Ein Kommentar von Achim Leoni

Vor drei Wochen ist die Tour de France zu Ende gegangen. Sie ist bei uns nur mit gedämpftem Interesse aufgenommen worden, obschon es beim bedeutendsten Radrennen der Welt ein Jubiläum und einige deutsche Erfolge zu feiern gegeben hätte. Der Verdacht ließ sich nun einmal nicht so leicht abschütteln. Und er schien sich nur eine Woche später zu bestätigen, als Erik Zabel mit seiner Dopingbeichte dem eigenen, wankenden Denkmal den letzten Schubser gab.

An diesem Wochenende nun beginnen in Moskau die Leichtathletik-Weltmeisterschaften. Einige, denen ursprünglich eine Hauptrolle zugedacht war, werden nicht dabei sein, weil sie als Betrüger entlarvt worden sind. Sie haben uns gelehrt, dass in den vergangenen Jahren zwar die Testverfahren besser geworden sind, die Moral allerdings keineswegs.

Wie also sollen wir uns verhalten, wenn Usain Bolt am Sonntagabend unaufhaltsam durchs Ziel fliegt? Berauschen wir uns an der federnden Leichtigkeit eines Mannes, der nie positiv getestet wurde? Oder wenden wir uns ab wie der frühere Sprinter und bekennende Doper Manfred Ommer, der sich von dem Weltrekordler schlicht „verarscht“ fühlt?

Für die Leichtathletik ist diese WM eine Chance zur Wiedergutmachung. Sollte sie auch ihre Ikone Bolt verlieren, drohte ihr ein Schicksal wie dem Radsport. Sie würde Sympathien, Geld, aber vor allem ihr höchstes Gut verlieren: ihre Glaubwürdigkeit. Deshalb sollte für die Wettkämpfe in Moskau ein russisches Sprichwort gelten: Vertraue, aber prüfe nach!