Nach dem drohenden EM-Aus gerät Handball-Bundestrainer Martin Heuberger in die Kritik

Podgorica. Martin Heuberger wollte weg. Nur weg vom Ort der größten Schmach in der jüngeren deutschen Handballgeschichte. Mit Augenrändern und aschfahlem Gesicht stand der Bundestrainer an der Gepäckabfertigung des Flughafens Podgorica und konnte es noch immer nicht fassen: Nach der blamablen 25:27-Niederlage in der EM-Qualifikation in Montenegro droht 2014 in Dänemark die erste Europameisterschaft ohne deutsche Beteiligung. „Es muss schon ein Wunder passieren, um doch noch dabei zu sein“, sagte Heuberger.

Der WM-Fünfte muss am Sonnabend (14 Uhr/BR) in Aschaffenburg Außenseiter Israel bezwingen. Gleichzeitig ist er auf einen Sieg der bereits qualifizierten Montenegriner in Tschechien angewiesen, um nach Olympia 2012 nicht ein zweites Großereignis zu verpassen. An den Strohhalm, dass sich das deutsche Team als bester Dritter der sieben Gruppen noch die EM-Teilnahme sichern kann, mochte sich im deutschen Lager keiner klammern.

Heuberger muss trotz des Desasters angeblich nicht um seine Position bangen, obwohl die Jobgarantie eher halbherzig klingt. „Ich sehe keine Notwendigkeit, aus der Niederlage jetzt personelle Konsequenzen zu ziehen“, sagte der scheidende DHB-Präsident Ulrich Strombach: „Es fehlt zwar noch an vielem, aber ich glaube, dass der Bundestrainer die Möglichkeit bekommen wird, das, was zu tun ist, zu tun.“ Sein designierter Nachfolger Bernhard Bauer unterstrich allerdings im Gespräch mit den „Stuttgarter Nachrichten“ den Anspruch, dass „der deutsche Handball bei den Männern und den Frauen bei großen Turnieren unter den besten vier Teams sein muss. Das muss auch der Maßstab für den Trainer sein.“

Heuberger selbst weiß sehr genau, dass es im Fall des Scheiterns eng für ihn werden könnte. „Es ist doch völlig normal, dass über den Trainer diskutiert wird, wenn die Ergebnisse nicht stimmen. Dem stelle ich mich“, sagte er. Der Bundestrainer muss sich nach der dritten Niederlage im fünften Qualifikationsspiel durchaus unangenehme Fragen gefallen lassen. Warum ließ er Flensburgs Torjäger Holger Glandorf so lange auf der Bank schmoren? Warum wechselte er nicht früher auf der Torhüterposition? Und warum nominierte er den von seinem Achillessehnenriss genesenen Linksaußen Uwe Gensheimer, einen der wenigen deutschen Weltklassespieler, nicht für die beiden so wichtigen Partien?

„Die Mannschaft wurde nach der WM zu sehr hochgejubelt“, sagte Ex-Welthandballer Daniel Stephan. Der Europameister von 2004 bezeichnete den Auftritt als „ernüchternd. Heuberger konnte auch keine Impulse geben, hat aber auch kaum Möglichkeiten gehabt. Der Kader ist wohl nicht gut genug.“ Ex-Nationalspieler Stefan Kretzschmar brachte via Twitter seine Fassungslosigkeit zum Ausdruck: „Ist das bitter. Keine Ahnung, wie das geschehen konnte … Staatstrauer!“