Kaum zu glauben, aber es lagen wirklich nur drei Tage zwischen den Szenen. Am Sonntag noch feierten 10.000 Menschen auf dem Rathausmarkt mit dem HSV Hamburg den Gewinn der Champions League. Am Mittwoch dann erlebte die Handballnationalmannschaft eine ihrer dunkelsten Stunden: Sie verlor in Montenegro, einem Land, das weniger Einwohner (625.000) hat als der Deutsche Handball-Bund Mitglieder (832.000), und droht nun erstmals eine Europameisterschaft zu verpassen.

Die beiden Gefühlslagen passen nur scheinbar nicht zusammen. Die deutsche Liga ist vor allem deshalb die stärkste der Welt, weil sie die besten Handballer der Welt beschäftigt. Die Ausbildung der Einheimischen können oder wollen sich gerade die Spitzenvereine ungern leisten. Die aktuellen Auswahlspieler des deutschen Meisters THW Kiel etwa dürfen im Verein nicht immer Verantwortung übernehmen, wenn es darauf ankommt. Der HSV ist in der Nationalmannschaft gar nicht mehr vertreten.

Die Folge dieser Fehlentwicklung war in Podgorica zu besichtigen: Viele derer, die auf der Platte standen, waren der Drucksituation nicht gewachsen. An diesem Dilemma ist schon Heiner Brand am Ende seiner Amtszeit als Bundestrainer gescheitert. Sein Nachfolger Martin Heuberger hat es zwar geschafft, die Mannschaft personell und taktisch zu erneuern. Der fünfte Platz bei der WM im Januar war vor allem sein Erfolg. Aber ohne angemessene Vorbereitung kann auch Heuberger aus durchschnittlich begabten Spielern kein Spitzenteam formen. Das sollten alle bedenken, die nach einem zweiten Neuanfang rufen.