An diesem Mittwoch tritt der Weltranglistenelfte gegen den Slowenen Kavcic an – auch Federer greift ins Turnier ein

Hamburg. Im Spätherbst einer Karriere ist ein sentimentaler Rückblick durchaus erlaubt. Tommy Haas trägt sich seit einigen Monaten mit der Idee, eine Dokumentation über sein bisheriges Leben anfertigen zu lassen. Was läge da näher, als bei einem der rar gesäten Besuche in seiner Geburtsstadt die Orte abzuklappern, an denen das Leben von Deutschlands derzeit bestem Tennisprofi Weichenstellungen erfuhr? Also schnappte sich der 35-Jährige am Montag ein Kamerateam und fuhr zu den Tennisclubs Horn-Hamm und Vier Jahreszeiten, wo er als Jugendlicher seine ersten Erfolge gefeiert hatte.

„Diese Momente gibt es nicht sehr oft, umso mehr genieße ich sie“, sagte der in Florida lebende Wahl-Amerikaner am Dienstagmittag, als er sich einen Tag vor seinem Auftaktmatch gegen den Slowenen Blaz Kavcic am Rothenbaum den Medien stellte. Im vergangenen Jahr, als der Weltranglistenelfte erstmals seit 2006 wieder in Hamburg aufgeschlagen hatte, war so viel über ihn hereingebrochen, dass er nicht ausreichend Zeit fand, die Orte seiner Kindheit aufzusuchen. In diesem Jahr sind seine Verlobte Sara Foster und Tochter Valentina, 2, nicht mitgekommen, nur die Eltern Brigitte und Peter sind dabei. Neben dem Training und der Pflege seiner lädierten rechten Schulter, die ihm in der vergangenen Woche in Stuttgart Probleme machte, hat Haas also genug Luft, um sich als Tourist zu betätigen.

Am Montagabend aß er in Begleitung eines noch prominenteren Gastes in der Schlachterbörse. Mit dem Schweizer Roger Federer, der zum ersten Mal seit 2008 wieder in Hamburg spielt und ebenfalls an diesem Mittwoch sein Auftaktmatch gegen Daniel Brands (Deggendorf) bestreitet, verbindet Haas seit einigen Jahren eine Freundschaft. An das Finale, von dem die meisten Fans träumen, verschwendet er jedoch noch keinen Gedanken. „Natürlich wäre es super, gegen Roger im Endspiel zu stehen. Aber es sind so viele starke Spieler im Feld, ich darf niemanden unterschätzen“, sagt Haas, der im vergangenen Jahr erst im Finale vom Argentinier Juan Monaco gestoppt wurde. Der Titelverteidiger spielt in seinem ersten Match am Mittwoch gegen Frankreichs Weltklassemann Gael Monfils.

Tatsächlich sollte Haas gewarnt sein vor seinem slowenischen Gegner. Kavcic, 26, ist zwar nur die Nummer 135 der Welt, kämpfte sich aber mit Siegen über die Deutschen Finn Meinecke und Robin Kern durch die Qualifikation und setzte sich am Dienstag mit 4:6, 6:4, 6:1 gegen den Rumänen Victor Hanescu durch. „Ich habe noch nie gegen ihn gespielt, aber jeder, der hier in der zweiten Runde steht, hat Qualität“, sagt Haas, der bei allem touristischen Eifer sein Ziel nicht aus dem Fokus verlieren möchte. „Ich bin hier, um das Turnier zu gewinnen“, sagte er.

Julian Reister wird sich in den kommenden Tagen nicht länger als unbedingt nötig am Rothenbaum aufhalten. Der Reinbeker, der in den vergangenen drei Jahren jeweils das Achtelfinale erreicht hatte, scheiterte diesmal bereits in Runde eins mit 3:6 und 3:6 am Argentinier Federico Delbonis. „Es war ein enges Match, wir haben beide gut gespielt“, sagte der 27 Jahre alte Weltranglisten-107., der sein Lieblingsturnier schweren Herzens verlassen muss.

Am Dienstagabend verabschiedete sich vor 7500 Zuschauern mit Tobias Kamke, 27, auch der dritte von vier gestarteten Lokalmatadoren. Der Weltranglisten-78. verlor sein Zweitrundenmatch gegen den Spanier Nicolás Almagro 3:6, 3:6 und verpasste die Revanche fürs Vorjahr, als er bereits in Runde eins an Almagro gescheitert war. „Ich bin sehr enttäuscht, habe einfach nicht gut genug gespielt“, sagte Kamke, der die Partie passenderweise mit einem Doppelfehler beendete.