Nach dem EM-Titel begann der Feiermarathon der deutschen Fußballerinnen. DFB-Präsident Niersbach sagt den EM-Heldinnen „jede Unterstützung“ zu. Für Bundestrainerin Neid war das Turnier ein Jungbrunnen.

Frankfurt/Main. Roter Teppich für die Fußball-Europameisterinnen: Überglücklich und übermüdet landete die DFB-Auswahl von Bundestrainerin Silvia Neid am Montag auf dem Frankfurter Flughafen. Eine DFB-Delegation empfing die Mannschaft mit Blumensträußen noch auf dem Rollfeld, bevor es weiter zum Empfang im Römer ging. „Wir haben die ganze Nacht durchgefeiert. Im Flieger waren wir todmüde, weil wir richtig abgerockt haben“, verriet Spielführerin und Endspiel-Heldin Nadine Angerer.

Auch Neid strahlte in die Kameras. „Das Turnier hat mich noch um zehn Jahre jünger gemacht“, hatte die 49-Jährige schon vorher gesagt. Angesichts der Fülle von Talenten schaut sie voller Optimismus nach vorne. „Die hier fehlenden Spielerinnen kommen hoffentlich gesund und gestärkt zurück. Das ist für uns Trainerin doch super, weil wir noch mehr Alternativen haben“, so Neid: „Um die Zukunft müssen wir uns keine Sorgen machen.“

Der Party-Marathon hatte für den achtmaligen Europameister direkt nach dem 1:0-Endspielsieg gegen Norwegen im schwedischen Solna begonnen. Mit rund 150 Gästen im Radisson Blu Royal Park Hotel ging es dann weiter. DFB-Chef Wolfgang Niersbach heizte mit einer launigen Ansprache die Feier an. „An Tagen wie diesen“, sagte der Präsident des Deutschen Fußball-Bundes, „kann man keinen größeren Fehler machen, als eine lange Rede zu halten.“

Tanzend waren die Europameisterinnen in einer Polonaise unter tosendem Applaus in den Ball-Saal eingezogen. „Oh, wie ist das schön“ und „So ein Tag, so wunderschön wie heute“, sangen die frisch geduschten und gestylten Heldinnen. „Man erkennt sie kaum wieder“, meinte Niersbach in die Runde, richtete dann das Wort an Mannschaft und Trainerteam: „Ihr habt das super gemacht, den DFB und Deutschland in Schweden toll vertreten. Jetzt kehrt ihr als Europameisterinnen heim, übrigens mit einer ganz anständigen Prämie“, ließ der DFB-Boss schmunzelnd einfließen. „Aber der Schatzmeister hat gesagt, er greift gerne in die Kasse.“ Immerhin durfte sich jede Spielerin über 22 500 Euro Titelbonus freuen.

Mit einem Glas in der Hand lobte Niesbach das Team überschwänglich und wagte auch einen Blick nach vorn. „Viele von euch sind ja noch sehr jung. Und diese jungen Frauen haben eine tolle Zukunft vor sich. Ihr sollt wissen, dass ihr vom DFB jede Unterstützung bekommt“, versicherte der Verbandschef. Auch DOSB-Chef Thomas Bach rechnet fest mit weiteren Erfolgen der DFB-Titelsammlerinnen. „Ich bin sicher, dass in dieser Mannschaft, die die jüngste der EM-Endrunde gewesen ist, noch viel Potenzial steckt und sie uns bei den Olympischen Spielen 2016 in Rio viel Freude machen wird“, sagte der Präsident des Deutschen Olympischen Sportbundes am Montag.

Fast neun Millionen Zuschauer vor dem Fernsehern

Im Zentrum der Lobeshymnen stand einmal mehr die Bundestrainerin. „Du warst bei allen acht EM-Titeln dabei und hast es wieder geschafft, einen Generationswechsel zu vollziehen. Ein großes Dankeschön an alle, macht weiter so!“, sagte Niersbach.

Neid gab die Komplimente zurück und befahl dann unter großem Jubel: „Jetzt wollen wir aber nicht mehr reden, sondern endlich mal was trinken!“ Für die zuletzt von einigen kritisierte Bundestrainerin war der sechste EM-Coup in Serie, den die eingewechselte Anja Mittag vor 8,91 Millionen ARD-Zuschauern mit ihrem Siegtor in der 49. Minute sicher gestellt hatte, auch eine persönliche Genugtuung. Obwohl die 49-Jährige das nie öffentlich sagen würde. Stattdessen lobte sie die Einstellung, Lernwilligkeit und den Erfolgshunger des im Schnitt 23,6 Jahre jungen Teams: „Ich bin richtig froh und glücklich, dass wir das geschafft haben mit so einer jungen Truppe, die einfach Spaß macht.“

„Ich muss erstmal alles realisieren und verkraften“

Der Triumph sei „ein tolles Gefühl, vor allem, weil viele nicht daran geglaubt haben, so wie wir ins Turnier gestartet sind“, meinte Neid. Denn der EM-Start war äußerst holprig, das Fehlen von sechs wichtigen Spielerinnen deutlich spürbar. „Aber die Mannschaft hat sich mit 1:0 im Viertelfinale gegen Italien richtig reingebissen und dann auch richtig gut gespielt“, schwärmte Neid, die ebenfalls den tollen Teamgeist hervorhob: „Der kommt von innen, vom Herzen heraus. Das sind alles tolle Menschen.“

Um 18.04 Uhr hatte Angerer nach dem vierten EM-Finalsieg (nach 1989, 1991 und 2005) gegen enttäuschte Norwegerinnen den schmucken Silberpokal aus den Händen von UEFA-Präsident Michel Platini erhalten und in den schwedischen Abendhimmel gereckt. Zahlreiche Prominente wie Bundespräsident Joachim Gauck und Bundeskanzlerin Angela Merkel hatten Glückwünsche übermittelt. „Ich muss erstmal alles realisieren und verkraften“, sagte Spielmacherin Dzsenifer Marozsan geschafft. „Wahnsinn“, rief Saskia Bartusiak. „Zwei gehaltene Elfmeter in einem Spiel!“ Und Nadine Keßler fasste alles in passende Worte zusammen: „Diese EM war harte Arbeit. Wir mussten über unsere Schmerzgrenze gehen. Jetzt feiern wir, egal wie, wo, wann und mit wem.“