Ein Kommentar von Rainer Grünberg

Der Verdacht rennt immer mit, jetzt hat er sich – wieder einmal – bestätigt. Tyson Gay, der schnellste Mensch des Jahres über 100 und 200 Meter, war gedopt. Überraschend dabei ist nicht die Tatsache an sich, vielmehr, dass sich einer wie Gay hat erwischen lassen. Schließlich gibt es gerade in den USA auf dem Schwarzmarkt neue Mastmittel, die von den Labors momentan nicht nachzuweisen sind. Und Gay sollte sich das Beste des Besten aus den Giftschränken der Pharmaindustrie wohl leisten können.

Jeder Dopingfall, glauben viele Sportfunktionäre, sei positiv, weil er zeige, dass das Kontrollsystem funktioniert. Das bleibt eine gewagte These, gehen Experten doch davon aus, dass bei den vergangenen Olympischen Sommerspielen 2012 in London in den Kraft- und Ausdauersportarten immer noch 50 Prozent der Medaillengewinner gedopt waren.

Was ist also zu tun? Doping freigeben? Es wäre einerseits die ehrlichste Lösung. Die Chancengleichheit wäre wieder hergestellt. Andererseits kann niemand verantworten, dass sich Athleten, womöglich noch Nachwuchssportler, mit Drogen vollpumpen, deren Nebenwirkungen bei exzessiver Anwendung im schlimmsten Fall zum Tod führen können. Wer einmal auf den Beipackzettel zum Beispiel bei Testosteronpräparaten geschaut hat, muss es bei dem Gedanken schaudern, dass diese Medikamente für Spitzensportler frei zugänglich wären.

Was bleibt, sind Appelle an die eigene Verantwortung, an Fairness und Vernunft und die Hoffnung, dass Fälle wie Gay abschreckend wirken.