Er ist der älteste Spieler im Feld und derjenige mit den meisten Teilnahmen: Zum 16. Mal schlägt Tommy Haas bei den US Open auf. In der ersten Runde trifft er in einem Ü-30-Duell auf Paul-Henri Mathieu. Und muss das Schicksal seines Gegners ausblenden.

New York Das neue Dach über dem größten Tennisstadion der Welt wird Tommy Haas nicht mehr als Profi erleben. 2017 soll das Arthur-Ashe-Stadium endlich umgebaut sein, Haas wäre dann 39 Jahre alt. Zwar hat der gebürtige Hamburger in den bewegten und bewegenden Jahren seiner Karriere schon so manches Mal die Fachwelt verblüfft und die eine oder andere wundersame Comeback-Geschichte geschrieben, doch die US-Open-Revolution kommt selbst für ihn etwas zu spät.

Zum 16. Mal schlägt der 35-Jährige in diesem Jahr im Flushing Meadows Corona Park auf. Kein Spieler im Feld trat öfter beim lautesten, anstrengendsten und vielleicht gerade deshalb für viele faszinierendsten der vier Grand-Slam-Turniere an. Keiner der 128 Profis im Herren-Hauptfeld ist älter als Tommy Haas. In der ersten Runde trifft der Weltranglisten-13. an diesem Dienstag in New York in einem Ü-30-Duell auf den Franzosen Paul-Henri Mathieu.

„Es ist etwas Besonderes für mich, hier wieder dabei sein zu können. Es ist eines meiner Lieblingsturniere, ich freu mich drauf. Und dann hoffen wir mal, dass es besser läuft als letztes Jahr“, sagte Haas am Sonntag nach einer Trainingseinheit mit seinem Kumpel Radek Stepanek. Das Thermometer zeigte 80 Grad Fahrenheit (knapp 27 Grad Celsius), als Haas im Eilschritt von Court 17 hastete.

Das grüne T-Shirt durchgeschwitzt, ein Handtuch in den Nacken gelegt, schrieb er schnell ein paar Autogramme, blieb für Fotos stehen und gab im Laufen ein Interview. „Ich will noch in den Fitnessraum“, sagte er und plauderte dann doch noch erstaunlich entspannt und gelöst mehrere Minuten über die kommende Aufgabe.

Selbst für einen altgedienten Kämpen wie Haas wird das Match gegen Mathieu aber keine Alltagsroutine. Denn Anfang des Jahres hatte der Straßburger diesen einen Satz auf Twitter geschrieben: „Gabriel und ich freuen uns, dass die erste Chemotherapie von Mama gut verlaufen ist.“ Die Lebensgefährtin des 31-Jährigen hat Krebs, Gabriel ist der einjährige Sohn des Paares.

„Wenn man das hört oder mitbekommt, dann tut es schon weh, wenn man weiß, dass ein Kollege viel durchmacht im Moment. Wenn man dann auf der anderen Seite steht und versucht, gegen ihn zu gewinnen, ist es auch schwierig, damit umzugehen“, sagte der Vater einer fast drei Jahre alten Tochter und betonte nachdenklich: „Es ist schwierig, wenn man nicht weiß, wie er sich fühlt. Ob er richtig fightet oder mit den Gedanken dann doch nicht ganz bei der Sache ist. Und dann beschäftigt man sich vielleicht als Gegner auch damit, und dann kann man sich nicht so gut konzentrieren aufs Match.“

Der früher oft so ungehaltene und ungestüme Haas hat längst gelernt, was wirklich wichtig ist im Leben. Dass er überhaupt noch Tennis spielen kann nach all den Operationen an Hüfte und Schulter, sieht er mittlerweile als Geschenk an. Und auch mit 35 ist er noch immer der beste und beständigste deutsche Profi – auch wenn er vor einem Jahr bei den US Open bereits in der ersten Runde scheiterte.

Zuletzt lief es aber wieder gut für den nimmermüden Haas. In den vergangenen Wochen verpasste er in Washington nur knapp das Finale und hatte in Cincinnati Roger Federer am Rande einer Niederlage. Trainer-Legende Nick Bollettieri zählt Haas in New York sogar zu den Mitfavoriten. „Auch ein Tommy Haas gehört für mich zu denen, die die US Open gewinnen können“, sagte der Amerikaner der „Welt“ (Montagausgabe).

Auf die Frage, ob er denn genug Zeit hatte, sich auch ein wenig zu erholen, sagte Haas am Wochenende: „Ich habe nach den US Open ein bisschen länger Zeit, den Akku wieder aufzuladen. Und wenn ich nicht mehr allzu lange spielen werde – wer weiß, wie lange es noch geht - habe ich dann noch genug Zeit, meinen Akku aufzuladen.“