Ein Kommentar von Carsten Harms

Für Gerechtigkeit zu sorgen, ist im richtigen Leben schon schwer genug, im Sport ganz besonders. Vor allem ist die Frage, was denn eigentlich gerecht ist, meist nicht einvernehmlich zu beantworten, sondern sorgt für hitzige Diskussionen, etwa um die unterschiedlichen Entlohnungen von Leistungssportlern. Ein anderes heikles Thema sind die Qualifikationsnormen für Welt- und Europameisterschaften, insbesondere im Schwimmen und der Leichtathletik.

Hamburgs Weitsprung-Europameister Sebastian Bayer könnte jetzt Opfer einer höchst fragwürdigen Normen-Festlegung des Leichtathletik-Weltverbandes IAAF werden. Um sich für die WM in Moskau zu qualifizieren, müsste der Olympiafünfte bis zum 29. Juli mindestens 8,25 Meter weit gesprungen sein. Dies ist die von der IAAF verfügte A-Norm. In diesem Jahr haben weltweit erst neun Weitspringer dies geschafft.

Noch eklatanter ist die Lage im Dreisprung, wo nur fünf Athleten die geforderten 17,20 Meter erreicht haben. Auf diese Weise benachteiligt die IAAF die Vertreter der technischen Disziplinen gegenüber den Sprintern und Läufern. Über 100 Meter haben 2013 schon 54 Männer die A-Norm von 10,15 Sekunden vorzuweisen. Die Intention der IAAF ist klar: Bei der WM sollen die langwierigen Qualifikations-Wettbewerbe in den technischen Disziplinen entfallen. Sie sind nicht fernsehträchtig – im Gegensatz zu den Vorläufen der Sprinter und Mittelstreckler. Dass dies eine höchst ungerechte Politik der IAAF den Sportlern gegenüber ist, liegt auf der Hand.