Sebastian Vettel hat zum ersten Mal überhaupt den Großen Preis von Deutschland gewonnen. Der 26-Jährige feiert seinen 30. Sieg seiner Karriere. Zuletzt gewann Michael Schumacher 2006 in Deutschland.

Nürburgring. Der Champagner, davon ist auszugehen, schmeckt hierzulande nicht anders als in Malaysia oder Kanada. Trotzdem gönnte sich Formel-1-Weltmeister Sebastian Vettel einen besonders ausgiebigen Schluck, nachdem er den Pokal für den Sieg beim Großen Preis von Deutschland beiseite gestellt hatte. Sichtlich bewegt lauschte er der Hymne des Zuschauerchors auf der Strecke, und als er anschließend die Glückwünsche seiner Podestbegleiter Kimi Räikkönen und Romain Grosjean entgegennahm, wusste er nicht so recht, wie ihm geschah. „Das ist ein unglaubliches Gefühl“, sagte er strahlend. „Ich bin überglücklich.“ Der erste Sieg beim sechsten Start in Deutschland – wann sonst soll ein dreimaliger Champion gerührt sein?

Schon nach wenigen Metern war klar, wie ernst es dem dreimaligen Weltmeister an diesem Tag war, endlich den Heim-Fluch zu beenden. Mit einem entschlossenen Manöver zog er am Trainingsschnellsten Lewis Hamilton vorbei und ging als Führender in die erste Kurve. Da ahnte er allerdings noch nicht, wie steinig der Weg zum ersehnten Triumph werden würde.

Bereits nach acht Runden verlor er seinen Teamkollegen Mark Webber, der sich am Start ebenfalls an Hamilton vorbeigezwängt hatte und fortan Vettel gegen die Verfolger abschirmte. Bei seinem ersten Boxenstopp in Runde neun hatte die Crew, die sich zuvor noch für den reibungslosen 2,6-Sekunden-Halt von Vettel gefeiert hatte, das rechte Hinterrad nicht korrekt an Webbers Red Bull befestigt. Das Rad löste sich beim Losfahren, trudelte herrenlos durch die Boxengasse und riss einen vor der Mercedes-Garage stehenden Kameramann von den Beinen. Im Streckenhospital wurde eine Gehirnerschütterung diagnostiziert. Für weitere Untersuchungen wurde der Mann mit einem Helikopter nach Koblenz geflogen. Webber erhielt einen neuen Rädersatz montiert und jagte dem Feld hinterher. Am Ende wurde er noch Siebter. Das Team muss wegen der Panne 30.000 Euro Strafe zahlen.

Als Webber ins Ziel kam, war Vettel längst auf der Ehrenrunde. Erst als er seine endgültige Parkposition erreicht hatte, zog der Weltmeister seinen winkenden Arm ins Cockpit zurück. Auch auf dem Siegerpodest genoss er den Jubel der Zuschauer sichtlich. Nun fehlen Vettel von allen Rennstrecken im aktuellen Kalender nur noch Siege in Silverstone und Austin/Texas.

In den Jubel über den 30. Grand-Prix-Sieg seiner Karriere mischte sich auch eine große Portion Erleichterung. Nach einem guten Renndrittel war Vettel nur knapp einer Kollision mit dem verlassen über die Strecke rollenden Marussia-Boliden von Jules Bianchi entgangen. Der Franzose hatte seinen Dienstwagen, aus dessen Heck nach einem Motorschaden Flammen schlugen, überstürzt verlassen. Als die Streckenposten das Wrack bergen wollten, rollte er rückwärts den Eifelhügel hinunter, während sich im Hintergrund die dröhnende Meute näherte.

Vettel ließ sich nicht irritieren und reihte Führungsrunde an Führungsrunde. Ausruhen wie bei seinen Siegen in Bahrain und Kanada konnte er sich jedoch nicht. „Die beiden Lotus-Jungs haben mir extrem zugesetzt. Ich war sehr froh, dass das Rennen nicht noch länger gedauert hat“, meinte er später. „Dann hätte ich sie vielleicht nicht mehr hinter mir halten können.“ Die Boliden von Räikkönen und Grosjean kamen bei 45 Grad Asphalttemperatur am besten mit den neuen Hinterreifen zurecht und trieben den Lokalmatador ans Limit. Nach 60 Runden hatte Vettel gerade mal 1,008 Sekunden Vorsprung.

Zu solch einer Energieleistung waren die beiden Mercedes-Piloten diesmal nicht in der Lage. Nach zwei Siegen aus den vergangenen drei Rennen erlitten Hamilton und sein Team-Kollege Nico Rosberg beim Heim-Grand-Prix einen herben Rückschlag. Hamilton wurde von Rang eins auf Position fünf durchgereicht und musste sich mit zehn WM-Zählern begnügen. Rosberg, der nach einem Strategie-Fehler im Training nur von Startplatz elf ins Rennen gehen musste, wurde Neunter.

Schuld daran war wieder ein dramatischer Leistungsabfall im Rennen. Qualifying-Sieger Hamilton und Rosberg konnten im Rennen der Spitze zu keinem Zeitpunkt folgen. „Wir sind wieder da angelangt, wo wir vor zwei, drei Monaten schon einmal standen, und müssen nun wieder von vorn anfangen, die Reifen zu verstehen“, meinte Rosberg. Die aufgeheizten Reifen nutzten sich vor allem in der ersten Rennhälfte schneller ab als bei anderen Piloten.

Der von Platz zehn gestartete Nico Hülkenberg konnte seine Position halten. Am Nürburgring wurde bekannt, dass der Sauber-Pilot seit Monaten auf große Teile seines Gehalts wartet. Als Konsequenz hat er seinen Einjahresvertrag gekündigt und sieht sich nach einen neuen Arbeitgeber um. Er soll bereits eine Sitzprobe bei Lotus absolviert haben. Adrian Sutil im Force India kaum auf Platz 13 ins Ziel.