Ein Kommentar von Christian-A. Thiel

Gewusst haben es alle. Jan Ullrichs spätes Bekenntnis, vom umstrittenen spanischen Mediziner Eufemiano Fuentes entgegen früheren Aussagen mit Eigenblutbeuteln behandelt worden zu sein, ist keine sensationelle Enthüllung mehr, sondern eine armselige Farce.

Wie schon bei den epischen Tour-de-France-Duellen mit Lance Armstrong war Jan Ullrich auch hier wieder nur zweiter Sieger. Der amerikanische Dopingmeister wählte für sein Geständnis die große Bühne, ein Gespräch mit US-Superstar Oprah Winfrey. Der deutsche Toursieger von 1997 dagegen gab ein Interview im „Focus“. Fünf Monate später und mit viel weniger Details als beim Schauspiel, das sein großer Gegenspieler bot.

Ullrich kommt ohnehin viel zu spät. Das ehemalige Sportidol ist längst vom Sattel gestürzt, sein Ruf ruiniert, alle Erfolge mit Fußnoten versehen. Seine Teamkollegen aus der Telekom-Ära haben sich schon Jahre zuvor geoutet, nur Ullrich will weiterhin der Einzige sein, der nie jemanden betrogen hat. Begriffe wie das Teufelszeug Epo mag er nach wie vor nicht in den Mund nehmen. Der Beifall ausgerechnet von Lance Armstrong mag Ullrich bestätigen – für alle anderen ist er peinlich.

Nur mit einer umfassenden, offenen Beichte über Methoden, Hintermänner und detaillierte Abläufe des Dopingalltags im professionellen Radsport hätte er wenigstens als geläuterter Sünder in die Geschichte eingehen können. Und, ganz nebenbei, auch seinem angeblich so geliebten Sport geholfen.

So aber hätte Jan Ullrich besser geschwiegen.