Hockey-Nationalspieler Jan-Philipp Rabente hat bei seinem neuen Club Uhlenhorster HC Schwachstellen erkannt und Lösungen im Blick

Hamburg. Das Gefühl, das ihn beschlich im Frühsommer, war neu für ihn, und Jan-Philipp Rabente nahm es ernst. Sein ganzes Hockeyleben, das im Alter von dreieinhalb Jahren begonnen hatte, war im grün-weißen Dress von Uhlenhorst Mülheim abgelaufen, er hatte es mit seinem Stammverein zu einigen Jugendmeisterschaften gebracht, war mit den Herren mehrfach in nationale Endspiele eingezogen und hatte den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft. Doch nun war da dieses Gefühl, mal rauszumüssen aus der Stadt, in der ihn spätestens seit dem Olympiafinale von London 2012, als er im Finale gegen die Niederlande beide Tore zum 2:1-Sieg schoss, fast alle der 160.000 Einwohner kennen. Raus aus der Komfortzone, hinein in ein Abenteuer, das seiner Karriere neue Impulse geben könnte. „Ich hatte das Gefühl, wenn ich es jetzt nicht mache, dann mache ich es nie mehr“, sagt der 26-Jährige.

Rabentes Ansinnen war das Glück des Uhlenhorster HC. Dass ihn sein Weg nach Hamburg führen würde, war dem in Essen geborenen Student der Wirtschaftswissenschaften schnell klar. Angebote gab es von allen drei Bundesligaclubs der Stadt, doch Gespräche mit seinen Nationalmannschaftskollegen Moritz Fürste und Oliver Korn ließen in Rabente die Gewissheit reifen, dass er am liebsten den Wechsel von einem Uhlenhorst zum anderen vollziehen wollte. Und so läuft der Mittelfeldspieler an diesem Freitag (20.15 Uhr, Wesselblek) im blau-roten Dress des UHC zum Hamburger Stadtderby gegen den Harvestehuder THC auf. Ein Spiel, das angesichts von vier Punkten Rückstand auf den Tabellenführer für die als Titelfavoriten gestarteten „Uhlen“ durchaus mehr ist als nur ein Derby. „Es wäre schon wichtig, den Rückstand auf den HTHC nicht zu groß werden zu lassen“, sagt Rabente.

Der familiäre Zusammenhalt im Club hat ihn absolut positiv überrascht

Was ihn nach der Vorbereitung, die durch die World League und die Europameisterschaft im Sommer auf wenige Tage zusammenschrumpfte, und den ersten vier absolvierten Saisonspielen auf dem Feld besonders beeindruckt, sind die familiäre Atmosphäre und der besondere Zusammenhalt im Club. „Ich habe den UHC immer als sehr erfolgshungriges Team wahrgenommen, das mit großer Euphorie spielt und sich in wichtige Spiele total reinsteigern kann. Aber dass hier jeden Tag etwas gemeinsam unternommen wird, das hat mich absolut positiv überrascht“, sagt er.

Rabente, das schätzt der neue UHC-Herrentrainer Kais al Saadi an seinem Neuzugang besonders, ist ein analytischer, sachlicher und mannschaftsdienlicher Spieler, der in der Lage ist, Schwachstellen zu erkennen und auszumerzen. „Ich glaube, dass es dem UHC ganz gut tut, dass ich mit dem unverstellten Blick eines Außenstehenden auf die Ist-Situation schauen konnte“, sagt er. Erkannt hat er sofort, dass das im gesamten Verein tief verankerte Offensivdenken dem so innig herbeigesehnten Feldmeistertitel ein Stück weit entgegensteht. „In der Offensive gewinnt man Spiele, aber keine Meisterschaften“, bemüht er eine bekannte Sportlerweisheit. Das gesamte Team sei dabei gefordert und habe das Problem auch erkannt. „Wir müssen einen Mittelweg finden, ohne das UHC-typische Spiel aufzugeben. Dazu müssen wir geduldig sein“, sagt er.

Sich selbst sieht der Mittelfeldspieler deshalb zunächst in der Pflicht, die Defensive zu stärken. Er ist grundsätzlich eher der Typ Leistungsträger, der durch Leistung statt durch Worte führt. Als die Olympiahelden im vergangenen Jahr mit der „MS Deutschland“ in Hamburg eintrafen, saß ihr größter Held Rabente am Rand und schaute dem Partytreiben zu. „Ich bin nicht der extrovertierte Typ, aber ich habe auch keine Angst davor, Sachen zu verändern, die eingefahren sind“, sagt er. Sein Wechsel nach Hamburg beweist das.

An diesem Sonntag wird Jan-Philipp Rabente allerdings den Weg zurück nach Mülheim fahren. Weil er sich nicht innerhalb der nötigen Dreimonatsfrist ummelden konnte, muss er seine Stimmen für die Bundestagswahl in seiner Heimatstadt abgeben. Schwerer wird ihm die Reise am 3. November fallen, wenn er mit dem UHC in Mülheim antritt. Das Hinspiel endete am vergangenen Sonntag 5:5. „Für mich war das ein komisches Spiel, mit dem Ergebnis konnte ich gut leben“, gibt er zu. Im Hockey, wo das Herz noch viel mehr zählt als das Geld, sind Gefühle wie diese durchaus erlaubt.