Ein Kommentar von Björn Jensen

Die Sonderbehandlung, die ihm durch den Weltverband WBC derzeit zuteil wird, hat sich Vitali Klitschko redlich verdient. Er ist ein ehrenhafter Sportsmann und ein großartiger Repräsentant des Boxens, den sich jeder Verband als Champion wünschen würde. Dennoch ist der Aufschub ohne zeitliche Frist, den der WBC dem ukrainischen Schwergewichts-Weltmeister für seine Pflichtverteidigung gewährt hat, schlecht fürs Boxen. Er behindert aufstrebende Kämpfer in ihrer Entwicklung und verschärft das Gefühl der Langeweile ob der unüberwindbar scheinenden Herrschaft der Klitschkos. Fair Play geht anders.

Die Frage, die sich aufdrängt, ist allerdings eine andere. Warum tut Vitali Klitschko sich dieses unwürdige Hin und Her um die Fortsetzung seiner Karriere überhaupt an? Er ist 42 Jahre alt, hat dank seiner politischen Ambitionen längst den Weg in die zweite Karriere eingeschlagen, er hat mit seinem Sport mehr Geld verdient, als er jemals ausgeben kann, und er muss wirklich niemandem mehr etwas beweisen. Sein Ego, dieser brennende Ehrgeiz, der ihn in allem antreibt, was er tut, hat in ihm das Verlangen nach einem triumphalen Abschied geweckt.

Allerdings ginge er, sollte er 2014 noch einmal boxen, das Risiko ein, wegen seines eng getakteten Politikerlebens nicht optimal vorbereitet in einen WM-Kampf zu gehen – und liefe damit Gefahr, mit einer Niederlage abzutreten. Wenn er dagegen morgen zurücktritt, bleibt er als Sportheld im Gedächtnis, der alles erreicht hat und zum richtigen Zeitpunkt abdankt. Diese Chance sollte er endlich nutzen.