Den Brasilianern gelingt der Halbfinal-Einzug beim Confed Cup. Italien folgt nach einem Spektakel gegen Japan. Den Spanier gelang ein Rekordsieg gegen Tahiti. Doch die Proteste werfen Schatten auf die WM-Probe.

Rio de Janeiro. Die Massenproteste auf den Straßen Brasiliens beeinträchtigen den Confederations Cup weiter und ein Ende der Demonstrationen ist nicht in Sicht. Sogar Brasiliens Fußball-Legende Pelé unterstützt die Proteste in seinem Land, hat aber die Ausschreitungen kritisiert. Er sei zu „100 Prozent“ einverstanden mit dieser Denkweise und dem Volk, das auf der Straße sei. Die Randalierer, die in den vergangenen Tagen am Rande der Demonstrationen in mehreren Städten für Krawalle sorgten, verurteilte Pelé am Donnerstag. „Die Banditen verderben einen Marsch, der friedlich ist.“

Mit einem denkwürdigen Fußballabend rückten die Mannschaften Brasiliens und Italiens am Tag zuvor aber auch den Sport wieder in den Mittelpunkt gerückt. Bei Gänsehaut-Atmosphäre in Fortaleza machte die Seleção mit dem 2:0 (1:0) gegen Mexiko den Einzug ins Halbfinale perfekt – und feierte dabei einmal mehr Superstar Neymar für ein Traumtor und eine geniale Vorlage. Alle in Brasilien wüssten, „dass er einer der drei Besten der Welt werden kann“, lobte sein Coach Luiz Felipe Scolari.

Wenige Stunden später folgte Italien mit einem 4:3 (1:2) gegen Japan – das Erinnerungen an das Jahrhundertspiel gegen Deutschland bei der WM 1970 weckte – in die nächste Runde. Im direkten Duell ermitteln die Turnier-Favoriten nun den Gruppensieger. Japan und Mexiko müssen beim WM-Testlauf am Wochenende die Heimreise antreten.

Brasilien-Spiel von Zusammenstößen begleitet

Spaniens B-Elf fuhr dann am Donnerstag den erwarteten Rekordsieg ein und hat das Halbfinale so gut wie sicher erreicht. Gegen Außenseiter Tahiti kam der Fußball-Weltmeister am Donnerstag vor 70.806 Zuschauern im Maracana-Stadion von Rio de Janeiro zu einem 10:0 (4:0)-Erfolg. Mit vier Treffern stellte Fernando Torres (5./33./57./78.) zudem den Torrekord beim Confed Cup ein. David Villa (39./49./64.), David Silva (31./89.) und Juan Mata (66.) erzielten die weiteren Treffer.

Das Brasilien-Spiel in Fortaleza stand unter dem Eindruck gewaltsamer Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei vor dem Estadio Castelão. Durch die emotionsgeladene Atmosphäre im ganzen Land herrschte im Stadion eine außergewöhnliche Stimmung, die sogar erfahrene Fußball-Protagonisten bewegte. Mehr als 50.000 Zuschauer sangen die brasilianische Nationalhymne und feierten ihre Mannschaft mit einer Inbrunst, als hinge davon die Zukunft des fünftgrößten Landes der Welt ab. „Noch nie im Leben habe ich so etwas gehört“, sagte der erfahrene Schiedsrichter Howard Webb im Kabinengang zu Scolari, wie Brasiliens Nationaltrainer später erzählte.

„Man konnte gar nichts anderes, als eine Gänsehaut bekommen. Und wir haben uns gesagt, wir können gar nicht anders, als einfach nur zu rennen“, sagte Hulk. Der Angreifer von Zenit St. Petersburg bedankte sich nach der Partie gerührt beim Publikum – und auch bei „den Tausenden, die draußen sind. Sie sollen wissen, dass alle Spieler hier sie unterstützen.“ Hulk spielte damit auf die friedlichen Demonstranten gegen soziale Missstände und WM-Investitionen an, die die Küstenstadt im wirtschaftlich schwachen Nordosten in einen Ausnahmezustand versetzt hatten.

„Verrücktes Italien“

Auch das Spektakel zwischen Japan und Italien geriet über die Proteste beinahe zur Randnotiz – obwohl sich Alberto Zaccheroni an eine der größten Partien in der WM-Geschichte erinnert fühlte. „Als Italiener denke ich da zurück an 1970, als Italien gegen Deutschland 4:3 gewann“, sagte Zaccheroni nach dem verrückten und dramatischen Sieg der Azzurri. Vor 43 Jahren hatte der 17-jährige Zaccheroni als Tifoso Italiens Sieg nach Verlängerung im sogenannten Jahrhundertspiel bejubelt. In Recife fühlte sich Japans Coach eher wie Franz Beckenbauer, Uwe Seeler oder Gerd Müller am 17. Juni 1970 nach dem verlorenen WM-Halbfinale im Aztekenstadion von Mexiko-Stadt. „Das Ergebnis meinte es nicht gut mit uns“, haderte er.

Sieben Tore, zwei Elfmeter, dreimal Pfosten oder Latte, ein Eigentor und ein zu früh bejubelter 4:4-Ausgleich in der 89. Minute, der wegen Abseits nicht anerkannt wurde – mehr Unterhaltung ging nicht vor 40.425 begeisterten Fans in der Arena Pernambuco. „Verrücktes Italien“, titelte die „Gazzetta dello Sport“ und erinnerte ebenfalls an das „legendäre Spiel gegen Deutschland“. „Wahnsinn! Ein unglaubliches 4:3“, schrieb „Tuttosport“.

In Fortaleza bewiesen auch die Fans Charakter. Auf den Rängen waren zwischen den unzähligen gelben Shirts der Zuschauer ein paar Plakate zu sehen. „Dieser Protest ist nicht gegen die Seleção, sondern gegen die Korruption“, war auf einem der Banner zu lesen.

Mit den Protesten auf den Straßen haben die Demonstranten erste Teilerfolge erreicht. Landesweit wurden Fahrpreiserhöhung für Busse und U-Bahnen zurückgenommen. Doch für Donnerstag wurden weitere Kundgebungen erwartet. In Rio de Janeiro sollte sich während des Spiels Spanien gegen Tahiti ein Protestzug zum Rathaus bewegen, das nur wenige Kilometer vom Maracana-Stadion entfernt ist. FIFA-Generalsekretär Jérôme Valcke rechnete mit einer Million Demonstranten. „Wir können nichts tun“, sagte Valcke. „Das ist eine unangenehme Situation für alle Beteiligten. Niemand ist damit glücklich.“

Die Demonstranten in São Paulo zeigten sich zwar zufrieden mit der Preisrücknahme. Sie befürchten aber nun im Gegenzug andere Einsparungen, etwa im Gesundheits- oder Bildungssystem.