Spannend, schnell und attraktiv: die Ruder-Bundesliga trägt am Sonnabend auf der Alster ihr Finale aus. Sie begreift sich selbst als Zukunft ihres Sports.

Hamburg. Neuerdings fühlt sich ihr Sport für Sina Ingber anders an. Die Bootsbau Berlin GmbH hat der Schlagfrau und ihren Mitruderinnen von der RG Hansa einen neuen Achter probeweise zur Verfügung gestellt. „Er ist leichter, aber auch sensibler als unser alter Kahn. Und er ist startschnell.“ Genau das richtige Material also für das Bundesliga-Finale, das am Sonnabend im Rahmen des E.on Hanse AlsterCups auf der Binnenalster ausgefahren wird.

Nur etwa 30 Schläge sind es, dann ist nach 270 Metern auch schon das Ziel erreicht. Bis zu fünfmal ist die Crew des Alsterachters an einem Renntag gefordert: erst beim Einzelzeitfahren, später in K.-o.-Duellen Boot gegen Boot. „Wir werden noch verrückter draufhauen als sonst“, verspricht Ingber, 30, für ihr Heimspiel. Aber ob das reicht für den zweiten Saisonsieg?

Sicher ist, dass die Entscheidungen noch knapper ausfallen werden als ohnehin in der Rennserie üblich. So hat es Arne Simann gern: „Enge Rennen sind doch viel zuschauer- und medienfreundlicher.“ Der Hannoveraner war 2009 einer der drei Initiatoren der Bundesliga. Im fünften Jahr habe sich das Sprintformat etabliert. Fast 50 Vereinsachter nehmen in drei Staffeln an den Regatten teil. Zum Vergleich: Bei den letztjährigen deutschen Meisterschaften konnten nur mit Mühe und Not je zwei Männer- und Frauenachter an den Start über die klassischen 2000 Meter gebracht werden.

Offenbar hat die Bundesliga gleich mehrere Marktlücken geschlossen. „Früher gab es im Rudern nur Nationalmannschaft oder Kreisklasse“, sagt Simann. Tatsächlich hatten ambitionierte Athleten zuvor praktisch keine Möglichkeit, ihren Sport auf einem gewissen Niveau zu betreiben, ohne den Trainingsaufwand ausufern zu lassen. Für den Alsterachter der RG Hansa etwa legt sich Johanna Rönfeldt in die Riemen, Hamburgs einstige Sportlerin des Jahres und Achter-Vizeweltmeisterin.

Rönfeldt, 31, ist wie viele ihrer Kolleginnen längst berufstätig. In ihrem Team finden sich Juristinnen, Journalistinnen, Dozentinnen, Ärztinnen, Ingenieurinnen, Betriebswirtschaftlerinnen. Da bedeuten die bis zu vier wöchentlichen Trainingseinheiten schon einen erheblichen Aufwand. Auch finanziell investieren die Aktiven einiges. Etwa 10.000 Euro kostet jedes Team eine Saison. Ein Viertel entfällt auf das Meldegeld, das in der Regel von den Vereinen übernommen wird. Der Rest sind Reise- und Materialkosten. Es hilft also, Sponsoren zu haben – was einigen Teams dank privater Kontakte sogar gelungen ist. So werden die Erstligamänner des RC Favorite Hammonia vom Lebensmittelkonzern Dole unterstützt.

Simann glaubt den Grund zu kennen: „Wir haben gezeigt, dass Rudern sowohl für die Zuschauer als auch für die Aktiven attraktiv sein kann.“ Gerade in den Metropolen könnten die Vereine ihre Achter gut als Werbeträger der jeweiligen Stadt vermarkten. Den Sportlern böten sich zudem mehr Identifikationsmöglichkeiten als in zusammengewürfelten Renngemeinschaften. Ein einheitliches Erscheinungsbild ist den Liga-Oberen denn auch so wichtig, dass eine Strafe zahlen muss, wer nicht in Teamkleidung erscheint. Auch ist jeder Verein gehalten, regelmäßig Pressemitteilungen zu veröffentlichen.

Im Gegenzug können sich die Ruderer einer gewissen Wahrnehmung sicher sein. Finden deutsche Meisterschaften mehr oder weniger unter Ausschluss der Öffentlichkeit auf teils entlegenen Gewässern statt, holt die Bundesliga ihr Publikum in den innerstädtischen Bereichen praktisch ab. So nahe wie an der Binnenalster aber ist man nirgends am Geschehen. „Dass die Rennen von drei Seiten hautnah zu erleben sind, macht es besonders“, sagt Ingber.

Natürlich wird die Bundesliga in Hamburg auch davon profitieren, dass zwischendurch der Deutschland-Achter und der frühere Einerweltmeister Marcel Hacker um die Titel im internationalen Sprint fahren. Auf lange Sicht aber, glaubt Simann, könnten die Kurzstreckler zu den wahren Stars der Branche werden: „In der Leichtathletik ist der 100-Meter-Lauf der Höhepunkt, im Schwimmen sind es die 100 Meter Freistil. Das wollen wir auch werden.“ Auch bei den Kanuten und im Drachenboot geht der Trend zu den Kurzdistanzen.

Wenn es überhaupt einen Nachteil an dem Format gebe, dann den, dass Überraschungen selten sind. Bei den Männern ist Krefeld auf den Titel abonniert. Bei den Frauen hat der Alsterachter nach einer Serie von drei Meisterschaften 2012 wiederum Krefeld vorbeiziehen lassen müssen. Auch dieses Jahr scheint der Vorsprung der rheinischen Rivalinnen von zehn Punkten fast uneinholbar, wenn man bedenkt, dass es für einen Sieg nur 13 gibt. „Aber den dritten Platz wollen wir auf jeden Fall behaupten“, sagt Ingber.

Mit dem neuen Boot sollte das zu schaffen sein. Schade nur, dass die RG-Hanseatinnen es bald wieder zurückgeben müssen.

Die Ruderrennen am Sonnabend beginnen um 9.30 Uhr und enden um 19 Uhr. Die Schwimmwettbewerbe im Rahmen des E.on Hanse AlsterCups finden am Sonntag zwischen 11 und 17 Uhr statt.