Halbzeit im Betrugsprozess gegen Stefan Schumacher. Bei seinem wohl letzten Auftritt vor dem Landgericht bestreitet Ex-Teamchef Holczer weiter, vom Doping des Radprofis gewusst zu haben.

Stuttgart. Hans-Michael Holczer hat beim Betrugsprozess gegen seinen ehemaligen Fahrer Stefan Schumacher zum verbalen Gegenschlag ausgeholt. „Es sind noch nie in dieser Art und Weise Dinge dargestellt worden, wie sie nicht gewesen sind“, sagte der frühere Gerolsteiner-Teamchef am Dienstag nach seinem dritten und wohl letzten Auftritt vor dem Landgericht Stuttgart. Er warf Schumacher vor, sich durch Lügen selber „retten“ zu wollen.

Der Radprofi hatte in Interviews und vor Gericht ausgesagt, Holczer habe über Doping im ehemaligen Vorzeigerennstall Bescheid gewusst. „Das zeugt aus meiner Sicht von einem grenzenlosen Egoismus“, meinte sich der 59-Jährige verärgert.

Schumacher habe zugegeben, zehn Jahre lang „gelogen und betrogen zu haben“. Bei den damit verbundenen Anschuldigungen an seine Adresse und an die weiterer Teammitglieder „hat er genauso gelogen, wie in den zehn Jahren zuvor“, echauffierte sich Holczer, den die Schumacher-Verteidigung nicht aus der Reserve locken konnte. Der Radprofi reagierte auf Holczers Vorwürfe gelassen. „Das ist Blödsinn. Ich habe die Hosen runtergelassen. Das wäre für ihn auch mal an der Zeit“, sagte Schumacher.

Zuvor hatte der Mathematik- und Geschichtslehrer, erneut ausgerüstet mit einem dicken blauen Aktenordner, vor Gericht wiederholt, nichts von den illegalen Praktiken in seiner Mannschaft mitbekommen zu haben. Weder habe er je verbotene Substanzen im Medizinkoffer des Teams gesehen, noch Kenntnis von Dopingvergehen seiner Fahrer gehabt, sagte Holczer.

Er habe bei Levi Leipheimer zwar einen Verdacht gehabt, aber keine Beweise. „Leipheimer in der Position, in der er war, aus der Geschichte rauszunehmen, das hätte kein Mensch verstanden. Das hätte genug Ärger gegeben“, begründete Holczer den weiteren Einsatz des US-Profis bei der Tour de France 2006.

Nachdem Schumacher zuletzt den Namen eines Team-Arztes genannt hatte, der einem anderen Fahrer bei der Deutschland-Tour 2006 Synacthen gegeben habe, äußerte sich auch Holczer am vierten Verhandlungstag dazu. Er berichtete, der Arzt habe ihn lediglich über den Wunsch des Sportlers unterrichtet, Synacthen zu bekommen. Der Mediziner habe dem Fahrer aber nichts gegeben.

Schumacher: Holczer kann nicht betrogen worden sein

Am Dienstag war auch Schumachers ehemaliger Teamkollege Johannes Fröhlinger als Zeuge geladen. Er sagte aus, der Anti-Doping-Kampf sei ein bestimmendes Thema bei Gerolsteiner gewesen. „Das war mit das erste, worüber bei den Vertragsverhandlungen gesprochen wurde“, sagte der 27-Jährige. Aktiv präventive Maßnahmen von der Teamleitung oder den Ärzten habe es aber keine gegeben.

Schumacher wird vorgeworfen, Holczer um Gehaltszahlungen in Höhe von 151.463,50 Euro betrogen zu haben. Er habe trotz Nachfrage bei der Tour de France 2008 Doping abgestritten, war im Nachhinein aber positiv getestet und gesperrt worden. Die Verteidigung argumentiert seit der Doping-Beichte Schumachers vor dem Prozess vehement, Holczer könne nicht betrogen worden sein. Er habe vom Doping im Team gewusst und es geduldet. Sein leidenschaftlicher Kampf gegen Doping sei lediglich eine Marketingstrategie gewesen.

Holczer bestreitet das und sieht sich selbst als entscheidende Figur auf dem Weg zu Schumachers Geständnis. „Ohne meine Hartnäckigkeit wäre es zu diesem Prozess nicht gekommen und ohne den Prozess definitiv nicht zu einem Geständnis von Stefan Schumacher“, meinte der Realschullehrer. „Es ist für mich als Erfolg zu werten, dass Herr Schumacher überhaupt Doping gestanden hat.“ Nach drei Auftritten vor Gericht ist keine weitere Zeugenaussage Holczers geplant. .