Der Dortmunder wird im Wembleystadion mit 33 Jahren und 106 Tagen ältester Torwart-Debütant der deutschen Nationalmannschaft. Für den Schlussmann ist es das i-Tüpfelchen seiner bisherigen Karriere.

London. Wembley im Herbst, Copacabana im Sommer: Für Torwart Roman Weidenfeller erfüllen sich auf der Zielgerade seiner Laufbahn vermutlich doch noch all seine fußballerischen Träume. „Das ist der i-Punkt auf meine Karriere“, sagte der 33-Jährige zunächst mal mit Blick auf seine Premiere im Tor der deutschen Fußball-Nationalmannschaft am Dienstagabend im Klassiker gegen England (21 Uhr/Liveticker auf Abendblatt.de).

Dass das i-Tüpfelchen gesetzt wird, bestätigte einen Tag vor dem Spiel Bundestrainer Joachim Löw ganz offiziell: „Roman spielt gegen England im Tor. Er hat sich diesen Einsatz verdient. Er hat im Training und auch außerhalb des Platzes einen fantastischen Eindruck hinterlassen und ist eine gereifte Persönlichkeit. Roman hat mich und Andreas Köpke überzeugt.“

Zuvor hatte sich der 53-Jährige ausführlich mit seinem Torwarttrainer Köpke unterhalten und auch dann auch die bisherige Nummer zwei René Adler von der Entscheidung unterrichtet. „René hat uns schon einige Spiele gewonnen. Wir wissen, was wir an ihm haben. Deshalb ist jetzt mal Roman dran“, berichtete Löw.

Die unumstrittene Nummer eins, der Münchner Manuel Neuer, reiste auf Geheiß von Löw bereits nach dem 1:1 in Italien nach Hause. Dort kann er vier Tage vor dem Bundesligagipfel zwischen Borussia Dortmund und Bayern München seinen neuen Konkurrenten für die WM 2014 in Brasilien auf der Coach genauestens beobachten. „Natürlich träume ich von Brasilien, das ist doch ganz normal. Aber ich lasse alles auf mich zukommen. Vor ein paar Monaten hätte ich es doch gar nicht für möglich gehalten, dass ich überhaupt noch mal zur Nationalmannschaft eingeladen werde“, sagt der BVB-Keeper, der im Wembley-Stadion Geschichte schreibt

„Das ist Schnee von gestern“

Denn Weidenfeller wird an dieser Kultstätte mit genau 33 Jahren und 106 Tagen ältester Torwart-Debütant der deutschen Nationalmannschaft. Bisher hält Toni Turek, der Weltmeister von 1954, diese Bestmarke mit 31 Jahren und 308 Tagen. Insgesamt waren sogar nur fünf Nationalspieler bei ihrer Premiere älter als der BVB-Star.

Doch diese Statistik interessiert den Spätberufenen nur am Rande. Vielmehr will er vor den rund 90.000 Zuschauern in der traditionsreichen Arena überzeugen. „Ich würde gerne dazu beitragen, dass wir England besiegen“, sagt er voller Vorfreude. Das Wembley-Stadion hat er in guter Erinnerung, auch wenn es für den BVB am 25. Mai 2013 dort im Champions-League-Finale gegen Bayern München eine 1:2-Niederlage gab. „Das ist Schnee von gestern, ich schaue nur nach vorne“, sagte der 301-malige Bundesligaspieler.

„Das Spiel gegen England bietet die letzte Chance, vor der WM-Nominierung 2014 noch mal etwas auszuprobieren“, sagte Köpke, den Weidenfeller in den bisherigen acht Tagen im Kreis der Nationalmannschaft vollauf überzeugt hat: „Er ist nicht nur ein Spitzentorhüter, sondern auch ein toller Typ.“ Weidenfeller gibt diese Komplimente gerne zurück: „Hier herrscht eine tolle Stimmung. Ich bin super aufgenommen worden, fühle mich rundum wohl. Ich wollte erleben, wie es ist, in diesem Kreis dabei zu sein und die DFB-Luft zu schnuppern. Das erlebe ich gerade. Mir bedeutet schon dies sehr viel.“

So positiv hatte er nicht immer von der Nationalelf und erst recht nicht von Bundestrainer Löw gesprochen. „Vielleicht sollte ich mir die Haare schneiden oder ein wenig zierlicher werden, um eine Chance zu bekommen“, hatte der zweimalige deutsche Meister im Frust von sich gegeben, nachdem der jahrelang von Löw links liegen gelassen wurde.

Weidenfeller hofft auf die WM

Jetzt stehen die Chancen von Roman Weidenfeller auf eine WM-Nominierung sehr gut, zumal er frühzeitig angekündigt, für diesen Fall keine Ansprüche zu stellen und sich auch als Nummer zwei oder drei ganz in den Dienst der Mannschaft zu stellen. Derzeit hat der Dortmunder Schlussmann jedenfalls im Rennen mit dem Mönchengladbacher Marc-André ter Stegen und dem Hannoveraner Ron-Robert Zieler klar die Nase vorn.

Sein hohes Alter ist bei der WM-Bewerbung ohnehin kein Nachteil. „Wir haben mit einem älteren Torwart sehr gute Erfahrung gemacht“, erinnert Köpke an die WM 2010 in Südafrika, als der damals 36 Jahre alte Jörg Butt für den verletzten Adler ins WM-Aufgebot gerutscht war.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

England: Hart (Manchester City) – Walker (Tottenham Hotspur), Smalling (Manchester United), Jagielka (FC Everton), Cole (FC Chelsea) – Townsend (Tottenham Hotspur), Gerrard (FC Liverpool), Cleverley (Manchester United), Lallana (FC Southampton) – Rooney (Manchester United) – Sturridge (FC Liverpool)

Deutschland: Weidenfeller (Borussia Dortmund) – Höwedes (FC Schalke 04), Mertesacker (FC Arsenal), Hummels (Borussia Dortmund), Schmelzer (Borussia Dortmund) – Sven Bender (Borussia Dortmund), Kroos (Bayern München) – Sam (Bayer Leverkusen), Draxler (FC Schalke 04), Reus (Borussia Dortmund) – Kruse (Borussia Mönchengladbach)

Schiedsrichter: Lannoy (Frankreich)