dieses Jahres war den Mitgliedern durch Berichte mehrerer Gremien bekannt geworden, dass der damalige Jugendwart Joachim S. über Jahre hinweg die Einnahmen aus den jährlich rund 15 Jugendturnieren im Verbandsgebiet falsch oder gar nicht abgerechnet und auf ein Privatkonto gebucht hatte. HTV-Präsident Fritz Frantzioch hatte eine Vereinbarung vorgeschlagen, die S. nach einer Rückzahlung von 12.000 Euro für die Jahre 2010 und 2011 von allen Ansprüchen seitens des HTV befreit hätte. Am Ende einigte man sich darauf, eine interne Kommission zu beauftragen, den tatsächlichen Schaden für den Verband zu ermitteln und Lösungsvorschläge für den Umgang mit dem im Februar abgelösten Jugendwart zu erarbeiten.

Am Dienstagabend also hatte diese Kommission, bestehend aus zwei Wirtschaftsprüfern und einem Rechtsanwalt, zur außerordentlichen Versammlung geladen, um ihre Untersuchungsergebnisse zu präsentieren. Vertreter aus 27 von insgesamt 98 Mitgliedsvereinen interessierten sich dafür, und was sie zu hören bekamen, rüttelte auf.

Vor allem die Vorwürfe, die Kassenprüfer Ulrich Keim (SV Blankenese) an Frantzioch richtete, waren hart. So habe er seit 2007 den mangelhaften Umgang mit Abrechnungen insbesondere aus dem Jugendbereich, angemahnt, geändert habe sich nie etwas. In 2012 habe man keine Halbjahresprüfung durchführen können, weil zu viele Unterlagen fehlten. Im Abschlussbericht der Kassenprüfer habe man deshalb nicht die Entlastung des Vorstandes empfohlen. Dass diese mit fünf Stimmen Mehrheit erfolgt war, „habe ich als voreilig empfunden“, sagte Keim. Der erst im Februar gewählte Vizepräsident Matthias Siems trat daraufhin von seinem Amt zurück. „Ich habe kein Vertrauen in den Präsidenten, viele Entscheidungen werden nicht mit dem Vorstand abgestimmt. Das ist keine Basis für erfolgreiche Arbeit“, sagte er.

Die Kommission bestätigte, dass eine Vielzahl der Jugendturniere nicht ordnungsgemäß abgerechnet worden seien. Mittels einer schriftlichen Befragung und Anhörung aller Bezirks-Jugendwarte und von S. habe man eine Vergleichssumme von 26.000 Euro ermittelt. Den Mitgliedern wurde zur Abstimmung gestellt, den Vorstand zu beauftragen, mit S. einen Vergleich zu schließen, nach dem alle gegenseitigen Ansprüche mit Zahlung dieser 26.000 Euro in zwei Raten zu 13.000 Euro Ende Dezember und Ende Mai 2014 erledigt wären.

Sollte S., der die von Frantzioch geforderten 12.000 Euro bereits zurückgezahlt hat, die Summe nicht überweisen, wäre der Vergleich hinfällig, das Geld müsste eingeklagt werden. Strafrechtliche Schritte sind unabhängig vom Ausgang des Vergleichs möglich. „Ich habe mich bereit erklärt, das Angebot anzunehmen und zu zahlen“, sagte S., der auf der Versammlung nicht anwesend war, dem Abendblatt. Auf das Hinzuziehen eines externen Wirtschaftsprüfers solle aus Kostengründen verzichtet werden. Das Plenum nahm die Vorschläge bei einigen Enthaltungen mit einstimmiger Mehrheit an.

Dass auf der Suche nach Schuldigen Frantzioch vorgehalten wurde, er habe die fehlerhaften Abrechnungen gekannt und abgezeichnet, wollte der pensionierte Richter, der im Februar für drei Jahre im Amt bestätigt worden war, nicht auf sich sitzen lassen. Er habe sich oftmals Abrechnungen des Jugendwartes vorlegen lassen und diese auch vielfach korrigiert. „Ich kann aber nicht die Verantwortung für Dinge übernehmen, von denen ich nichts wissen konnte“, sagte er. Unterstützung erhielt der 73-Jährige von Sportdirektor Julian Battmer. „80 Prozent der nicht abgerechneten Turniere fanden in den Bezirken statt, von denen wusste der Vorstand gar nichts“, sagte er.

Auch Kommissionssprecher Matthias von Rönn wollte Frantzioch keine Schuldzuweisungen machen. „Der Jugendwart hat weitestgehend autonom gehandelt“, sagte er. Der Kommission sei wichtig gewesen zu sehen, dass sich die Abrechnungspraxis auch dank des umtriebigen Sportdirektors Battmer, der das Meldewesen für alle Turniere auf ein Onlineverfahren mit Vorkasse per Überweisung umgestellt hat, verbessert habe. „Letztlich“, so Battmer, „sind wir froh, dass ein Problem, das wir seit neun Monaten hatten, gelöst ist. Jetzt müssen wir nach vorn schauen.“

Die Mitglieder scheinen bereit, den vorgeschlagenen Weg mitzugehen, und guter Hoffnung zu sein, immerhin einen Großteil des verlorenen Geldes zurückzuerhalten. Spätestens am 30. Mai nächsten Jahres, wenn die Zahlungsfrist abläuft, werden sie wissen, ob ihr Vertrauen berechtigt war.